Alte Fledermauseiche in Hoisbüttel gerettet!
Winterquartier bleibt erhalten
In Hoisbüttel (Gemeinde Ammersbek, Kreis Stormarn) stehen am Dorfrand alte, prächtige Solitäreichen frei auf Grünlandflächen, die zumeist von Pferden beweidet werden. Im Rahmen einer Exkursion entlang der Bredenbek wurden von der NABU Landesstelle Wasser im November 2009 mehrere dieser Alteichen näher untersucht.
Bei einer besonders mächtigen Eiche von mehr als 4,5 m Stammumfang wurde dabei hinter einer Rindenspalte eine Rauhautfledermaus entdeckt. Aufgrund der späten Jahreszeit vermuteten die zu Rate gezogenen Experten der NABU Landesstelle für Fledermausschutz aus Bad Segeberg, dass dieser Baum auch als Winterquartier genutzt werden könnte.
Doch die alte Eiche ist stark bedroht. Durch die beschlagenen Pferdehufe ist der Traufebereich unter der Eiche stark verdichtet und die Wurzelhälse der Eiche oft verletzt. An zahlreichen Stellen ist die Rinde der Wurzeln zerstört, so dass der Transport von Nährstoffen und Wasser aus den Wurzeln in die Baumkrone eingeschränkt ist.
Am Kronenaufbau ist deutlich eine Auflichtung zu erkennen, die den Wasserstress durch unzureichende Zufuhr aus dem Wurzelbereich verdeutlicht. Gleichzeitig zeigt die Eiche auf dem weichen Auenboden im Talraum der Bredenbek eine deutliche Schräglage. Der Baum versucht erkennbar sein Gewicht in die andere Richtung zu verlagern. Der statische Ausgleichswuchs ist offenbar bereits vor mehreren Jahrzehnten ausgelöst worden.
Dieser natürliche Prozess hat die Statik des Baumes stabilisiert, erfordert aber gleichzeitig einen Schutz der Wurzel vor Trittschäden. Auf der anderen Seite werden bei diesem Prozess vom Baum auch Äste aufgegeben, die dann in der Krone vertrocknen.
Nun steht der alte Baum genau an der Grenze der Weidefläche zu einem privaten Reitweg und genau über dem Reitweg trug die Krone einen hohen Anteil abgestorbener, trockener Äste. Somit bestand ein potentielles Risiko, dass Pferde oder Reiterinnen des nahe gelegenen Reitstalls, die alleine diesen Weg nutzen, Schaden nehmen könnten. Neben der Gefährdung der Eiche durch den scharfen Tritt der Pferdehufe drohte möglicherweise die Fällung oder eine radikale Einkürzung der Baumkrone durch den Eigentümer.
NABU wird aktiv
Der NABU Ammersbek hat vor diesem Hintergrund im Frühjahr 2010 Kontakt zum Landwirt aufgenommen und auf einen gemeinsamen Ortstermin mit dem Umweltbeauftragten der Gemeinde und der UNB Bad Oldesloe über die ökologische Bedeutung der Eiche informiert. Dabei hat der NABU Ammersbek für einen langfristigen Erhalt der Eiche dringend geworben, um sie auch vor der Endnutzung als Kaminholz zu bewahren. Aufgrund der Fledermäuse darf aus artenschutzrechtlichen Gründen der Baum aber ohnehin nicht gefällt werden. Dies hat auch die Untere Naturschutzbehörde UNB zum damaligen Zeitpunkt verdeutlicht.
Wohwollen beim Eigentümer
Der Eigentümer zeigte sich auch keineswegs verschlossen und war sehr wohlwollend gegenüber einer sinnvollen Sanierung eingestellt. Aus Zeitmangel würde er sich um den Baum nicht kümmern, aber bei einem Treffen im Mai 2010 sicherte er der NABU Gruppe Ammersbek zu, wenn der NABU sich um eine Baumsanierung kümmert, würde er dem nicht nur zustimmen, sondern den Baum auch einzäunen lassen.
Auf dieser gemeinsamen Vereinbarung hat sich der NABU unter der Federführung der NABU Landesstelle Wasser um eine fachliche Begutachtung eines Baumsachverständigen (Dirk Ebhard, Fa. BIOTOP) bemüht und den nötigen Umfang von Sanierungsarbeiten vor Ort abgesprochen. Dabei stand der langfristige Erhalt des Baumes, der Schutz von ökologisch wertvollem Totholz und die Sicherheit für die Reiter im Mittelpunkt. Mit dem daraufhin eingeholten Angebot hat sich dann der NBAU Ammersbek zuerst an das Landesamt LLUR und dann an das Umweltministerium MLUR gewandt, um eine Kostenübernahme für diese Artenschutzmaßnahme zu beantragen. Mittlerweile liegen auch weitere Beobachtungen von Feldermäusen vor, die den Verdacht auf ein Winterquartier erhärten.
Unbürokratische Hilfe
Auf unbürokratischem und vor allem sehr schnellem Weg sah das MLUR sich in der Lage, eine 75 % Förderung zu übernehmen, den verbliebenen Rest trägt der Antrag stellende NABU Ammersbek.
Pünktlich zum 15. März 2011 konnte dann die erfolgreiche Durchführung der Baumsanierung vermeldet werden. Die Baumkletterer Jan Voss und Marc Wolgast von der Fa. BIOTOP hatten unsicheres Totholz über dem Reitweg entfernt und den Baum statisch entlastet. Noch vor Weidebeginn wird der Baum dann mit einem festen Zaun eingezäunt, so dass er langfristig vor Vertritt gesichert ist.
Besonderes Schauspiel
Die Ausführung der Arbeiten war für Außenstehende ein besonderes Schauspiel, da sich trotz der Kälte die Baumkletterer an ihren Seilen flink in die weit über 20 m hohe Krone der Eiche hinauf zogen und geschickt schwingend von Ast zu Ast jeweils sehr sorgfältig nur die wirklich gefährlichen und notwendigen Totholzstücke aus der Eiche absägten.
Bei der Arbeit war es den Baumkletterern leicht möglich in den in mehr als 6 m Höhe gelegenen Baumhöhleneingang zu fotografieren. Dabei stellten sie fest, dass nach einem schon sehr lange zurück liegenden Starkastausbruch der Baum zwar einen guten Verschluss der Wunde schaffte, sich das offene Astloch aber zu einer tief gehenden Baumhöhle weiter entwickeln konnte.
Diese ist gegenüber äußeren Einflüssen relativ gut geschützt und stellt nach fachkundiger Inspektion kein statisches Risiko für den Baum dar. Aber diese Höhle ist das Biotop der Fledermäuse. Im engen Umfeld des Baumhöhleneinganges konnte der Landwirt Martin Timmermann in der Abenddämmerung die Fledermäuse fliegen sehen.
Bei dieser NABU initiierten Aktion konnte quasi nebenbei eine ökologisch besonders seltene und überaus wertvolle Biotopstruktur entdeckt und nachhaltig gesichert werden. Natürlich entstehende Baumhöhlen in alten Eichen stellen über Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte hinweg einen stetig wachsenden Lebensraum einer artenreichen Lebensgemeinschaft dar. Vor allem eine große Gruppe von Käferarten, unter ihnen auch zahlreiche Urwald-Relikte, sind auf diese langfristig gewachsenen Lebensraumstrukturen angewiesen.
Hilfe für weiteren Baum
Aufgrund der raschen Arbeit war es im Zeitbudget sogar noch möglich, einer weiteren großen Eiche zu helfen. Die benachbarte Eiche – nur ein wenig kleiner – trug nach einem Blitzeinschlag in der Krone frei schwingend einen großen Totholzast, der gefährlich wurde. Dieser konnte nach kurzer Mühe aus der Krone entfernt werden, so dass auch eine zweite Eiche aus Sicht des Eigentümers sicherer ist. Auch diese alte Eiche weist im Umfeld des Blitzeinschlages eine größere Höhlenbildung auf, weshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit auch hier von einem Fledermausbaum auszugehen ist.
Die erfolgreiche, kooperative Zusammenarbeit mit dem Landwirt Timmermann stellt eine Basis für mögliche weitere, gemeinsame Projekte dar. Für den Sommer 2011 sind vom NABU Schleswig-Holstein in der Gemeinde Ammersbek Untersuchungen zu Fledermausvorkommen geplant. In Absprache mit der NABU Landesstelle für Fledermausschutz möchte der NABU Ammersbek auch ein Fledermausquartier im nahe gelegenen NSG Heidkoppelmoor begründen.
ThB 25. März 2011
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