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Jetzt Mitglied werden!Trauerseeschwalbe: Zurück ans Oberverwaltungsgericht
Bundesverwaltungsgericht setzt Urteil des EuGH um
Leipzig, 25. November 2021 - Das Bundesverwaltungsgericht BVerwG in Leipzig hat im Revisionsverfahren zur Umweltschadenklage, indem der NABU gegenüber dem Kreis Nordfriesland und dem Deich- und Hauptsielverband Eiderstedt Schadensbegrenzungs- und Sanierungsmaßnahmen nach dem Umweltschadensgesetz einfordert, die Rechtsfragen unter Einbeziehung des Urteils des EuGH geklärt, das Verfahren aber zurück überwiesen. Den zuständigen Richter*innen am OVG Schleswig wird die Klärung von Sachfragen auferlegt: "Es wird insbesondere zu klären haben, ob der Siel- und Schöpfwerksbetrieb des Beigeladenen eine im dargelegten Sinne normale Bewirtschaftungsweise darstellt. Grundlage für die Ermittlung ist der für das Vogelschutzgebiet Eiderstedt erlassene Managementplan, der etwa eine Absenkung des Wasserstandes unter den Stand bei Ausweisung des Vogelschutzgebietes für nicht zulässig erklärt. Ob der Managementplan seinerseits die Ziele und Verpflichtungen der Habitat- und Vogelschutzrichtlinie achtet, wird das Oberverwaltungsgericht gegebenenfalls zu klären haben" (Pressemitteilung des BVerwG vom 25. November 2021). Die schriftliche Urteilsbegründung des BVerwG liegt noch nicht vor.
Der Rechtsstreit geht damit nach Klageeinreichung im Jahr 2009 durch den NABU ins 13. Jahr. Auf Eiderstedt harren derzeit noch 15 Paare der Trauerseeschwalbe aus. Der NABU setzt sich für eine an den Schutzzielen der EU-Naturschutzrichtlinien angepasste Wasserwirtschaft auf Eiderstedt ein, die auch den Bedürfnissen der hoch bedrohten Trauerseeschwalbe gerecht wird.
ILu 6. Dezember 2021
Weitere Informationen
Hoffnung für die Trauerseeschwalbe
Europäischer Gerichtshof folgt Rechtsauffassungen des NABU
Neumünster, 9. Juli 2020: Die Bestände der Wert gebenden Vogelarten, insbesondere der nur noch in wenigen Paaren brütenden Trauerseeschwalbe, gehen wegen des unzureichenden Wassermanagements auf Eiderstedt weiter zurück. Kreis Nordfriesland und Deich- und Hauptsielverband Eiderstedt (DHSV) hatten im Rechtsstreit Revisionsklage gegen das aus Sicht der Trauerseeschwalben positive Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Schleswig vom 5. Februar 2016 eingereicht. Der NABU hatte daraufhin Anschlussrevision beantragt. Nach 10 Jahren hatte am 24. Januar 2019 der 7. Senat beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig verhandelt und am 26. Februar 2019 wesentliche Rechtsfragen zum Umweltschadensrecht an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwiesen. Heute hat der EuGH dazu sein Urteil gefällt, das der NABU als ermutigend für das weitere Verfahren bewertet.
Nach einer ersten, vorläufigen Auswertung wird die Rechtssprechung des EuGH vom NABU als sehr ermutigend bewertet. Sehr eindeutig beantwortet der EuGH die Frage der Einbeziehung von beruflichen Tätigkeiten: Von der beruflichen Tätigkeit und damit von der grundsätzlichen Haftung nach dem Umweltschadensrecht erfasst sind jetzt gesichert auch alle Tätigkeiten, die aufgrund gesetzlicher Aufgabenübertragung im öffentlichen Interesse ausgeübt wird. Der EuGH hat sich insoweit der Argumentation des NABU angeschlossen und zum einen darauf hingewiesen, dass der Anhang III der Richtlinie Tätigkeiten erfasst, die im Allgemeinen aufgrund gesetzlicher Aufgabenübertragung im öffentlichen Interesse ausgeübt werden. Zum anderen sollen mit der Umwelthaftungsrichtlinie „diejenigen Betreiber, die aufgrund beruflicher Tätigkeiten, von denen eine potenzielle oder tatsächliche Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ausgeht, Umweltschäden verursacht haben, finanziell zur Verantwortung gezogen werden sollen, um sie dazu zu veranlassen, Maßnahmen zu ergreifen und Praktiken zu entwickeln, mit denen die Gefahr von Umweltschäden auf ein Minimum beschränkt werden kann“.
Die Antworten auf die Fragen des BVerwG zur Bewirtschaftung sind ebenfalls sehr positiv für die vom NABU vertretene Auffassung. Interessant ist, dass der EuGH beim Begriff der Bewirtschaftung von der Bewirtschaftung der Schutzgebiete ausgeht und somit einen naturschutzrechtlichen Einstieg wählt. Er sieht aber auch andere Formen der Bewirtschaftung, wie die wasserwirtschaftliche Bewirtschaftung als Bewirtschaftung an, insbesondere, wenn sie im Zusammenhang mit der Landwirtschaft steht.
Allein die Tatsache, dass eine Bewirtschaftungsmaßnahme früher durchgeführt wurde, ist für den EuGH nicht ausreichend für eine Ausnahme von der Umwelthaftung. Er sieht die Notwendigkeit auch auf frühere Bewirtschaftungen auszuweiten. Sonst hätte dies zur Folge, „dass der Umfang der in Anhang I Abs. 3 der Richtlinie 2004/35 vorgesehenen Ausnahmen übermäßig ausgeweitet würde, und nähme dem mit dieser Richtlinie geschaffenen Mechanismus der Umwelthaftung einen Teil seiner praktischen Wirksamkeit, indem potenziell erhebliche, durch ein bewusstes, unnormales Handeln des Betreibers verursachte Schädigungen von diesem Mechanismus ausgenommen würden“. Der EuGH befasst sich dann damit, was als „normale“ Bewirtschaftung anzusehen ist. Er folgt dort auch dem vom NABU und der EU-Kommission vertretenen Ansatz, dass normal nur das sein kann, was im Einklang mit der FFH- und Vogelschutzrichtlinie steht. Bewirtschaftung umfasst nach dem EuGH jede Verwaltungs- oder Organisationsmaßnahme, die Auswirkungen auf die geschützten Arten und natrülichen Lebensräume in einem Gebiet haben kann. Alle diese Maßnahmen müssen aber „mit den der Habitat- und der Vogelschutzrichtlinie zugrunde liegenden Zielen und insbesondere mit der allgemein anerkannten landwirtschaftlichen Praxis vereinbar sein.“
26. Februar 2019 - Der NABU hatte am 7. Oktober 2009 vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig Klage nach dem Umweltschadengesetz (USchadG) wegen der weiterhin andauernden Entwässerung des EU-Vogelschutzgebietes auf Eiderstedt erhoben. Grund: Die Bestände der Wert gebenden Vogelarten, insbesondere der nur noch in wenigen Paaren brütenden Trauerseeschwalbe, gehen wegen des unzureichenden Wassermanagements auf Eiderstedt weiter zurück. Kreis Nordfriesland und Deich- und Hauptsielverband Eiderstedt (DHSV) hatten im Rechtsstreit Revisionsklage gegen das aus Sicht der Trauerseeschwalben positive Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Schleswig vom 5. Februar 2016 eingereicht. Der NABU hatte daraufhin Anschlussrevision beantragt. Nach 10 Jahren hat am 24. Januar 2019 der 7. Senat beim Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig verhandelt und am 26. Februar 2019 wesentliche Rechtsfragen zum Umweltschadensrecht an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) verwiesen. Der NABU begrüßt, dass mit dem Verweis an den EuGH in Straßburg nun auch in zukünftigen Verfahren Rechtssicherheit geschaffen werden soll.
Die vom BVerwG vorgelegten Rechtsfragen an den EuGH betreffen die Einschätzung, ob es sich bei dem Wassermanagement um „berufliche Tätigkeiten“ handelt, ferner um die Frage, was unter die Ausschlussklausel der „früheren Bewirtschaftungsweise“ i.S.d. § 19 Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG zu fassen ist.
ILu 26. Februar 2019
Wie geht es weiter?
§ 8 des Umweltschadensgesetzes legt fest, wie Sanierungsmaßnahmen zur Abwendung des Umweltschadens festgelegt werden:
(1) Der Verantwortliche ist verpflichtet, die gemäß den fachrechtlichen Vorschriften erforderlichen Sanierungsmaßnahmen zu ermitteln und der zuständigen Behörde zur Zustimmung vorzulegen, soweit die zuständige Behörde nicht selbst bereits die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen ergriffen hat.
(2) Die zuständige Behörde entscheidet nach Maßgabe der fachrechtlichen Vorschriften über Art und Umfang der durchzuführenden Sanierungsmaßnahmen.
(3) Können bei mehreren Umweltschadensfällen die notwendigen Sanierungsmaßnahmen nicht gleichzeitig ergriffen werden, kann die zuständige Behörde unter Berücksichtigung von Art, Ausmaß und Schwere der einzelnen Umweltschadensfälle, der Möglichkeiten einer natürlichen Wiederherstellung sowie der Risiken für die menschliche Gesundheit die Reihenfolge der Sanierungsmaßnahmen festlegen.
(4) Die zuständige Behörde unterrichtet die nach § 10 antragsberechtigten Betroffenen und Vereinigungen über die vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen und gibt ihnen Gelegenheit, sich zu äußern; die Unterrichtung kann durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die rechtzeitig eingehenden Stellungnahmen sind bei der Entscheidung zu berücksichtigen.
Eiderstedts Trauerseeschwalben erhalten Recht
OVG-Richter sehen Mitverantwortung von DHSV und Kreis NF
5. Februar 2016: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Schleswig hat der Berufung des NABU in der Umweltschadenklage nach dem Umweltschadensgesetz (USchadG) gegen den Kreis Nordfriesland und den Deich- und Hauptsielverband (DHSV) Eiderstedt als Beigeladenem stattgegeben und das Urteil des Verwaltungsgerichtes (VG) Schleswig aus dem Jahr 2012 aufgehoben. Damit erreichte in der Bundesrepublik erstmals ein Naturschutzverband ein positives Urteil in einem Umweltschadensfall.
In der gestrigen, mündlichen Verhandlung sahen die RichterInnen des OVG einen erheblichen Umweltschaden durch den massiven Rückgang der Trauerseeschwalbe auf Eiderstedt als gegeben an. Der DHSV sei durch sein bestehendes Wassermanagement auf Eiderstedt im Sinne des Umweltschadenrechtes mit verantwortlich für den dramatischen Bestandseinbruch. Schon die Tatsache, dass der DHSV aus den gegebenen Hinweisen zu den Ursachen des Rückgangs auch in den Managementplänen des Landes keine Konsequenzen gezogen und nur unzureichende Anpassungen im Wassermanagement vorgenommen habe, trage zur fahrlässigen Gefährdung der Art bei. Die Berufung des DHSV auf alte, allerdings nicht mehr auffindbare Ausbaupläne des Schöpfwerks und die Verpflichtung zur Entwässerung Eiderstedts nach dem Wasserrecht könnten rechtlich nicht für eine Rechtfertigung des jetzigen, für die Natur nicht akzeptablen Zustandes herangezogen werden. Der Kreis sei ebenfalls seiner Verpflichtung für einen effektiven Schutz der Trauerseeschwalbe und seiner Aufsichtspflicht über den DHSV nicht nachgekommen. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. In dem Klageverfahren wurde der NABU von der Rechtsanwaltskanzlei Mohrpartner aus Hamburg vertreten.
Der NABU anerkennt die zunächst vorgetragene Absicht des OVG, im Zuge eines Vergleiches zu einer Lösung des Konfliktes im Sinne der Trauerseeschwalbe zu kommen. Da aber sowohl Kreis, DHSV und NABU zwar prinzipielle Zustimmung, jedoch Beratungsbedarf äußerten, rückten die RichterInnen von ihrem Vorschlag wieder ab. Der DHSV ist nun nach dem USchadG rechtlich verpflichtet, die gemäß den fachrechtlichen Vorschriften erforderlichen Sanierungsmaßnahmen zu ermitteln und der zuständigen Behörde zur Zustimmung vorzulegen.
Der NABU begrüßt die Entscheidung des Gerichtes als wichtigen weiteren Schritt zur Sicherung der hoch bedrohten Art. Der Kreis wird aufgefordert, den Managementplan über das Vogelschutzgebiet Eiderstedt nun umzusetzen. Vom DHSV wird erwartet, nunmehr die Belange des Naturschutzes im Wassermanagement stärker zu gewichten.
ILu akt. 12. Juli 2016
Das Urteil zum download (externer link zum OVG Schleswig)
Kein gerichtlicher Schutz für die Trauerseeschwalbe
Verwaltungsgericht weist NABU-Klage ab | Entwässerungsverband DHSV soll für Umweltschaden an Trauerseeschwalbe nicht verantwortlich sein | NABU geht in Berufungsverfahren
20. September 2012: "Das Verwaltungsgericht Schleswig hat mit Urteil vom heutigen Tage eine naturschutzrechtliche Klage des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) gegen den Kreis Nordfriesland betreffend den Trauerseeschwalbenbestand auf Eiderstedt nach zwei mündlichen Verhandlungen in Schleswig und einem Ortstermin auf Eiderstedt abgewiesen. Ziel des NABU war es, den Kreis Nordfriesland als Untere Naturschutzbehörde zu verpflichten, dem Deich- und Hauptsielverband Eiderstedt Maßnahmen aufzugeben, mit dem die Lebensbedingungen der bedrohten Vogelart „Trauerseeschwalbe“ (wieder) verbessert werden können.
Diesem Ansatz folgte die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts im Ergebnis nicht. Zwar seien - wie der Kammervorsitzende in einer kurzen mündlichen Urteilsbegründung ausführte - durchaus keine günstigen Lebensumstände für die Trauerseeschwalbe auf Eiderstedt vorhanden und dies stelle auch wohl einen Schaden im Sinne des Umweltschadensgesetzes dar. Selbst wenn sich jedoch der Zustand seit Inkrafttreten des Umweltschadensgesetzes im Jahre 2007 weiter verschlechtert habe, habe die Kammer nicht feststellen können, dass dies vom Deich- und Hauptsielverband Eiderstedt schuldhaft verursacht worden sei. Mithin treffe weder den Kreis Nordfriesland noch den Deich- und Hauptsielverband eine einklagbare Verpflichtung zum Tätigwerden. (...) Das Verwaltungsgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Berufung zum Oberverwaltungsgericht zugelassen. (Az: 6 A 186/11)" (Pressemitteilung des VG Schleswig vom 20. September 2012).
Der NABU bedauert die Entscheidung. Die jährlich wiederholte starke Absenkung des Wasserstandes zur Brutzeit durch den DHSV ist nach überwältigender fachlicher Einschätzung für den schlechten Erhaltungszustand der Trauerseeschwalbe ursächlich verantwortlich. Der NABU hat sofort Berufung beim OVG Schleswig eingelegt. Leider zieht sich das Verfahren bis heute trotz mehrfachen Drängens des NABU auf die Festsetzung eines Verhandlungstermins weiter hin.
ILu, akt. 30. November 2014
Gericht vertagt Entscheidung zu Eiderstedt
Verhandlungslösung soll Chance gegeben werden | Richter nehmen Situation in Augenschein
27. Oktober 2011: Das Verwaltungsgericht Schleswig hat heute die Entscheidung über die Umweltschadenklage des NABU im Falle Eiderstedt vertagt. Auf Bitten der Richter wird es in den nächsten sechs Wochen ein Gespräch zwischen dem NABU und dem Deich- und Hauptsielverband sowie der Kreiswasserbehörde geben. Zudem wird das Schleswiger Verwaltungsgericht einen Ortstermin für die In Augenscheinnahme der Situation vor Ort ansetzen. In der mündliche Verhandlung äußerten die Richter, der rechtlichen Einschätzung der Situation durch den NABU zu folgen. Allein die Fakten vor Ort sollen nun validiert werden.
Unterstützung für die Trauerseeschwalbe
NABU erhebt Umweltschadenklage wegen Entwässerung des EU-Vogeschutzgebiets auf Eiderstedt (VG Schleswig - Az. 1 A 88/09)
7. Oktober 2009: Der NABU hat vor dem Verwaltungsgericht in Schleswig Klage nach dem Umweltschadengesetz (USchadG) wegen der weiterhin andauernden Entwässerung des EU-Vogelschutzgebietes auf Eiderstedt erhoben. Grund: Die Bestände der Wert gebenden Vogelarten, insbesondere der nur noch in wenigen Paaren brütenden Trauerseeschwalbe, gehen derzeit wegen der Eingriffe weiter zurück. "Die Landesregierung hat trotz unzähliger Gespräche, Hinweise und Stellungnahmen des NABU bislang leider kein akzeptables Ergebnis bei der Sicherung des Gebietes erreicht. Um das wertvolle schleswig-holsteinische Naturerbe in einem europaweit anerkannt bedeutsamen Lebensraum zu sichern, muss der NABU leider vor Gericht klagen, um die letzte Chance für das Überleben der Art zu nutzen", begründet NABU- Landesvorsitzender Hermann Schultz den rechtlichen Schritt. Die wegen der teils drastischen Entwässerung des Gebietes vom Ministerium initiierten Gespräche mit dem zuständigen Deich- und Hauptsielverband haben bislang kein greifbares Ergebnis erbracht. Auch in der kommenden Brutsaison ist daher keine Verbesserung der Situation zu erwarten, wenn nicht allgemein bereits im kommenden Winter Wasser in den Gräben angestaut wird.
Der Fall Eiderstedt steht für den NABU dabei symbolisch dafür, dass nach den mehrere Jahre andauernden erfolglosen Bemühungen um einen adäquaten Schutz des Gebietes der vom Ministerium propagierte Ansatz der reinen 'Freiwilligkeit' hier offensichtlich gescheitert ist. Das Ministerium steht vor der Frage, ob es nun mit rechtlichen Mitteln noch den Restbestand der hoch bedrohten Art sichern oder die Trauerseeschwalbe endgültig dem Aussterben preisgeben will.
Das Kieler Landwirtschaftsministerium (MLUR) hätte es dabei in der Hand, im Zuge der Fachaufsicht, der Mittelvergabe an den Deich- und Hauptsielverband DHSV sowie in konsequenter Anwendung des Wasserhaushalts- und Landeswassergesetzes die bereits seit dem Jahr 2000 dokumentierten Wasserstandsabsenkungen zu stoppen. Zwar versucht das MLUR seit einiger Zeit, über Gespräche auf Eiderstedt eine Lösung für die aus Naturschutzsicht desolate Situation zu finden und einen Managementplan vorzubereiten, scheitert aber bislang am DHSV, der kaum Einsicht zeigt und auch seiner Aufsichtspflicht über die Sielverbände nicht nachkommt.
Der Hintergrund
Früher war Eiderstedt das Dorado für die europaweit hoch bedrohte Trauerseeschwalben - ein Grund für die notwendige Meldung der Halbinsel als EU-Vogelschutzgebiet. Naturschutz und Landwirtschaft hatten eine gemeinsame Grundlage: In der traditionellen Grünlandwirtschaft auf Eiderstedt funktionierten die Wasser gefüllten Gräben für das Vieh als Zaun und Wassertränke. Daher achtete man bei der Regulierung des Wasserstands darauf, dass die Gräben durch rechtzeitigen Wasseranstau ganzjährig ihr Wasser hielten. Das Winterwasser wurde in den Gräben gehalten, so dass sie selbst nach lang anhaltender Trockenheit fast immer Wasser führten. Diese Gräben waren gleichzeitig Haupt- Nahrungsgebiet der Trauerseeschwalbe. Anfang der 70er Jahre fingen Einheimische noch während der Sommermonate Schleie und Aale in den Gräben. Jetzt schaffen es jedoch selbst anspruchslose Stichlinge nicht mehr, hier zu überleben. Viele alte Stauanlagen stehen heute noch, sind allerdings undicht und werden von den Sielverbänden bewusst nicht mehr unterhalten.
Vor allem die Interessen der wenigen Ackerbaubetriebe bestimmen seit einigen Jahren die Regulierungstätigkeit des DHSV. Dessen offensichtliches Motto: 'Je weniger Wasser, desto besser für den Acker'. Zugleich verschwinden so auch die 'lästigen', Wert gebenden Vogelarten wie die Trauerseeschwalbe. Im diesem Jahr sank deren Bestand auf ein historisches Tief von nur noch 28 Paaren, die zudem kaum mehr Nachwuchs hatten. Von den massiven Absenkungen betroffen sind selbst Flächen im benannten EU-Vogelschutzgebiet. Erheblich sind darüber hinaus aber auch die Schäden für zahlreiche Grünland bewirtschaftende Landwirte, die nun ihre Flächen einzäunen müssen, um die Rinder auf den Flächen zu halten. Eine Änderung der rechtswidrigen Entwässerungspraxis ist bislang nicht in Sicht. Das Ministerium versucht sich statt dessen darin, falsche Erfolgsmeldungen bzgl. des Sachstands von Naturschutzmaßnahmen im Modellprojektgebiet Westerhever zu verbreiten, um dem verheerenden Bild in der Öffentlichkeit entgegen zu wirken. Ein effektiver Schutz von Wiesenvögeln wird jedoch auch im Projektgebiet nicht erreicht.
akt. ILu 27. Dezember 2009