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Jetzt Mitglied werden!NABU begrüßt Urteil zu Muschelimporten
OVG untersagt Einbringen von gebietsfremden Miesmuscheln
19. Dezember 2011 -
Der NABU begrüßt das von WWF und Schutzstation Wattenmeer erstrittene Urteil zur Muschelfischerei im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Das OVG Schleswig hat es untersagt, gebietsfremde Besatzmuscheln in den Nationalpark einzubringen. Die Richter des OVG haben offensichtlich im Gegensatz zur Landesregierung den besonderen Stellenwert des Nationalparks und dessen Schutzbedürftigkeit gegenüber invasiven Arten erkannt. Das Land ist nun aufgefordert, das Muschelgemauschel zu beenden und der Forderung der Naturschutzverbände NABU, WWF und Schutzstation Wattenmeer nachzukommen, die Frage der weiteren Nutzung der Miesmuscheln ergebnissoffen zu diskutieren. Bis dahin dürfen die Muschelfischerei-Lizenzen nur für eine kurze Übergangszeit verlängert werden.
Im Folgenden dokumentiert der NABU die Pressemitteilung von WWF und Schutzstation Wattenmeer:
Gericht untersagt Muschelimport in den Nationalpark Wattenmeer
Schutzstation Wattenmeer und WWF fordern Neubesinnung bei Muschelfischerei!
19. Dezember 2011: Zufrieden sind die Naturschutzverbände Schutzstation Wattenmeer und WWF mit einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes in Schleswig, nach dem der Import von Miesmuscheln aus entfernten Regionen in den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer unterbleiben müsse. Diese Muscheln waren für die Kulturbänke der Muschelfischerei bestimmt, doch durch den Import werden auch gebietsfremde Arten eingeschleppt. Dieses ist zum Schutz des Nationalparks nicht zulässig, so das Gericht. Die Schutzstation Wattenmeer hatte, unterstützt vom WWF, geklagt und durch das am Freitag ergangene Urteil recht bekommen.
„Die Urteilsbegründung steht noch aus. Klar ist aber schon jetzt: Das Oberverwaltungsgericht hat den Schutz des Nationalparks nachhaltig gestärkt“, sagt Silvia Gaus, Naturschutzexpertin bei der Schutzstation Wattenmeer. „Die Landesregierung muss nun Konsequenzen ziehen. Der Import von Besatzmuscheln, der ohne Einschleppung standortfremder Arten gar nicht möglich ist, muss sofort gestoppt werden.“
Das Urteil zeigt aus Sicht von Schutzstation Wattenmeer und WWF aber auch, dass über die Muschelfischerei im Nationalpark insgesamt neu nachgedacht werden muss: „Es kann nicht sein, dass trotz eines 90- prozentigen Schwundes der wilden Miesmuscheln und trotz des Rückgangs von muschelfressenden Vögeln wie Austernfischern und Eiderenten weiter gefischt wird wie bisher,“ sagt Hans-Ulrich Rösner vom WWF.
Statt das Muschelprogramm nun um 15 Jahre zu verlängern, solle die Landesregierung eine einjährige Denkpause einschalten und Lizenzen zur Muschelfischerei nur für diese Übergangszeit ausstellen. Diese Zeit müsse genutzt werden, um das Gerichtsurteil auszuwerten und sorgfältig zu prüfen, wie eine Muschelfischerei auch im Einklang mit dem Schutz des Nationalparks ausgeübt werden könnte. „Der Naturschutz muss dabei endlich auf Augenhöhe in die Verhandlungen einbezogen und die Muschelmauschelei in Kiel beendet werden“, fordert Rösner.
Hintergrund des Urteils des OVG Schleswig ist der vor einigen Jahren begonnene Import von Besatzmuscheln aus Großbritannien und Irland. Man genehmigte diesen im Jahr 2007 und in den Folgejahren nach Fischereirecht, berücksichtigte aber nicht, dass dieser Import in ein Schutzgebiet erfolgt und dass das Nationalparkgesetz das Aussetzen standortfremder Tiere dort verbietet. Dieses Verbot hat gute Gründe, denn auch die biologische Vielfalt im Meer leidet immer mehr unter der Einschleppung von gebietsfremden Arten. Im Wattenmeer besonders auffällig sind beispielsweise die Pazifische Auster, die amerikanische Schwertmuschel, oder auf den Wattenmeerinseln die Kartoffel-Rose. Alle diese Arten erwiesen sich als sehr durchsetzungsfähig und breiten sich letztlich auf Kosten heimischer Arten aus. Beim Import der Miesmuscheln werden fremde Arten, die an ihnen haften oder als Parasiten in ihnen leben, unvorhersehbar und unvermeidbar mit eingeführt. Auch die eingeführten Miesmuscheln selber sind nicht identisch mit den wilden Miesmuscheln im Wattenmeer, sondern an andere Standorte angepasst. Zum Teil handelt es sich bei der so genannten Mittelmeer-Miesmuschel sogar um eine andere Art.
Weitere Informationen
Schutzstation Wattenmeer: Silvia Gaus 0171-6327513
WWF: Dr. Hans-Ulrich Rösner 0151-12290848
Umweltministerium ignoriert Nationalpark
Kaum noch wilde Miesmuscheln – doch die Befischung geht weiter
12. Dezember 2011 -
Tief enttäuscht sind die Naturschutzverbände Schutzstation Wattenmeer, NABU und WWF über das schleswig-holsteinische Umweltministerium. Sie werfen ihm vor, bei der Fischerei keine Rücksicht auf den Schutz des Nationalparks zu nehmen. So seien nur noch zehn Prozent der einstigen Bestände an natürlichen Miesmuschelbänken vorhanden. Die Fischerei soll dennoch fast unverändert für weitere 15 Jahre fortgeführt werden.
„Die Bestände der Miesmuscheln sind dramatisch zusammengebrochen, derzeit sind noch höchstens zehn Prozent der früheren Menge vorhanden“, beklagt Silvia Gaus, Naturschutzexpertin bei der Schutzstation Wattenmeer. Die gälte nicht nur für die Muschelbänke auf den trockenfallenden Wattflächen. Nach neuen Erkenntnissen seien auch im ständig wasserbedeckten Teil des Nationalparks Wattenmeer keine wilden Miesmuschelriffe mehr zu finden. „Damit geht ein Teil der biologischen Vielfalt des Wattenmeeres verloren, denn Miesmuscheln bilden mit ihren Bänken Riffe, auf denen dann viele andere Organismen leben“, so Gaus. Miesmuscheln sind auch die Lebensgrundlage von Wattvögeln wie Austernfischern und Eiderenten, deren Bestände ebenfalls zurückgehen. Nach Auffassung der Naturschutzverbände ist die Befischung der Muscheln für diese negative Entwicklung mit verantwortlich.
„Es ist abenteuerlich, unter diesem Umständen die Fischerei fast unverändert fortzusetzen“, sagt Hermann Schultz, Vorsitzender des NABU Schleswig-Holstein. „Noch unverantwortlicher ist es, die Fanglizenzen dann gleich für 15 Jahre bis zum Jahr 2026 festzuschreiben.“ Zwar beteilige man die Nationalpark-Kuratorien, die eigens Sitzungen in den Tagen vor Weihnachten abhalten wollen, um die ihnen gewährte kurze Frist bis zum Jahresende einhalten zu können. Doch hat das Ministerium schon bei mehreren Gelegenheiten darauf hingewiesen, dass man sich an deren Beschlüssen nicht orientieren müsse.
Den Import von Besatzmuscheln aus entfernten Regionen, mit denen man nun die Kulturflächen der Muschelfischer auffüllt, lehnen die Naturschutzverbände ab. Die Risiken für den Nationalpark sind viel zu groß, denn andere Arten reisen mit den Muscheln mit. Sie haften beispielsweise als Larven an ihnen oder leben als Parasiten in den Muscheln. Viele sind kaum sichtbar und können weder erkannt noch sicher entfernt werden, so dass mit solchen Importen weitere gebietsfremde und invasive Arten in das Wattenmeer eingeschleppt werden können.
„So kann es nicht weitergehen,“ sagt Hans-Ulrich Rösner vom WWF. „Viele Menschen sind stolz auf mehr als 25 Jahre Nationalpark Wattenmeer und die Anerkennung dieses einmaligen Gebietes als Weltnaturerbe. Doch wenn eine konkrete Entscheidung für die Natur gefragt ist, versagt das Ministerium. Es muss ohne künstlichen oder durch Wahltermine erzeugten politischen Druck nach einer Lösung gesucht werden, die die Interessen des Nationalparks berücksichtigt.“ Bis dahin dürften die Muschelfischerei-Lizenzen nur für eine kurze Übergangszeit verlängert und die Genehmigung zum Import von Besatzmuscheln müssten ausgesetzt werden, so die klare Forderung der drei Naturschutzverbände.
Weitere Informationen
- Ingo Ludwichowski, NABU Schleswig-Holstein, Mobil 0160-96230512
- Christof Goetze, Pressestelle Schutzstation Wattenmeer, 04841-668546 / Silvia Gaus, 0171-6327513 (Schutzstation Wattenmeer)
- Britta König, Pressestelle WWF, 040-530200-118 / Dr. Hans-Ulrich Rösner, 0151/12290848 (Wattenmeer-Experte des WWF Deutschland)