Landesregierung sperrt den Bürger aus
Werden Schleswig-Holsteins Waldflächen mit Betretungsverbot belegt?
10. März 2009: Das Kabinett im Kiel will heute mit dem neuen Landeswaldgesetz auch ein Betretungsverbot für Waldflächen durchsetzen. Vordergründig schiebt das federführende Forstministerium den Artenschutz vor. Doch es geht wohl vor allem darum, zweifelhafte Aktivitäten von Waldbesitzern und Jägern der lästigen Kontrolle der Allgemeinheit zu entziehen.
Ohne Beispiel
Mit der Novelle des Landeswaldgesetzes bereitet die Landesregierung eine Änderung des Betretungsrechtes für den Wald vor, die in der Bundesrepublik ohne Beispiel ist, und deren fachlicher Wert für den Schutz von Seeadlern, Kranichen und Schwarzstörchen von Naturschützern heftig bestritten wird. Besucher schleswig-holsteinischer Wälder sollen sich danach in der Brutzeit nur noch auf offiziellen Wegen durch den Wald bewegen dürfen.
Aus zahlreichen Berichten von Seeadlerschützern, die Horstbäume des deutschen Wappenvogels bewachen, ist jedoch bekannt, dass in der Brutzeit vor allem Aktivitäten der Waldbesitzer in Horstnähe gravierende Störungen bedingen. Einfache Waldbesucher tauchen dagegen als Störquelle in den Statistiken kaum auf. Schon heute lassen sich zur Sicherung von Brutstandorten bedrohter Vogelarten zudem sensible Bereiche für die Öffentlichkeit effektiv sperren. Im größten Teil der Waldflächen können sich aber Bürgerinnen und Bürger bislang frei bewegen. Kinder haben so etwa beim NAJU-Naturgeburtstag die Möglichkeit, den Wald hautnah zu erleben. Dem vielfach von Umweltpädagogen geforderten freien Kontakt zur Natur schiebt das Gesetz nun aber den Riegel vor.
Deckmantel für zweifelhafte Aktionen?
Besondere Brisanz hat das Vorhaben auch deswegen, weil in den letzten Jahren verstärkt Bürgerinnen und Bürger illegale Abschüsse und Vergiftungen von geschützten Arten in Waldflächen aufgedeckt haben und Verstöße gegen Bestimmungen der Fangjagd dokumentierten. So konnte im Mai 2008 im Kreis Dithmarschen der Abschuss einer Uhu-Familie nachgewiesen werden, der nicht nur bei Naturschützern große Bestürzung hervorrief. Auch Umweltminister von Boetticher verurteilte den Vorfall als "eine kriminelle Aktion von bislang nicht gekannter Dreistigkeit." Zukünftig bleibt ihm die Kentnisnahme dieser Vorfälle erspart. Mit dem eingeschränkten Betretungsrecht wird ein derartiger Naturfrevel sicher nicht mehr festgestellt, geschweige denn öffentlich bekannt werden, wenn dem Entdecker seinerseits eine Anzeige droht.
Der NABU fordert vor diesem Hintergrund die Landesregierung auf, diese gravierende Einschränkung von Rechten ihrer Bürgerinnen und Bürgern nicht Realität werden zu lassen.
Kontakt
Ingo Ludwichowski, Tel. 0160-96230512
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