Giftgas- und Munitionsversenkung durch die Bundesrepublik Deutschland
Auch Schleswig-Holstein Quelle und Verklappungsort für Altmunition
7. Januar 2009: „Die Legende, dass die Bundesrepublik Deutschland keine Munitionsversenkungen eigenverantwortlich durchgeführt hat, ist widerlegt“, schreibt der Koblenzer Wissenschaftler Dr. Stefan Nehring in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift WATERKANT. In einer bislang einmaligen Untersuchung hat Nehring jetzt nachgewiesen, dass nach Ende des Zweiten Weltkriegs nicht nur die Alliierten und die Regierung der DDR Munitionsaltlasten und chemische Kampfstoffmunition in den Meeren verklappt haben: „Auch die Bundesregierung in Bonn sowie einzelne Landesregierungen haben wiederholte Male derartige Aktionen angeordnet und abgewickelt“, sagt Nehring – „teilweise sogar weit außerhalb der damaligen bundesdeutschen Hoheitsgewässer“.
In seiner umfangreichen Studie kommt der Koblenzer Experte, der sich seit vielen Jahren als Gutachter in Fragen des Munitionsaltlasten- und Kampfstoff-Monitoring einen Namen erworben hat, unter anderem zu dem Schluss: „Vergleicht man die Giftgasversenkungen beider deutscher Staaten, steht eindeutig fest, dass die westdeutschen Behörden mehr als die fünffache Menge im Meer entsorgt haben.“ Manche dieser Verklappungsfahrten reichten demnach bis in die Biskaya und vor die grönländische Küste. Neben 1477 Tonnen Giftgas-Munition seien bis Mitte der 1960er Jahre durch die Bundesrepublik auch mehrere zehntausend Tonnen konventionelle Munition in den Meeren entsorgt worden.
Eindringlich appelliert Nehring in seinem WATERKANT-Beitrag an die heutige Bundesregierung, „endlich Verantwortung für Mensch und Umwelt zu übernehmen“ und zur umfassenden Aufklärung der Geschichte der Munitions- und Kampfstoffverklappungen aktiv beizutragen. Die „Allianz des Verschweigens“ durch Bundes- und Landesbehörden müsse beendet, „das Problem der fremden und eigenen Munitionsversenkungen endgültig" gelöst werden.
NABU fragt: Wo liegt Munition in Nord- und Ostsee?
Auch der NABU fordert, endlich umfassend aufzuarbeiten, wo in deutschen Gewässern Munition verklappt wurde und diese wo möglich umweltfreundlich und sicher zu bergen. Die Sprengung von Munition im Meer darf dabei wegen der Gefahren für Meeressäugetiere wie den Schweinswal und der Freisetzung von nicht umgesetzten Sprengstoffen nur die Ausnahme sein.
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