Protest gegen Fällungen auf der Carlshöhe
Aktion gegen Baumfrevel auf ehemaligem Marine-Standort in Eckernförde
Eckernförde, 23. Januar 2012: Ende des Jahres fielen auf der Carlshöhe in Eckernförde mehr als 40 alte Bäume illegal der Motorsäge zum Opfer. Heute Mittag protestierten NABU, SHHB und Landesnaturschutzbeauftragter Dr. Holger Gerth gemeinsam mit engagierten BürgerInnen vor Ort gegen den Naturfrevel.
Das Verhalten des Investors auf der Carlshöhe, entgegen der gültigen Baumschutzsatzung der Stadt Eckernförde ohne Genehmigung zahlreiche Bäume zu fällen, hat nun auch vor Ort zu Protesten geführt. Am heutigen Montag trafen sich NABU, SHHB, der Landesnaturschutzbeauftragte Dr. Holger Gerth und interessierte BürgerInnen erstmals vor Ort, um sich über die illegale Aktion zu informieren. Vor Vertretern der Medien, darunter Journalisten der Kieler Nachrichten, des Schleswig-holsteinischen Zeitungsverlages sowie des NDR, erläuterten der Landesnaturschutzbeauftragte und der Geschäftsführer des NABU Schleswig-Holstein, Ingo Ludwichowski, die Forderungen des Naturschutzes:
- Zunächst müsse der Investor für einen entsprechenden, angemessenen Ausgleich sorgen. Dazu sind an den Stellen, an denen die alten Bäume standen, großstämmige Ersatzpflanzungen vorzunehmen.
- Die Stadt müsse den Eingreifer zudem verpflichten, nach dem Umweltschadensrecht einen Gutachter zu beauftragen, Maßnahmevorschläge zu erarbeiten, um für einen Ausgleich des Eingriffs in den wertvollen Fledermausbestand zu sorgen.
Der NABU erinnerte daran, dass bereits in anderen Fällen Investoren zwar zunächst große Versprechungen bzgl. der Einhaltungen von Umweltauflagen gemacht hätten, sich aber dann doch nicht an Absprachen gehalten haben. Beispiele seien das Verfahren 'Port Olpenitz' an der Schleimündung, das erst durch Gerichtsentscheid in vernünftige Bahnen gelenkt werden konnte, und die Investitionsruine 'Blomenburg' / Selent im Kreis Plön. Man müsse aus den Erfahrungen lernen und durch entsprechende Auflagen und eine permanente Überwachung dafür Sorge tragen, dass unser Naturerbe bei derartigen Vorhaben buchstäblich nicht 'verheizt' werde.
ILu 23. Januar 2012
Illegale Fällungen auf der Eckernförder Carlshöhe
Investor ignoriert Baumschutzsatzung der Stadt auf ehemaligem Marine-Standort
16. Januar 2012: Seit 1936 bestand in Eckernförde auf einer Seitenmoräne in besonderer landschaftlicher Exposition am Rande des Windebyer Noor die Marinekaserne "Carlshöhe". Auf dem rd. 14 ha großen Gelände entwickelte sich unter dem Schutz der Soldaten ein außergewöhnlich reicher Baumbestand mit hoher ökologischer Bedeutung. Im Zuge der allgemeinen Truppenreduzierung wurde die Fläche Ende Juni 2001 von der Bundeswehr geräumt und die Liegenschaft zum Kauf angeboten. Ein Investor griff zu - und fällte vor kurzem illegal über 40 geschützte Bäume.
Ein Gutachten der Stadt Eckernförde betonte im Jahr 2001 die hohe ökologische Bedeutung des Gebietes. Danach "... lässt sich für die Kaserne Carlshöhe ein ganz außergewöhnlich hoher Bestand an prägenden und erhaltungswürdigen Grünelementen, insbesondere an Großgrün feststellen." 2008 wurden in dem Gebiet im Rahmen einer Erhebung acht Fledermausarten nachgewiesen, darunter mit der Teichfledermaus auch eine besonders bedrohte Art des Anhangs II der FFH-Richtlinie. Für das Braune Langohr, die im Gebiet auch balzten, ist die Fläche nach Einschätzung der Gutachterin Dorothea Barre zudem ein "essentieller Lebensraum". Die Quartierdichte der Mückenfledermaus war sehr hoch.
Vorsichtige Entwicklung
Entsprechend vorsichtig waren die Empfehlungen der Stadt für die zukünftige Bebauung und Nutzung des Gebietes formuliert worden - der Baumbestand sollte weitgehend geschont werden. Einem radikalen Abholzen stand zum damaligen Zeitpunkt auch noch der besondere rechtliche Status von Teilen des Gebietes nach dem Landeswaldgesetz entgegen. Später wurden die baumbestandenen Bereich aus dem Waldschutz entlassen, um keinen Schutzstreifen zur Bebauuung einhalten zu müssen. Dafür fielen die Bäume jedoch unter die Baumschutzsatzung der Stadt.
"Bauherr mit Profil"
Mit Wolfram Greifenberg hatte die Stadt im Februar 2008 nach längerer Suche einen Investor gefunden, dem nach eigener Aussage "das Naturerleben wichtig" war und der bei der Überplanung der Fläche versprach, auf die besondere ökologische und auch kulturhistorische Situation Rücksicht zu nehmen, denn das Landesamt für Denkmalpflege stellte 2002 zudem das besondere Eingangsensemble unter Denkmalschutz. Durch die Angebote des "Bauherrn mit Profil" angeregt, gründete sich der Verein "Natur & Kultur Carlshöhe", der hier ein besonderes Naturerleben ermöglichen wollte. Doch die anfängliche Euphorie wich langsam der Ernüchterung, denn die Ziele des Naturschutzes kollidierten immer wieder mit Bauvorhaben. Ankündigungen und Handlungen des Investors standen immer mehr im Widerspruch.
Bis zum Herbst 2011 hielt jedoch der zunehmend brüchiger werdende 'Friede von Carlshöhe' leidlich - dann rückte im Auftrag des Investors kurz vor Weihnachten ein Baumfällertrupp an und beseitigte in einer Nacht- und Nebelaktion rd. 40 unter Schutz stehende alte Bäume. Illegal - denn die Baumschutzsatzung der Stadt Eckernförde schützt u.a. Großgrün, das einen Stammumfang von mehr als 80 cm hat. Ausnahmen vom Schutzgebot müssen beantragt und schriftlich beschieden werden - doch ein solcher Antrag ist bei der Stadt nie eingegangen und wäre für den größten Teil der Bäume auch nicht positiv beschieden worden, wie die Stadt in einer einberaumten Pressekonferenz erläuterte. Der "Visionär mit Zuversicht" hatte gegenüber den Medien zunächst behauptet, der Baumfrevel sei legal und genehmigt.
Der besondere Schutz und das große Interesse der Stadt an der Erhaltung der Bäume waren dem Investor aber bereits durch frühzeitige gemeinsame Begehungen bekannt - erste Verstöße gegen Auflagen gab es trotzdem schnell. Mit Genehmigung gefällt werden durften auf dem Areal mit Zustimmung der Stadt - entspechend der Baumschutzsatzung - nur einige wenige Baumgruppen, die konkreten Bauprojekten im Wege standen. Ende des Jahres wurde offensichtlich nun versucht, Sicht-Achsen in größerem Stil frei zu bekommen, um potentiellen Interessenten die angepriesenen Objekte noch schmackhafter zu machen.
Große Empörung
Aufmerksame Bürger bemerkten das illegale Tun und zeigten wie der BUND den Investor an. Das städtische Ordnungsamt verbot zur Beweissicherung sämtliche weitere Aktivitäten und schaltete die Kieler Staatsanwaltschaft ein. Die Stadt prüft nun ein Vorgehen wegen Verstoßes gegen die gültige Baumschutzsatzung. Der Landesnaturschutzbeauftragte Dr. Holger Gerth, der NABU Schleswig-Holstein und der Schleswig-Holsteinische Heimatbund SHHB wurden in Kenntnis gesetzt und zeigten sich entsetzt über den Naturfrevel des Investors in diesem ökologisch bedeutsamen Gebiet.
NABU fordert Wiederherstellung durch Ersatzpflanzungen
Dem Investor droht nunmehr die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 50.000 €. Zudem ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verstoßes gegen artenschutzrechtliche Bestimmungen. Der NABU fordert vom Investor, an denselben Stellen, an denen große Bäume gefällt wurden, gleichwertige Ersatzpflanzungen mit großstämmigen Bäumen vorzunehmen. Die Stadt sollte zudem den Verstoß nach dem Umweltschadensrecht ausgleichen lassen - schließlich sind mit den Fledermäusen Anhang II und IV-Arten der FFH-Richtlinie betroffen. Der Investor wäre dann gezwungen, auf eigene Rechnung Planungen und Maßnahmen zum Ausgleich des schwerwiegenden Eingriffs für diese nach EU-Recht besonders geschützte Tiergruppe vorzunehmen.
ILu, akt. 19. Jan. 2012
Wichtige links
- Das Projekt Carlshöhe - Internetdarstellung des Investors
- Stadt Eckernförde (Wikipedia)
- Baumschutzsatzung der Stadt Eckernförde (pdf)
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