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Peinlich, peinlich, liebe CDU-Fraktion!

Zumeldung des NABU zu den Pressemitteilungen der CDU- und FDP-Landtagsfraktionen sowie des MLUR zum neuen Landesjagdgesetz

Der NABU sieht sich in seiner Kritik an dem neuen Landesjagdgesetz nicht zuletzt auch durch die Pressemitteilungen der CDU- und FDP-Landtagsfraktion sowie des Kieler Umweltministeriums MLUR vom 26. Januar 2012 bestätigt.

Jagdmunition - Foto: Jens Matzen

Jagdmunition - Foto: Jens Matzen

Der NABU sieht sich in seiner Kritik an dem neuen Landesjagdgesetz nicht zuletzt auch durch die Pressemitteilungen der CDU- und FDP-Landtagsfraktion sowie des Kieler Umweltministeriums MLUR vom 26. Januar 2012 bestätigt. Offensichtlich ist man bei der Beratung der Inhalte des Gesetzes wie bei vielen anderen Aspekten in der CDU fachlich auf der falschen Spur.


Die CDU-Landtagsfraktion begründet die Neufassung des Landesjagdgesetzes, und hier insbesondere die neu aufgenommene Möglichkeit, die Gelege von Vögeln EU-rechtswidrig zu entnehmen, in ihrer Pressemitteilung damit, dass es „ … angesichts von allein 400.000 Nonnengänsen an der Westküste, die dort in Schonzeiten rasteten, (…) erforderlich (sei) durch Gelegeentnahmen populationsverändernd eingreifen zu können. Die Entnahme oder Unfruchtbarmachung sei zu genehmigen.“

Es ist dem NABU neu, dass das neue Jagdgesetz des Landes Schleswig-Holstein nunmehr auch in Ostgrönland, auf Spitzbergen und Nowaja Semlja, Kolgujew und auf der Kanin-Halbinsel sowie auf Gotland und Öland gelten wird. Dort nämlich brüten Nonnengänse - und nur dort könnte man auch deren Gelege zerstören und dadurch in die Rastpopulationen eingreifen. Der Brutbestand in Schleswig-Holstein liegt bei dieser Art dagegen in einer Größenordnung von nur rd. 300 Paaren verteilt auf verschiedene Regionen des Landes, trägt also kaum nennenswert zum bisher festgestellten Rastbestand von max. 120.000 Nonnengänsen (statt wie von der CDU behaupteten 400.000 Tieren) bei. Vermutlich bezog sich die Behauptung auf Graugänse, doch auch diese Art tritt in dieser Größenordnung in Schleswig-Holstein nicht auf. Zudem liegt deren Verbreitungsschwerpunkt eher im östlichen Teil des Landes.

Hoch interessant ist es zudem, dass Gänse-Embryonen nunmehr auch ‚unfruchtbar‘ gemacht werden sollen. Das ist nach Kenntnis des NABU theoretisch nur durch eine Bestrahlung der Eier möglich. Tatsächlich geht es jedoch bei der „Unfruchtbarmachung“ um ein Abtöten der jungen Graugänse im Ei durch Anstechen der Eier oder Eintauchen in Öl, wodurch die Jungtiere ersticken. Die unteren Jagdbehörden, die nun ohne Rücksprache mit dem Naturschutz über Genehmigungen entscheiden sollen, sind wie die CDU-Fraktion mit der Beurteilung aber fachlich hoffnungslos überfordert. Wie der NABU mehrfach dokumentiert hat, werden auch jagdrechtliche Verstöße etwa gegen die Fangjagdverordnung von dieser Behörde kaum noch verfolgt.


Graugans - Foto: Lothar Sielmann

Graugans - Foto: Lothar Sielmann

Für den NABU ist es bei einem derartigen Dilettantismus in Naturschutzfragen klar, dass die CDU-Fraktion nicht in der Lage ist, qualitativ anspruchsvoll und mit Sachverstand an eine naturschutzbezogene Gesetzgebung heranzugehen. Den Landtagsfraktionen von CDU und FDP fehlt es zudem am Willen, schädliche Auswirkungen der von schwarz-roten sowie schwarz-gelben Landesregierungen vorgenommenen, einschneidenden Eingriffe in das Naturschutzrecht überhaupt wahrnehmen zu wollen. Denn für aufmerksame Beobachter ist der drastische Abbau von Standards im Landesnaturschutzgesetz am desaströsen Zustand der Kulturlandschaft mit ihren Elementen wie Knicks und Überhältern deutlich erkennbar.

Eine Folge der Kastrierung des Naturschutzrechtes ist u.a. der massive Grünlandumbruch für den Anbau von Mais, der den Wiesenvögeln landesweit den Garaus macht. Trotz anderslautender, eigener wissenschaftlicher Erkenntnisse zur angeblichen „Schädlichkeit“ hält das Land bis heute an der Tötung von Kormoranen fest, so dass nur noch eine größere Brutkolonie der für das Binnenland eigentlich typischen Vogelart dort existiert. Tierarten werden dazu in „gut“ und „böse“ eingeteilt, so dass manche Jäger sich animiert fühlen, selbst illegal in die aus ihrer Sicht zu hohen Bestände von Beutegreifern wie Seeadler und Uhu einzugreifen. Negativ bemerkbar macht sich auch das sinnlose Töten vieler Tierarten wie Mauswiesel, Möwen und Höckerschwäne durch die bundesweit fast durchgehend längsten Jagdzeiten. Etliche durch Blei vergiftete Seeadler können die Regierung nicht davon abhalten, weiterhin für Mensch und Tier toxische Munition zuzulassen.


Wenn das MLUR in seiner Pressemitteilung die wachsende Kluft zwischen Jägern und Naturschützern beklagt, dann ist dies heuchlerisch. Denn gerade die drastischen Änderungen der Landesjagdzeitenverordnung und des Landesjagdgesetzes tragen dazu bei, die Gräben zu vertiefen. Mit den nach ökologischen Kriterien jagenden Jägern der Arbeitsgemeinschaft Naturnahe Jagd (AGNJ), aber auch mit vielen den alten Denkweisen des Landesjagdverbandes kritisch gegenüberstehenden Jägern alter Prägung verbindet den NABU dagegen vor Ort und landesweit die Ablehnung der weitgehend nutzerorientierten Naturschutzpolitik der Landesregierung.

Seit 2005 wurde unter den CDU-geführten Landesregierungen die vorbildliche Umweltgesetzgebung in Schleswig-Holstein schrittweise auf Druck von Lobbygruppen drastisch ausgehöhlt. Die negativen Auswirkungen sind überall deutlich wahrnehmbar und schädigen das Ansehen des Landes. Der NABU wird die Parteien im Wahlkampf daran messen, wie konsequent sie sich zu einer schnellstmöglichen Korrektur und Weiterentwicklung der Instrumente bekennen, die zur Sicherung unseres gemeinsamen Naturerbes notwendig sind.

ILu 26. Januar 2012


Weitere Informationen ...

Junger Fuchs, Detail - Foto: Carsten Pusch
Die Jagd in Schleswig-Holstein

Auch wenn sich der NABU mit vielen Aspekten kritisch auseinandersetzt, lehnt er die Jagd nicht prinzipiell ab. Der NABU fordert jedoch von Jagdvertretern wie vom zuständigen Ministerium eine stärkere Ausrichtung an Belangen des Natur-, Arten- und Tierschutzes. Mehr →



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