CDU muss Oppositionszeit nutzen
NABU: Verhältnis zum Naturschutz neu definieren
14. Juni 2012: Landesnaturschutz, Jagd- und Waldgesetz, Jagdzeitenverordnung, Knickschutz, Fangjagd-, Kormoranverordnung etc. etc. – kaum ein Bereich des Umweltrechts blieb in den letzten beiden Legislaturperioden unter Führung der CDU von einem erheblichen Abbau der eigentlich notwendigen Standards verschont. Die drastischen Auswirkungen sind heute gerade auch bei dem Landschaftselement Knick, unserem Markenzeichen der Kulturlandschaft, für aufmerksame Beobachter allen Ortes deutlich erkennbar. Wer mit offenen Augen durch Schleswig-Holstein streift, dem bietet der drastisch verschlechterte Schutz unseres Naturerbes mittlerweile ein allzu vertrautes Bild. Auch tausende Mauswiesel und Hermeline, Baum- und Steinmarder, Schwäne und Möwen werden durch drastisch erweiterte Jagdzeiten ohne „vernünftigen Grund“ geschossen oder verenden in Fallen. Kormorane verschwinden als Folge der fachlich nie begründeten Verordnung als Brutvögel aus dem Binnenland. Nur sehr wenige fachlich bedeutsame Flächen wurden in den letzten Jahren naturschutzrechtlich gesichert. Der gesetzliche Schutz für landschaftsprägende Einzelbäume wurde gekippt - alte Überhälter in einigen Regionen zur Rarität. Hinzu kam die massive Förderung einer sich immer mehr industriell ausprägenden Landwirtschaft, die nicht nur für einen massenhaften Umbruch wertvollen Grünlands zu öden Maisplantagen gesorgt hat, sondern insgesamt die Intensität der Landnutzung so steigert, dass Kiebitz und Sumpfdotterblume, Feldlerche und Ackerwildkräuter keine Chance mehr haben, außerhalb von Schutzgebieten langfristig zu überleben.
Viele gravierende Probleme – doch auch die neue CDU-Fraktion bleibt offensichtlich wieder mit der alten Klientel eng verbunden. Sie unterstützt insbesondere die überkommene Politik des Bauernverbandes, der als Interessengemeinschaft der industriellen Landwirtschaft längst nicht mehr die Mehrheit der Landwirte in Schleswig-Holstein vertritt und die Meinungsführerschaft im ländlichen Raum verloren hat.
Plumpe Parolen gegen den notwendigen Schutz unseres Naturerbes ziehen aber nicht mehr im Land zwischen den Meeren. „Nach mehreren Jahren unheilvollen Wirkens wäre es daher für die CDU angebracht, über das eigene frühere Regierungshandeln kritisch Bilanz zu ziehen, die Auswirkungen der tiefen Einschnitte in das Naturschutzrecht wahrzunehmen und darauf fußend das Verhältnis zum Naturschutz neu zu ordnen“, fordert NABU-Landesvorsitzender Hermann Schultz. Denn nach sieben Regierungsjahren mit einem reinen Primat der Freiwilligkeit im Naturschutz zeigt sich: Dieser Politikansatz ist maßgelbliche Ursache für die Verschlechterung des Zustandes unseres Naturerbes. Dabei weiß insbesondere der NABU genau, wie wertvoll ehrenamtliches, freiwilliges Engagement ist. Doch der Schutz der Natur bedarf auch starker, rechtlicher Leitplanken, wie es etwa im Straßenverkehrsrecht selbstverständlich ist. Oder kann sich jemand vorstellen, Fahrverbote und Geschwindigkeitsbeschränkungen durch freiwillige Vereinbarungen mit Automobilclubs zu ersetzen? „Die neue Regierung tut also gut daran, etwa den Knickschutz wieder zu stärken und Auflagen beim Maisanbau zu erlassen. ‚Allein freiwillig‘ ist unser Naturerbe nicht mehr zu retten“, so Hermann Schultz abschließend.
14. Juni 2012