Biotopschutz in Schleswig-Holstein
NABU-Fragen an Schleswig-Holsteins Parteien
Fragen: Freiwillige Vereinbarungen werden als Alternative zum Flächenkauf diskutiert.
a) Welches Modell würden Sie beispielsweise für die Vernässung einer 20 ha großen Niederung vorsehen? (Bitte begründen!)
b) Während der Vertragslaufzeit ist ein wertvoller Biotop entstanden. Der Eigentümer besteht nach Vertragsablauf auf dessen intensiver Nutzung - es sei denn er erhält einen lukrativen Folgevertrag. Wie würden Sie (vorbeugend bzw. nachwirkend) auf diese schwierige Situation reagieren?
Die unsere Landschaft in weiten Teilen prägenden Knicks werden immer häufiger seitlich so stark geschlegelt, dass sie oftmals zu schmalen, durchsichtigen Schnitthecken verkümmern - ein Verstoß gegen den gesetzlichen Knickschutz! Was sollte dagegen unternommen werden?
SPD
Biotopschutz
Antwort: Wir haben mit dem in dieser Wahlperiode novellierten Landesnaturschutzgesetz sowie den Agrarumweltmaßnahmen innerhalb des Programmes ZAL moderne und wirkungsvolle Instrumente zur Verbesserung auch des Biotopschutzes geschaffen. Es ist Aufgabe der Agrar- und Umweltverwaltung, diese Instrumente so einzusetzen, dass im von Ihnen in der Anfrage genannten Beispiels zur Vernässung einer 20 ha großen Niederung sowohl die Ziele des Natur- und Umweltschutzes als auch die wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer berücksichtigt werden. Dabei setzen wir uns für eine Verstärkung der Fachaufsicht durch das MUNL ein.
Die bestehenden Vorschriften zum Schutz der Knicks in Schleswig-Holstein, insbesondere der sogenannte Knick-Erlass, sind nicht mehr zeitgemäß und haben in der Praxis zu Problemen geführt. Wir treten dafür ein, dass der Knick-Erlass Anfang der nächsten Legislaturperiode auf klare, praxisnahe und gesetzeskonforme Regelungen hin überarbeitet wird.
CDU
Biotopschutz
Antwort: Eine CDU-geführte Landesregierung wird das Landesnaturschutzgesetz von Grund auf novellieren. Eigentum und die sich daraus ergebende Verantwortung sollen stärker hervorgehoben, die komplizierten Verfahren deutlich vereinfacht und dadurch beschleunigt werden. Dem Freiwilligkeitsprinzip und dem Vertragsnaturschutz wird Vorrang eingeräumt. Dabei sind lokale und regionale Naturschutzvereine und -bündnisse bei entsprechender fachlicher Eignung mit mehr Verantwortung auszustatten, um mehr praktische Naturschutzarbeit vor Ort leisten zu können.
Knicks gehören unbestritten zu unserer über Jahrhunderte gewachsenen Kulturlandschaft, weil Sie von den hier wirtschaftenden Menschen geschaffen wurden. Ihre Gesamtlänge beläuft sich in Schleswig-Holstein auf über 42.000 km. Um die Pflege und den Erhalt kümmern sich auch heute noch fast ausschließlich die Landwirte mit einem großen persönlichen und finanziellen Aufwand ehrenamtlich. Anstatt die Landwirtschaft bei diesem Engagement zu unterstützen, hat die rot/grüne Landesregierung, fußend auf den § 30 des Bundesnaturschutzgesetzes und § 15 d des Landesnaturschutzgesetzes, einen 22 Punkte umfassenden Knickerlass geschaffen. Offenbar glaubt die Regierung immer noch, dass man mit obrigkeitsstaatlichem Ordnungsrecht, Kontroll- und Bußgeldandrohungen engagierte Bürgerinnen und Bürger bürokratische Einzelregelungen aufzwingen kann. Wir werden dagegen die Landwirtschaft bei der Pflege unserer einzigartigen Landschaft durch ein Kulturlandschaftsprogramm unterstützen, die dafür vorhandenen Finanzierungsmittel aus Bund und EU, welche die Regierung derzeit verfallen lässt, abrufen und so die ehrenamtliche Arbeit honorieren. Gern lassen sich übrigens die Landwirte von naturschutzbewanderten Mitbürgerinnen und Mitbürgern bei der arbeitsreichen Knickpflege unentgeltlich helfen.
Bündnis ´90 / Die Grünen
Biotopschutz
Antwort: Grundsätzlich wollen wir an dem bestehenden vielfältigen Instrumentarium zur Förderung des Naturschutz festhalten. Dies ergibt sich auch aus der Zielsetzung heraus. Man kann folgende Überlegungen zu Grunde legen: Je größer die zu schützende Fläche ist, und je weitgehender der Verzicht auf wirtschaftliche Nutzung naturschutzfachlich geboten ist, desto mehr muss mit einem Flächenkauf die Zielsetzung erreicht werden und umgekehrt gilt, dass kleine Flächen und Flächen mit wirtschaftlicher Nutzung erfolgreicher mit Vertragsnaturschutz bewirtschaftet werden sollten. Eigentümer, die sich auf befristete Vertragsnaturschutzprogramme einlassen, müssen die Garantie einer intensiveren Nutzungsmöglichkeit nach Ablauf des Vertrages - im Rahmen "normaler" guter fachlicher Praxis - erhalten. Alles andere hätte unübersehbare negative Auswirkungen auf die Akzeptanz des Vertragsnaturschutzes. In aller Regel sind Landwirte an einer Fortsetzung von Vertragsnaturschutzprogrammen auf ihren Flächen interessiert, wenn sie erst einmal positive Erfahrungen gesammelt haben.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden sich dafür einsetzen, dass die Fachaufsicht über die Unteren Naturschutzbehörden verbessert wird. Auch eine Überarbeitung des Knickerlasses steht an - sie soll in Kürze umgesetzt werden. Die Überarbeitung des Erlasses ist erforderlich geworden, weil eine Anpassung an die veränderten Rahmenbedingungen (u.a. novelliertes LNatSchG) zu erfolgen hatte. Wir werden zu diesem Zweck eine Anhörung der Naturschutzverbände befürworten. Im Rahmen der verstärkten Biomassenutzung kann auch die Knickbewirtschaftung interessant werden, wie einige Beispiele (Langballig, Hütten) bereits heute zeigen. Damit erhält die bisherige wirtschaftliche Last der in der Regel landwirtschaftlichen Betriebe zur Knickpflege und zum pfleglichen Umgang mit Knicks einen ökonomischen Anreiz.
F.D.P.
Biotopschutz
Antwort: a) Bei der von Ihnen genannten Vernässung einer 20 ha großen Fläche kann im Einzelfall der Flächenankauf einer Fläche geeigneter und kostengünstiger sein, als die freiwillige Vereinbarung zur Vernässung einer Fläche und Erhaltung dieses Zustands. Sinnvoller ist es aus unserer Sicht aber, Eigentümer von beispielsweise bereits vernässten Flächen einen entsprechenden Ausgleich zu finanzieren, um den Zustand dieser vernässten Fläche zu erhalten.
b) Die Stellungnahme zu dieser Frage setzt voraus, dass eine freiwillige Vereinbarung mit einem Eigentümer geschlossen wurde. Selbstverständlich wäre dann nach Ende einer Vertragslaufzeit, wie bei Verträgen üblich, die Neuverhandlung der Verträge notwendig. Es kann nicht darum gehen, den Eigentümer in seinen Grundstücksrechten zu beschneiden. Möglicherweise findet sich aber auch eine alternative vernässte Fläche in einer entsprechenden Größe und in einem entsprechenden Zustand deren Erhaltung kostengünstiger wäre und damit die Verlängerung der vertraglichen Regelung für den hier angesprochenen Fall obsolet machen würde.
Zur Frage Knickschutz: Verstöße gegen bestehende Gesetze sind immer zu ahnden, ansonsten wären diese Gesetze überflüssig.
SSW
Biotopschutz
Antwort: Der SSW setzt sich für einen Naturschutz ein, der die Bevölkerung vor Ort stärker mit einbindet. Durch die Einbindung der anerkannten Naturschutzverbände und Naturschutzorganisationen bei der Planung und Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen, sehen wir durchaus die Möglichkeit auch Kosten zu reduzieren. Darüber hinaus kann somit auf durchaus vorhandenes Fachwissen vor Ort zugegriffen werden. Es hat auch den Vorteil, dass durch die frühe Einbindung in die Prozesse Konflikte im Vorfeld vermieden oder verringert werden können.
Nach Auffassung des SSW ist der Vertragsnaturschutz durchaus ein Instrument, der insbesondere für größere zusammenhängende Flächen interessant ist. Die Ziele und Maßnahmen für derartige Flächen müssen in entsprechenden Fach- und Schutzkonzepten für einen längeren Zeitraum festgelegt und von Seiten der Naturschutzverwaltung begleitet werden. Hierbei muss es auch eine Evaluierung geben, um festzustellen ob die gesteckten Ziele erreicht wurden. Danach ist zu beurteilen, wie weiter mit entsprechenden Flächen umgegangen werden muss. Grundsätzlich gilt aber: Wenn freiwilliger Vertragsnaturschutz durch Vertrag zeitlich begrenzt ist, muss nach dem Vertragsende neu verhandelt werden, ansonsten macht man sich unglaubwürdig.
Der Umgang mit unseren Knicks ist im Knickerlass geregelt. Sollte gegen den Erlass verstoßen werden - Beispiel schlegeln - , gibt es durchaus rechtliche Möglichkeiten dagegen vorzugehen. Sollte es sich hierbei aber um Maßnahmen zur Verkehrssicherheit handeln, können die Gemeinden dies vorab mit Absprache der Unteren Naturschutzbehörden regeln.