Gewässerschutz in Schleswig-Holstein
NABU-Fragen an Schleswig-Holsteins Parteien
Fragen: Im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) durchgeführte Untersuchungen zur Gewässerqualität haben z.B. ergeben, dass die allermeisten unserer Binnengewässer aufgrund ihrer Eutrophierung nicht den geforderten guten ökologischen Zustand aufweisen. Teilen Sie die Auffassung des NABU, dass saubere Gewässer nicht nur aus ökologischen Gründen, sondern auch unter touristischen Aspekten ein absolutes Muss sind? Unterstützen Sie die zeitliche Vorgabe der Wasserrahmenrichtlinie, diese Ziele bis 2015 zu erreichen?
Nachdem der Ausbau der kommunalen Abwasserreinigungsanlagen inzwischen so gut wie abgeschlossen ist, sind nach einhelliger Meinung von Wasserwirtschaftlern und Ökologen die diffusen, aus der Landwirtschaft stammenden Stoffeinträge in die Gewässer zu begrenzen, um die Ziele der WRRL erreichen zu können. Das lässt sich in vielen Bereichen nur über weitreichende Um- bzw. Einstellung der bisherigen Flächennutzung in Gewässernähe erreichen. Werden Sie ein solches Vorgehen unterstützen?
Die WRRL fordert auch den Schutz des Grundwassers. Eine maßgebliche Belastung erfolgt durch die Auswaschung von Nitraten und Pflanzenbehandlungsmitteln in Richtung Grundwasserhorizont. Wie denken Sie, diese Entwicklung zu stoppen, um den diesbezüglichen Anforderungen der WRRL gerecht zu werden?
SPD
Gewässerschutz
Antwort: Wir haben frühzeitig die gesetzlichen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, damit das Ziel der EU-Wasserrahmenrichtlinie erreicht werden kann, alle Oberflächengewässer bis 2015 in einen guten ökologischen Zustand zu bringen. Saubere Gewässer sind hierbei nicht allein aus ökologischen, sondern auch aus touristischen Gründen für das Tourismusland Schleswig-Holstein von großer Bedeutung.
Zurzeit werden auf Ebene der lokalen 34 Arbeitsgruppen die Daten zur Gewässerqualität erhoben. Die Datenerhebung ist noch nicht abgeschlossen. In einen zweiten Schritt werden diese Daten im Hinblick auf Strategien und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität in oberirdischen Gewässern diskutiert. Diese Diskussion wird auch mit den in der Regel über die Wasser- und Bodenverbänden vertretenen Landwirten geführt werden. Hinzuweisen ist darauf, dass in Schleswig-Holstein bereits vor der Wasserrahmenrichtlinie das Fließgewässer- und das Seenschutzkonzept, das Niedermoorprogramm und der Gesamtplan Grundwasserschutz bestanden, die für die anstehenden Planungen weiterhin richtungweisend sind. Hier gibt es in Schleswig-Holstein inzwischen eine Reihe von Beispielen dafür, dass strukturelle Veränderungen an den Gewässern mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand rückgängig gemacht werden können. Hierfür war eine Akzeptanz zur Umsetzung der Maßnahmen und zur Bereitstellung von Flächen in der Region wesentliche Voraussetzung.
Wir setzen zum Schutz des Grundwassers auf das bestehende Beratungsmodell zur Nährstoffreduzierung aus der landwirtschaftlichen Nutzung, das erfolgreich in den Wasserschutzgebieten des Landes eingesetzt wird. Hier wird den Landwirten dargelegt, durch welche Optimierungsmaßnahmen eine Reduzierung der Verluste bei der Düngung, bei der Bodenbearbeitung und beim Pflanzenschutzmitteleinsatz erreicht werden kann.
CDU
Gewässerschutz
Antwort: Die CDU teilt die Auffassung, dass saubere Gewässer ein Aushängeschild für den Tourismus im Lande sind. Nach Information des Umweltbundesamtes haben vielfältige Maßnahmen in den vergangenen Jahrzehnten zu einer Verbesserung der Wasserqualität in unseren Seen und Flüssen geführt. Die Oberflächengewässer haben in Schleswig-Holstein mittlerweile überwiegend die Güteklasse II erreicht, sind also nur noch mäßig belastet. Bedeutung haben heute lediglich noch die "diffusen" Belastungen, besonders solche durch Pflanzennährstoffe (Phosphor- und Stickstoffverbindungen), von denen insbesondere langsam fließende und stehende Gewässer betroffen sind.
Die aus der Landwirtschaft stammenden Stoffeinträge sind in den vergangenen Jahren nach einhelliger Meinung von Wissenschaftlern und Ökologen zurückgegangen. So besteht seit 1986 die generelle Verpflichtung, dass Pflanzenschutzmittel nur nach guter fachlicher Praxis anzuwenden sind und dabei die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes berücksichtigt werden müssen. Hinzu kommen die besondere Sorgfaltspflicht (§ 6 Abs. 1 Satz 2 PflSchG), das Erfordernis der personenbezogenen Sachkunde bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Betrieben der Landwirtschaft, des Gartenbaus und der Forstwirtschaft (§ 10 PflSchG), insbesondere aber auch die Detailvorschriften der sachgerechten Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin und dem Umweltbundesamt bei der Zulassung des Pflanzenschutzmittels festgelegt werden. Weitere mittel- und flächenbezogene Anwendungsbeschränkungen sind in speziellen Verordnungen auf Bundesebene festgelegt, wie z. B. der Bienenschutzverordnung und der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung oder bereits durch das Pflanzenschutzgesetz (§ 6 Abs. 2 PflSchG). Darüber hinaus bestehen auf Landes- oder Gemeindeebene Bestimmungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, z. B. zum Schutz des Wassers oder aus Gründen des Naturschutzes, die einzuhalten sind. Hinzu kommen Vorschriften in weiteren Rechtsbereichen, die den Erwerb, den Transport, den Umgang und die Lagerung von Pflanzenschutzmitteln betreffen. Weitaus weniger detailliert sind die rechtlichen Regelungen zur Durchführung nichtchemischer Pflanzenschutzmaßnahmen und zum Einsatz von Pflanzenschutzgeräten. Die Einhaltung der aktualisierten Standarte bei der Ausbringung von Pflanzenschutz ist heute Teil der "Cross-Compliance-Regelung" der EU und kann bei Nichteinhaltung zum Verlust von Prämienansprüchen in der Landwirtschaft führen. Bedingt durch die Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, die allein 2003/2004 über 16 Aktualisierungen erfahren hat, sind die in den Pflanzenschutzmitteln enthaltenen Wirkstoffe heute umweltverträglicher. 1998 hat die damalige Bundesregierung durch die Pflanzenschutznovelle die EU-weite Pflanzenschutzharmonisierung umgesetzt.
In der Praxis hat sich zudem das Prinzip des Integrierten Pflanzenschutzes durchgesetzt. Das bedeutet: Anbautechnische, mechanische und biologische Pflanzenschutzmaßnahmen haben Vorrang. Chemische Pflanzenschutzmittel werden nur dann eingesetzt, wenn wirtschaftlicher Schaden unabwendbar erscheint. Durch den gezielten Einsatz selektiv wirkender Pflanzenschutzmittel wird das Ökosystem weniger gestört. Biologische Pflanzenschutzmaßnahmen - wie der gezielte Einsatz nützlicher Gegenspieler - erlangen gerade in den Baumschulen immer mehr an Bedeutung.
Die CDU begrüßt diese Entwicklung und wird für eine weitere Reduzierung der Belastungen durch die Festschreibung standortbedingter Maßnahmen im Wege des Vertragsnaturschutzes und -wasserschutzes einsetzen. Zu begrüßen ist in dieser Hinsicht auch die Umsetzung der EU Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in Zusammenarbeit mit den Wasser- und Bodenverbänden, die dabei auch die regional ansässige Landwirtschaft in die Planung einbeziehen. Die CDU wird die WRRL unter Ausschöpfung des europarechtlichen Zeitrahmens unter Mitwirkung der Eigentümer und Nutzer nach optimalen Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten umsetzen. Ein neuer Zeitplan ist dementsprechend zu erstellen und teure Gutachten sind auf ein notwendiges Maß zu beschränken.
Bündnis ´90/ Die Grünen
Gewässerschutz
Antwort: Wir teilen diese Auffassung voll und ganz - kein anderes Bundesland ist so vom Wasser geprägt wie unser Land zwischen den Meeren: Schleswig-Holstein ist geformt durch Nord- und Ostsee, gestaltet durch Seen und Flüsse. Diese Vielfalt und Qualität der Landschaften ist ein wesentliches Standbein für den Tourismus und die Lebensqualität unserer Bürger. Die Wasserrahmenrichtlinie eröffnet neue Möglichkeiten, unseren Gewässern in Schleswig-Holstein ihre natürliche Gestalt zurückzugeben und sie wieder als Lebensraum für Pflanzen, Menschen und Tiere zu entwickeln.
Für das Erreichen des Zieles der EG-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL), bis Ende 2015 einen guten ökologi-schen, chemischen und mengenmäßigen Zustand der Gewässer zu erreichen, werden wir auch in der kommenden Legislaturperiode alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen. Wir können dabei auf die vom Umweltministerium hervorragende und bundesweit beispielhafte Umsetzung der WRRL setzen. Wie bisher sollen dabei unter der Federführung der Wasser- und Bodenverbände NaturschützerInnen und wie -nutzerInnen intensiv miteinbezogen werden. Die Ausweisung von Wasserschutzgebieten muss fortgeführt und mit Auflagen versehen werden, die eine messbare Reduzierung der Schadstoffeinträge bewirken. Lang-fristiges Ziel ist der flächendeckende Grundwasserschutz.
Ja. Der ökologische Landbau geht in der Regel mit einer Reduzierung der Austräge in Luft und Boden und damit auch in die Gewässer einher. Seit 2000 ist in Schleswig-Holstein eine 40%ige Zunahme der Bio-Landwirtschaft zu verzeichnen. Das ist nicht zuletzt auf eine erfolgreiche Förderpolitik des Landes zurückzu-führen.
Im Zusammenhang mit klimaschutz- und energiepolitischen Zielsetzungen machen wir uns für eine sehr viel stärkere Nutzung der Biomasse für nachwachsende Rohstoffe und als Energieträger stark. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Gülle nach einem Biogasprozess nicht nur im Geruch 90% gemindert ist, sondern auch sehr viel pflanzenverträglicher in der chemischen Zusammensetzung wirkt. Während unbehandelte Gülle ein ätzende Wirkung auf Blattoberflächen hat, kann mit der Biogasgülle eine sogenannte "Kopfdüngung" durchgeführt werden, also wesentlich häufiger innerhalb der Vegetationsperiode gedüngt werden. Dadurch wird der Dünger durch stärkeren Entzug der Pflanzen besser ausgenutzt und sowohl die Auswaschung in tiefere Bodenschichten, die zur Eutrophierung führt, vermindert, als auch die Bildung von Distickstoffoxid (als klimarelevantes Treibhausgas) reduziert. Darüber hinaus ist durch diese höhere Effizienz ein größerer Verdrängungseffekt des Wirtschaftsdünger gegenüber Kunstdünger zu beobachten. Daher muss die Biogastechnik nicht nur aus energiepolitischer, sondern auch aus umweltpolitischer Sicht voran getrieben werden. Neben einer intensiven landwirtschaftlichen Beratung zur Optimierung des Düngeregimes sowohl in konventioneller als auch in der Bio-Landwirtschaft sollte der Einsatz moderner Ausbringungstechnik (Schleppschlauch etc.) weiter voran getrieben werden. Die von uns mitgetragene und eingeleitete Agrarwende hat mit der Entkopplung der Landwirtschaft Prämien von der Produktion den ökonomischen Druck zu höchster Intensität der Bodennutzung reduziert. Ohne Produktprämien liegt das wirtschaftliche Optimum eher bei mittleren Intensitäten. Die WRRL sieht außerdem vor, Randbereiche von Fließgewässern naturnäher zu entwickeln. Mit diesen und weiteren Maßnahmen erwarten wir auf mittlere Sicht, einen weiteren Rückgang der Stoffeinträge in unsere Gewässer.
Zum langfristigen Erhalt der Ressourcen Boden und Wasser ist es notwendig, die direkten und indirekten Schad- und Nährstoffeinträge dauerhaft zu reduzieren. Das neue Landesbodenschutzgesetz bietet hierfür eine Reihe von Instrumenten. Die Grund- und Oberflächenwasserabgeben schaffen finanzielle Ressourcen. Wir streben an, den zweckgebundenen Anteil der Abgaben schrittweise zu erhöhen. (Siehe hierzu auch die Antwort zur letzten Frage.)
F.D.P.
Gewässerschutz
Antwort: a) Die EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Gewässer grundsätzlich in einen guten Zustand zu versetzen. Ziel der Richtlinie ist es, diesen guten Gewässerzustand bis zum Jahre 2015 zu erreichen. Verlängerungen dieser Frist sind möglich.
Auch die FDP hat ein Interesse daran, dass die schleswig-holsteinischen Gewässer innerhalb der vorgesehenen Frist den von der EU avisierten Zustand erreichen. Voraussichtlich wird aber nur ein Teil der Gewässer innerhalb der vorgegebenen Fristen in einen naturnahen ökologischen Zustand überführt werden können. Das ist das Ergebnis einer entsprechenden Analyse des Umweltministeriums. Es wird daher nach aller Wahrscheinlichkeit notwendig sein, die entsprechenden Verlängerungsfristen in Anspruch zu nehmen.
b) Wir sind überzeugt davon, dass der gute Zustand der Gewässer in erster Linie eine ökologische Maßnahme ist und für den Tourismus im Land von Vorteil sein kann.
c)+ d) Die Um- bzw. Einstellung der bisherigen Flächennutzung in Gewässernähe zur Verminderung der Stoffeinträge in die Gewässer ist aus unserer Sicht in erster Linie nicht durch ordnungsrechtliche Maßnahmen, sondern durch faire Vereinbarungen mit den Flächennutzern zu regeln. Zum Eintrag von Pflanzenbehandlungsmitteln und Nitraten in das Grundwasser gilt folgendes: Zunächst einmal gibt es gesetzliche Vorschriften über die zulässige Höchstmenge der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln. Die Einhaltung dieser Mengen hat das Land zu kontrollieren. Ein geringerer Eintrag kann durch die Verwendung geringerer Mengen entsprechender Mittel auf derselben Fläche erfolgen oder durch die Verkleinerung der genutzten Fläche. Beide Maßnahmen werden Einbußen bei denjenigen zur Folge haben, die diese Flächen nutzen. Diese Betroffenen sind dann zu entschädigen.
SSW
Gewässerschutz
Antwort: Der SSW teil die Auffassung des NABU, dass saubere Gewässer sowohl aus ökologischer Sicht als auch aus touristischen Gründen ein absolutes Muss sind. Dass die durchgeführten Untersuchungen zur Gewässerqualität ergeben haben, dass ein großer Teil unserer Binnengewässer nicht den geforderten guten Zustand nach der Wasserrahmenrichtline (WRRL) aufweisen ist erschreckend. Daher ist es durchaus begrüßenswert, dass wir mit der WRRL jetzt ein Instrument haben, das uns verpflichtet, die formulierten Qualitätskriterien unserer Gewässer bis 2015 zu erfüllen. Insbesondere die ganzheitliche Betrachtungsweise unserer Gewässer bei der Umsetzung der WRRL ist hierbei als zweckmäßig anzusehen, weshalb sich gerade der SSW dafür eingesetzt hat, dass unter Federführung der Wasser- und Bodenverbände alle relevanten Partner bei der Zielformulierung und der Umsetzung an einen Tisch kommen. Auch wenn der Zeitraum zur Umsetzung der WRRL lang erscheint, muss realistisch eingeräumt werden, dass wir diesen Zeitraum benötigen, um entsprechende Maßnahmen durchführen zu können und damit diese dann auch den gewünschten positiven Effekt aufweisen können.
Durch die ganzheitliche Betrachtungsweise der WRRL lassen sich auch genaue Rückschlüsse ziehen und Ursachen ermitteln für die Eutrophierung der Gewässer. Somit können auch die notwendigen Konsequenzen getroffen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Das Auswaschen von Nitraten und Pflanzenschutzmitteln ist ein Prozess, der sich durchaus über einen längeren Zeitraum hinziehen kann, bis diese Stoffe das Grundwasser erreichen und somit auch belasten. Nur durch die Einhaltung der entsprechenden Gesetze, wird es künftig möglich sein, dieses Problem zu minimieren und letztendlich zu lösen. Doch auch hierbei gilt es immer wieder zu überprüfen, ob die entsprechenden Gesetze den Anforderungen genügen, um das Gut Wasser auch nachträglich zu schützen.