Auch 2. Entwurf überzeugt nicht
NABU zur Windkraftplanung in Schleswig-Holstein
Neumünster, 8. Januar 2018 - Am 3. Januar endete die Beteiligungsfrist zum 2. Entwurf der Windkraftplanung der Landesregierung, Inhalt der "Teilfortschreibung des Landesentwicklungsplans Schleswig-Holstein 2010 und Teilaufstellung der Regionalpläne für die Planungsräume I bis III (Sachthema Windenergie)". Der 2. Entwurf wurde unter anderem deswegen notwendig, weil etliche der bisher vorgesehenen Windkraftvorranggebiete aufgrund erhöhter Abstände zu Siedlungsgebieten verlegt werden mussten.
Stellungnahme des NABU
Doch auch der 2. Entwurf weist gravierende Mängel auf, weshalb der NABU erneut ausführlich Stellung genommen hat. So wird auch diese Fassung dem Anspruch der Landesregierung wieder nicht gerecht, den Ausbau der Windenergie mit Naturschutzbelangen vereinbar zu gestalten. Im Gegenteil: Die Abstandserweiterung zu Siedlungen wurde oftmals mit Abstandsverringerung gegenüber Objekten des Naturschutzes erkauft. Betroffen sind vor allem die Brutplätze der besonders durch Windkraftanlagen gefährdeten Arten Seeadler, Rotmilan, Schwarz- und Weißstorch.
Sehr hart trifft es den Rotmilan, dessen Bestand wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge deutschlandweit durch Windmühlen bedroht wird. Unter Missachtung der wissenschaftlichen Empfehlungen der Staatlichen Vogelschutzwarten als Fachbehörden der Länder, einen Mindestabstand von 1.500 m zum Brutplatz einzuhalten, ist dieser auf 1.000 m verkürzt worden. Dadurch werden 29 Milanbrutplätze im Nahbereich betroffen sein, fast doppelt so viel wie beim 1. Planungsentwurf. Beim Seeadler wären etwa 15 % des Brutbestands durch Windkraftanlagen in Nistplatznähe gefährdet, sollte die Planung Realität werden. Auch beim Weißstorch ist der Mindestabstand von empfohlenen 1.000 m auf 750 m verkürzt worden, um Windparks näher an Nistplätze heranziehen zu können.
Naturverträglicher Windenergie-Ausbau
Artenschutzgutachten ungeeignet
Die für den Landesentwicklungsplan und die Regionalpläne zuständige Landesplanungsbehörde versucht, die Unterschreitung der Mindestabstände mit dem Hinweis auf für dort vorgesehene Windkraftvorranggebiete erforderliche Artenschutzgutachten als Grundlage einer behördlichen Abwägung zu rechtfertigen. Doch diese Gutachten werden von den Windkraftbetreibern selbst beauftragt. Da wundert es nicht, dass sie den Windenergievorhaben fast immer die Unbedenklichkeit bescheinigen. Mit derartigen Gefälligkeitsgutachten wird so gut wie jedem Windpark der Weg geebnet. Die personell chronisch unterbesetzten Naturschutzbehörden haben kaum eine Chance, die vom NABU mehrfach festgestellten, gutachterlichen "Schummeleien im Sinne der Auftraggeber" aufzudecken.
Nach dem Willen der amtlichen Mitarbeiter der Vogelschutzwarten sollten die für jede besonders windkraftsensible Großvogelart definierten Mindestabstände als Windkraft-Tabubereiche gelten. Im Anschluss daran waren Prüfbereiche vorgesehen, in denen das Tötungsrisiko gutachterlich bewertet werden sollte. Beim Seeadler etwa reicht dieser Prüfbereich bis 6.000 m um den Horstplatz, um auch die weiter entfernt liegenden Nahrungsgebiete der Brutvögel und ihrer ausgeflogenen Jungen zu erfassen und so die Windparks möglichst risikoarm platzieren zu können. Doch von diesen Prüfbereichen ist in der jetzigen Windkraftplanung keine Rede mehr.
Einer der wenigen Lichtblicke der Planung ist die Ausweisung der ostholsteinischen Seenplatte (hier brütet ungefähr ein Viertel des Seeadlerbestandes des Landes) als sogenanntes Seeadlerdichtezentrum, das auch zukünftig weitgehend frei von Windkraftanlagen gehalten werden soll. Dagegen ist die fortschreitende Windkraftplanung für die Insel Fehmarn sowie die nördliche Oldenburger Halbinsel nur als völlige Ignoranz der Artenschutzbelange aufzufassen. Denn diese allseits bekannte Vogelfluglinie nutzen alljährlich viele Millionen Vögel auf ihrem langen Weg von und zu ihren Winterquartieren. Die steigende Zahl von Windkraftanlagen lässt die Vogelfluglinie jedoch zunehmend zur Todesfalle für Zugvögel werden.
NABU-Forderung
Der NABU fordert, Windkraftplanungen aus den besonders konfliktträchtigen Bereichen konsequent herauszuhalten, statt sie dort mit bedenklichen 'Persilscheinen' abzusegnen. Die Landesregierung sollte sich dafür von ihrem unsinnigen Dogma verabschieden, koste es was es wolle 2 Prozent der Landesfläche für Windkraft zur Verfügung zu stellen. Denn Klimaschutz und Energiewende werden nicht daran scheitern, wenn stattdessen etwa 1,8 % des Landes verplant werden, dadurch aber zahlreiche Konflikte nicht nur mit Anwohnern, sondern auch mit Natur- und Landschaftsschutz entschärft werden können.
Die Stellungnahme des NABU Schleswig-Holstein zum 2. Entwurf der Windkraftplanung ist hier zu finden.
Hey, Klo 8. Januar 2018