Den Schutz unserer Knicks verbessern!
Neue Landesregierung zum Handeln verpflichtet
Von ehemals ca. 75.000 km Knicks in Schleswig-Holstein sind nach Flurbereinigung und illegalen `Nachbereinigungen´ nur noch ca. 40.000 km übrig geblieben. Diese befinden sich zum großen Teil in einem miserablen Zustand. Maßgeblich verantwortlich ist die Umweltpolitik der CDU-geführten Landesregierungen von 2005 - 2012, die gezielt Aufweichungen der rechtlichen Schutzbestimmungen betrieben haben. Sie hatten weniger den Schutz der Wallhecken, sondern mehr die Interessen der Intensivlandwirtschaft im Auge. Mit den "Empfehlungen über die Durchführung der maschinellen Knickpflege" (MELUR-Erlass aus dem Jahr 2007) ließ sich die damalige Landesregierung ihre Leitlinien zum Umgang mit den Knicks vom Bauernverband in die Feder diktieren. Überdies haben viele Landwirte die ihnen eingeräumten Freiräume `bis zum Letzten´ ausgenutzt.
So zeigt sich das Knicknetz insbesondere in ackerbaulich dominierten Landschaften in schlechtem Zustand:
- Die Knicksträucher werden meistens alle zwei (bis drei) Jahre auf Höhe des Wallfußes seitlich so stark zurückgeschnitten, dass sie wie Schnitthecken nach der Gartenpflege aussehen. Mit dieser `Rasur´ werden die blüten- und fruchtbildenden Zweige beseitigt, so dass derart behandelte Knicks blütenbesuchenden Insekten und beerenfressenden Vögeln kaum noch Nahrung bieten können. Außerdem werden die Knicks dünn und winddurchlässig, so dass Vögel dort kaum noch Brutmöglichkeiten finden.
- Diffuse Regeln zur Entnahme sogenannter `Überhälter´ haben zu enormen Verlusten an alten Knickeichen geführt. Dies vor allem im Umfeld größerer Städte, wo die Nachfrage nach Kaminholz hoch ist. Als `Ersatz´ bleiben dünne, nicht zukunftstaugliche Strempel stehen. So gehen nicht nur zahllose ökologisch wertvolle Altbäume verloren, auch das Landschaftsbild leidet unter dem Verlust der ansehnlichen Baumgestalten.
- Die meisten Knicks werden heute mit der Knickschere, einer hydraulisch ünber einen Bagger betriebenen Zange, auf den Stock gesetzt. Dabei splittern und platzen die Stubben auf. Da die Stümpfe in der Regel nicht mit der Motorsäge glatt nachgesägt werden, dringen holzzersetzende Pilze in die Risse ein, wodurch die Stubben im Laufe der Jahre verrotten. Ein gravierender Vitalitätsverlust bei vielen Knickgehölzen ist die Folge.
- Mit dem Erlass "Empfehlungen für den Ausgleich von Knicks" (2008) hat der damalige Landwirtschaftsminister v. Boetticher die Beseitigung ´störender´ Knicks zugunsten der Vergrößerung von Ackerschlägen erleichtert. Als Ersatz brauchte nur 'irgendwo' ein neuer Knick gleicher Länge angelegt werden. Dabei ist jedem Naturinteressierten klar, dass ein neu angelegter Knick niemals die ökologischen Funktionen einer Jahrhunderte alten Wallhecke übernehmen kann, selbst dann nicht, wenn Strauchgehölze des alten Knicks umgesetzt wurden.
Knicks sind nach dem Bundes- und Landesnaturschutzgesetz gesetzlich geschützte Biotope, bei denen "erhebliche Beeinträchtigungen" verboten sind. Die von der CDU auf Erlassebene forcierte Reduzierung der Schutzstandards hat gravierend gegen dieses Beeinträchtigungsverbot verstoßen. Die ökologische Situation der Knicks verschlechtert sich rapide, worunter sowohl die Tier- und Pflanzenwelt als auch unsere Landschaft als Kulturgut leiden. Deshalb ist eine deutliche Verbesserung des Knickschutzes dringend geboten.
Unter Aspekten des Naturschutzes und der Landschaftspflege ergeben sich folgende Forderungen:
- Die Knickgehölze müssen wieder in die Breite wachsen und die Form einer Wildhecke annehmen dürfen. Deshalb ist der seitliche Rückschnitt erheblich einzuschränken.
- Alle alten, d.h. mehr als hundertjährigen Überhälter müssen erhalten bleiben. Jüngere Überhälter dürfen nur gefällt werden, wenn für gleichrangigen Ersatz gesorgt worden ist und sich der Abstand zwischen den Bäumen nicht auf über 40 - 60 Meter erhöht.
- Beim `Knicken´, dem Auf-den-Stock-setzen, sind an den Stubben glatte Schnittflächen zu hinterlassen. Dafür muss mit der Motorsäge oder einer am Bagger befestigten Kreissäge nachgeschnitten werden.
- Die Beseitigung von Knicks darf nur noch ausnahmsweise stattfinden. Das Verhältnis zwischen Eingriff und Ausgleich muss auf mindestens 1 : 2 erhöht werden, d.h. für einen Meter beseitigten Knick müssen mindestens zwei Meter neu angelegt werden. Die Pflege der neu geschaffenen Knicks ist von den Genehmigungsbehörden regelmäßig zu kontrollieren.
- Für mit alten Überhältern bestandene Knicks dürfen grundsätzlich keine Beseitigungsgenehmigungen mehr erteilt werden.
Die neue Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW hat sich in ihrem Koalitionsvertrag zum Naturschutz bekannt und sich dabei explizit auch deutliche Verbesserungen beim Knickschutz zur Aufgabe gemacht. Ein Beschluss der Regierungsfraktionen hat diese Position nochmals dezidiert bestätigt. Der NABU erwartet, dass die Regierung nun energisch handelt und sich nicht mit dem Bauernverband auf einen faulen Kompromiss einlässt. Zumal die vorauseilend erhobenen Klagen der Landwirtschaftslobby, eine Verschärfung des Knickschutzes würde quasi eine Enteignung der Bauern bedeuten, bereits angesichts der üppigen Subventionierung der Landwirtschaft fragwürdig sind. Denn 2013 erhält jeder Landwirt über 300 € pro Hektar - auch für seine Knicks. Jedoch knüpft die EU daran die Bedingung, die Umweltstandards einzuhalten, d.h. auch mit geschützten Biotopen pfleglich umzugehen. Überdies wird mit dem sogenannten 'Greening' ab 2014 der Subventionsbezug u.a. davon abhängig sein, dass ein bestimmter Flächenanteil im Sinne des Natur- und Umweltschutzes entwickelt wird. Knicks können dabei mit eingerechnet werden.
Hey 18. Januar 2013
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