Wasserrahmenrichtlinie: Eine Bilanz
Vorbildlicher Beginn
Die Umsetzung der Ende 2000 in Brüssel verabschiedeten Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) wurde von der damaligen rot-grünen Landeregierung vorbildlich in Angriff genommen. Von der interessierten Öffentlichkeit zu Recht als große Chance für einen umfassenden Gewässerschutz verstanden, herrschte unter den Natur- und Umweltschutzverbänden regelrechte Aufbruchstimmung. Mit einer vorbildlichen Öffentlichkeitsbeteiligung und der pünktlichen Umsetzung der ersten von der EU abverlangten und mit strengen Fristen vorgegebenen Arbeitsschritte wurden große Hoffnungen geweckt, Seen und Fliessgewässer, Grundwasser und Küstengewässer wieder in den von der Richtlinie geforderten "guten ökologischen Zustand" zu versetzen.
Ernüchterung
Mit dem Regierungswechsel im Jahre 2005 ist allerdings Ernüchterung eingekehrt. Die schwarz-rote Landesregierung betont seitdem die "Eins-zu-Eins"-Umsetzung, was nicht anders bedeutet als die Ausnutzung aller möglichen Ausnahmeregelungen und Fristverlängerungen. Die Verschiebung des politischen Schwerpunkts hin zu einer einseitigen Förderung der Intensivlandwirtschaft soll offenbar nicht durch zu viele Maßnahmen zum Gewässerschutz gestört werden. Dem Hauptproblem unserer Seen und Fließgewässer, der Eutrophierung durch diffuse Nährstoffeinträge aus landwirtschaftlichen Nutzflächen, will man sich in der Praxis mit Rücksicht auf die Bauernschaft anscheinend nicht stellen. Bereits von der Vorgängerregierung vorgeschlagene Wasserschutzgebiete wurden gleich wieder eingesammelt.
Problem: Biomasseanbau
Weitere Probleme für den Gewässerschutz hat die enorme Entwicklung des Biomasseanbaues geschaffen. Der zunehmende Umbruch von Grünland und Niedermoorflächen sowie die Nutzung kaum erntefähiger Standorte als Maisäcker erhöht weiter die Einträge von Nähr- und Schadstoffen in Grundwasser und Oberflächengewässer und lässt den Erwerb von Uferrandstreifen oder Auenbereichen zunehmend schwieriger werden.
Flächenhafte Maßnahmen bei der Umsetzung der WRRL sind aber unter der neuen Landeregierung sowieso nicht beliebt. Lieber beschränkt man sich auf punktuelle Maßnahmen zur Schaffung der Gewässerdurchgängigkeit: "Frei Fahrt für freie Fische" - auch wenn die Flossenträger oberhalb so aufwändig neu erstellter Aufstiegshilfen "nicht immer wissen, was sie da eigentlich sollen. Fehlende Ufergehölze, begradigte, vertiefte und ausgeräumte Gewässerläufe ohne Steine, Kies und Totholz sind auch für den anpassungsfähigsten "Kieslaicher" wie Meerforelle oder Bachneunauge nicht attraktiv. Flächenbezogene Maßnahmen lassen sich häufig schwieriger planen, der Erfolg ist weniger augenfällig und prestigeträchtig, für die ökologische Qualität allerdings unerlässlich. Auch die landesweite Gewässerunterhaltung ist unnötig oder überdimensioniert. Hier besteht erheblicher Veränderungsbedarf, auch wenn lokal erfreuliche Fortschritte zu verzeichnen sind.
Fazit
Die Umsetzung der EG-WRRL hat viel von ihrer Ausstrahlung und Dynamik eingebüßt. Allerdings ist trotz aller berechtigter Kritik, z.B. auch am bürokratischen Aufwand, einiges in Bewegung gekommen, haben Akteure und Interessengruppen an den Gewässern zueinander gefunden und manches für die Gewässer erreichen können. Trotzdem besteht die erhebliche Gefahr, dass die EG-WRRL mit allen ihren Chancen und Möglichkeiten vor allem den Interessen der intensiven Landwirtschaft geopfert wird - da hilft denn auch die vorbildliche Öffentlichkeitsarbeit nicht weiter.
Der fachgerechten Begleitung der Umsetzung der EU- Wasserrahmenrichtlinie misst der NABU in Schleswig-Holstein eine hohe Bedeutung zu. Die dafür eingerichtete NABU-Landesstelle Wasser koordiniert und begleitet fachlich alle Aktivitäten des NABU. Mehr →
Naturschutzorganisationen BUND, NABU, LNV und WWF fordern Taten zum Thema Gewässerschutz. Der NABU berichtet. Mehr →