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Jetzt Mitglied werden!Vom Aussterben bedrohter Europäischer Aal erhält auch 2024 keinen effektiven Schutz
EU-Maßnahmen vermögen den Aal nicht zu retten
Der NABU Schleswig-Holstein zeigt sich entsetzt darüber, dass die EU auch im kommenden Fischereijahr dem vom Aussterben bedrohten Aal keinen angemessenen Schutz zukommen lassen wird. In der jährlichen Sitzung der Fischereiminister diese Woche wurde selbst der wenig ambitionierten Vorlage der EU-Kommission nur in Teilen entsprochen.
Özdemir sprach in Brüssel vergeblich gegen Aufweichung der Schonzeit
Das sechsmonatige Aalfangverbot in marinen EU-Gewässern, das die Abwanderung der letzten Aale ins Laichgebiet sichern soll, bleibt zwar bestehen, wurde aber zugleich abgeschwächt durch einen „Joker“ für die Fischerei. Diese kann sich einen der Schließungsmonate auswählen, in der das Verbot ausgesetzt wird. Das ist fatal, denn in vielen Ländern findet ein großer, wenn nicht der der größte Teil des Fangs ohnehin in nur einem Monat statt. Der NABU würdigt daher, dass der deutsche Fischereiminister Cem Özdemir sich für die Ablehnung dieses Schlupflochs einsetzte und damit für den in diesem Rahmen größtmöglichen Schutz plädierte.
Internationale Wissenschaftler*innen fordern europaweites Fangverbot
Aaleaussetzen nachweislich nicht zielführend für die Arterhaltung
Der Internationale Rat für Meeresforschung als offizielles EU-Beratungsgremium sowie das bundeseigene Thünen-Institut setzen sich seit Jahren vehement für ein komplettes europaweites Fangverbot des Aals in allen Lebensstadien ein. Seit eine aufwändige Evaluation 2020 mit der Erkenntnis endete, dass die beliebten Aalbesatz-Aktionen definitiv nicht zum Erhalt der Art, sondern mutmaßlich sogar eher zum Aussterben beitragen, mahnen die führenden Fischerei-Wissenschaftler aus ganz Europa, diese kontraproduktive Maßnahme sofort einzustellen und stattdessen auf die Verbesserung der Lebensräume und den Abbau von Barrieren zu setzen.
Währenddessen feiert man in Schleswig-Holstein wider besseres Wissen unbeirrt weiterhin das sogenannte „Aalutsetten“ als angebliche Artenschutzmaßnahme zur Rettung des Aals wie ein Volksfest.
EU-Staaten verletzen festgelegte Grundsätze zur nachhaltigen Fischerei
Etwa 50 Tonnen der winzigen Glasaale fischt Frankreich jedes Jahr vor der Atlantikküste weg und verkauft den größten Teil der Tiere EU-weit für den Besatz. Die EU legte seinerzeit fest, dass der Besatz nur kurzfristig durchgeführt werden dürfe und 40% Abwanderung zur Reproduktion nachgewiesen sein müssen, um als nachhaltige Erhaltungsmaßnahme anerkannt zu werden. Nach der Überprüfung hat jedoch keine einzige Besatzmaßnahme in Europa eine Abwanderung über einen einstelligen Prozentbereich hinaus erreicht. Die eigenen Grundsätze zur nachhaltigen Fischerei werden daher eklatant verletzt. Das gilt auch für Deutschland, wo jährlich Abermillionen Jungaale zur Wirtschaftsförderung und für den Freizeitsport ausgesetzt werden.
Das Fischereiministerium Schleswig-Holstein setzt sich in Berlin weiterhin dafür ein, mit dem Aalbesatz den letzten Fischerinnen und Fischern noch ein Auskommen zu sichern und ihnen damit eine Alternative zum Fang von Dorsch und Hering zu bieten. Denn Dorsch und Ostseehering sind fast weg, konstatiert man realistisch. Die Tradition der Aalfischerei solle man Schleswig-Holstein nicht nehmen, hieß es jüngst in einer entsprechenden Verlautbarung.
„Was ist das für eine absurde Politik, die befürwortet, die letzten Fische ihrer Art zu opfern? Im Gegenteil wird damit für folgende Generationen das endgültige Aus der Fischerei und Ihrer Traditionen durch die Landesregierung sogar noch beschleunigt“ kritisiert Dagmar Struß, Leiterin der NABU Landesstelle Ostseeschutz.
Der NABU fordert Bund und Länder auf, alle Maßnahmen einzustellen, die das Aussterben des Aals vorantreiben
Nur totaler Fangstopp und besserer Gewässerschutz sichern das Überleben der Art
Die EU gibt den Mitgliedsstaaten einen Maßnahmenkatalog vor, der den Aal retten soll. Diese Maßnahmen werden vor Ort durch sog. Aalbewirtschaftungspläne umgesetzt. Deutschlandweit bilden fatalerweise immer noch die kontraproduktiven Besatzmaßnahmen den Löwenanteil in diesen Plänen. Der NABU Schleswig-Holstein fordert Bund und Länder auf, endlich Verantwortung für die aussterbende Art zu übernehmen und nur Maßnahmen in die eigenen Pläne aufzunehmen, die nachgewiesenermaßen dem Schutzziel dienen. Dazu gehört z.B. ein Verbot der Sportfischerei auf den Aal auch im Binnenland und eine konsequente Qualitätsverbesserung der Binnengewässer.
Stand: DSt, 15.12.2023