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Jetzt Mitglied werden!Gülle in die Winterlandschaft?
NABU fordert Einhaltung der Düngeverordnung
Es stinkt zum Himmel! Jeden Winter melden sich Bürger - teils anonym - beim NABU und haben nur eine Frage: Ist es erlaubt, dass Landwirte trotz gefrorenem Boden und auch in der Nähe von Gewässern Gülle großflächig ausbringen? Kann der NABU etwas dagegen tun? Der Sachverhalt ist einfach geklärt, die Frage eindeutig zu beantworten. Nein - Gülle und gefrorener Boden passen auch rechtlich nicht zusammen. In Gewässer darf Gülle erst recht nicht gelangen.
Lange andauernder Frost bringt Tiere haltende Landwirte mehr und mehr in Bedrängnis: Die bei der Haltung von Kühen und Schweinen anfallende Gülle darf nach der Düngeverordnung des Bundes zum Schutz der Gewässer bei gefrorenem Boden grundsätzlich nicht ausgebracht werden, um ein Ausschwemmen der das Wasser gefährdenden Inhaltsstoffe zu vermeiden. Doch die Güllebehälter der Landwirte sind nach einem frühen Winterbeginn vielfach randvoll. Selbst wenn die Temperaturen tagsüber ins Positive drehen, sind die Böden noch längst nicht aufgetaut, da manchmal in der Nacht weiterhin Bodenfrost zu erwarten ist.
Rechtliches
Die Düngeverordnung des Bundes untersagt in § 6, 8 grundsätzlich das Aufbringen von Gülle und Jauche auf Ackerland nach der Ernte bis zum 31. Januar, auf Grünland in der Zeit vom 1. November bis 31. Januar. Der Zeitraum kann von den Bundesländern allerdings um bis zu einen Monat verschoben werden, ohne den Gesamtzeitraum, in dem keine Düngemittel ausgebracht werden dürfen, zu verkürzen. Auf Antrag können in Schleswig-Holstein ohne Verkürzung des Gesamtzeitraums bereits ab dem 15. Januar Düngemittel unter Auflagen aufgebracht werden. Die Düngeverordnung verbietet aber in § 5 Abs. 1 das Aufbringen von Gülle und anderen stickstoff- und phosphathaltigen Düngemitteln auch, wenn der Boden "überschwemmt, wassergesättigt, gefroren oder schneebedeckt ist". Im Sinne der Düngeverordnung gilt ein Boden als gefroren, wenn er durchgängig gefroren ist und im Verlauf des Tages nicht oberflächig auftaut. Die Aufbringung von Nährstoffen auf gefrorenem, aber oberflächig aufgetautem Boden ist zu unterlassen, wenn ein Abschwemmen der aufgebrachten Nährstoffe von der Fläche zu befürchten ist.
Rechtswidrige Empfehlung
Im den Jahren bis 2012 Jahr hatte das damalige MLUR die Wasserbehörden der Kreise zunächst aufgefordert, ein Aufbringen von Gülle im Notfalle zuzulassen, statt zusammen mit der Landwirtschaft ein effizientes Kriesenmanagment zu entwickeln. Offensichtlich war man in Kiel trotz der negativen Erfahrungen aus Kältewintern und einem regen Interesse der Öffentlichkeit nicht klüger geworden. Ein Krisenmanagement fand nach den Erfahrungen der Anwohner mit der Praxis nicht statt. Hilfen waren nicht erkennbar.
Neue Maßnahmen, um den Nitrateintrag in die Gewässer Schleswig-Holsteins zu reduzieren, haben erst seit dem Jahr 2012 begonnen. So trugen intensive Kontrollen des zuständigen Landesamts für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume nach Angaben des MELUR (PM vom 22. November 2012) dazu bei, dass weniger Gülle und Gärreste rechtswidrig auf abgeerntete Maisfelder ausgebracht wurden. Außerdem hat das Land einmalig ein Förderprogramm zur Ausweitung von Gülle-Lagerkapazitäten aufgelegt, das innerhalb kurzer Zeit sehr gut angenommen wurde.
Düngeverordnung eindeutig
Die Düngeverordnung des Bundes verbietet in § 5 Abs. 1 das Aufbringen von Gülle und anderen stickstoff- und phosphathaltigen Düngemitteln, wenn der Boden "überschwemmt, wassergesättigt, gefroren oder mit Schnee bedeckt ist". Ausnahmen sieht die Düngeverordnung nur bei angetautem Boden vor. Damit soll ein Abschwemmen der Inhaltsstoffe und die Verseuchung angrenzender Gewässer, wie sie Anfang März 2010 etwa im Riesewohld / Kr. Dithmarschen massiv auftraten, vermieden werden. Die Düngeverordnung untersagt dabei grundsätzlich das Aufbringen von Gülle und Jauche auf Ackerland in der Zeit von der Ernte bis 31. Januar, auf Grünland in der Zeit vom 1. November bis 31. Januar. Damit steht fest, dass das Ausbringen zu dieser Zeit generell illegal war. Die aufgebrachte Gülle ist zudem mit den folgenden starken Niederschlägen, die in Niederungen teils auch zu Überschwemmungen geführt haben, in Gewässer ausgeschwemmt worden.
Landwirte, die noch nicht über ausreichende Lagerkapazitäten verfügen, geraten oftmals in Folge von frühen und länger anhaltenden Frost- und Schneelage in Schwierigkeiten. Die Güllebehälter sind erneut voll und drohen überzulaufen. In verschiedenen Landesteilen, so u.a. auf Eiderstedt, an der Schlei und bei Rendsburg hatten Landwirte nach Meldungen an den NABU regelwidrig ihre Gülle auf die gefrorenen Böden aufgebracht.
NABU-Appell an Landwirtschaftsministerium
Der NABU macht auf die bestehende Gesetzeslage aufmerksam und appellierte 2011 an das Landwirtschaftsministerium, die Zusammenarbeit mit den Verbänden der Landwirtschaft, der Landwirtschaftskammer und den Landwirten zu nutzen, selbst aktiv zu werden und endlich nach gesetzeskonformen Alternativen zu suchen. Offensichtlich wurde es seitens des damaligen MLUR trotz der Erfahrungen aus den vergangenen Wintern zunächst versäumt, Regelungen und Handreichungen zu erarbeiten, um eine derartige Situation rechtskonform abfangen zu können.
Mögliche Maßnahmen sind dabei:
- Landwirte helfen Landwirten. Landwirte mit Reserverkapazitäten stellen ihre Güllebehälter Kollegen mit gefüllten Behältern zur Verfügung.
- Biogasanlagen können mögliche Überkapazitäten aufnehmen. Damit kämen sie dem ursprünglichen Zweck, bevorzugt Reststoffe für die Gewinnung von Energie zu verwerten, näher.
- Viele Klärwerke haben Reservebecken für Abwässer. Dort können die Übermengen zur Not zwischengelagert werden, bis sich die Lage entspannt hat und ein Ausbringen möglich wird.
Lösungen müssen rechtzeitig mit den zuständigen Behörden abgestimmt werden.
Kürzungen bei EU-Subventionen
Wenn ein Landwirt unzulässig und ungerechtfertigt Gülle auf Schnee ausbringt, macht er sich u. U. nicht nur strafbar. Er riskiert auch eine Kürzung seiner EU-Subventionen. Der NABU rät daher, Verstöße gegen die Gülleverordnung unter Angabe der betroffenen Fläche, dem Ausbringungszeitpunkt und möglichst fotografisch belegt dem zuständigen Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume LLUR zu melden (LLUR, Abtl. Landwirtschaft, Hamburger Chaussee 25, 24220 Flintbek, Tel. 04347-7040). In Fällen von Gefahr in Verzug wird auch die Umweltpolizei tätig.
ILu, akt. 21. Januar 2019
Wichtige Links
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