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Jetzt Mitglied werden!Die Levensauer Hochbrücke in Kiel-Suchsdorf
Winterquartier am Nord-Ostseekanal für 6.000 Fledermäuse
Die Brücke bei Kiel Suchsdorf ist mit über 120 Jahren die bei weitem älteste der Kanalbrücken, die Fahrbahn befindet sich 42m hoch über dem Wasserspiegel. Der Stahlbogen ist in zwei mächtige, gemauerte Widerlagertürme eingespannt, in denen sich jeweils eine geräumige Widerlagerhalle befindet.
Bedeutung
Bereits in den 1970er Jahren wurde festgestellt, dass eine größere Ansammlung von Abendseglern versteckt in tiefen Dehnungsfugen dieser Widerlagerhallen überwintert. Sie fliegen durch die großen Gewölbefenster in die Spalten in 16 Metern Höhe. Diese sind 2- 3 cm breit und über einen Meter tief. In den 1990er Jahren konnten hier in beiden Widerlagern viele Tausend dieser größten in Schleswig-Holstein lebenden Fledermausart gezählt werden. Es handelte sich damals um das größte bekannte Winterquartier der Art in Mitteleuropa.
Insgesamt konnten fünf verschiedene Fledermausarten in der Levensauer Hochbrücke nachgewiesen werden: Der Große Abendsegler, die Zwergfledermaus, die Wasserfledermaus, die Teichfledermaus und die Breitflügelfledermaus. Während die drei letztgenannten Arten nur in Einzelexemplaren zu finden waren, konnten die Zwergfledermaus mit einigen hundert und der Große Abendsegler gar mit mehreren tausend Tieren überwinternd beobachtet werden. Die Größe der Überwinterungspopulation beim Großen Abendsegler wurde 1993 durch ein vom Kieler Umweltministerium finanziertes Forschungsprogramm näher untersucht.
Umfangreiche wissenschaftliche Beobachtungen
Zur Beobachtung der Tiere installierten Mitarbeiter des Arbeitskreises Wildbiologie (Uni Gießen) zusammen mit dem Betreuer dieses Winterquartiers, Carsten Harrje (AGF-NABU), eine Infrarotvideoanlage und Ultraschallaktivitätsmelder, mit denen die im März ausfliegenden Abendsegler registriert wurden.
Nach der Auswertung der Videoaufnahmen und den im Computer festgehaltenen Aufzeichnungen kamen die Wissenschaftler auf einen Überwinterungsbestand von ca. 5.000 (!) Tieren. Damit war die Levensauer Hochbrücke das größte in den 1990er Jahren bekannte Winterquartier von Großen Abendseglern in Mitteleuropa. Die Ultraschallmelder waren ein Jahr lang in einem der beiden Widerlager angebracht, so dass die Anwesenheit fliegender Fledermäuse kontinuierlich festgehalten wurde. Dabei wurde u.a. erstmals festgestellt, dass auch die Großen Abendsegler im August ein Schwarmverhalten wie die Wasserfledermäuse der Segeberger Höhle vor ihrem Winterschlaf zeigten.
Levensauer Fledermausnächte
Jeweils im August ergeben sich gute Beobachtungsmöglichkeiten, wenn sich Fledermäuse aus ihren Schleswig- Holsteinischen Sommerquartieren hier für wenige Nächte einfinden. In großer Zahl schwärmen Abendsegler und Zwergfledermäuse dann rund um die Brücke und erkunden ihr späteres Winterquartier. Dieses intensive Schwärmverhalten wurde in den Folgejahren dazu genutzt, die Fledermäuse auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Mit diesen über viele Jahre hinweg veranstalteten „Levensauer Fledermausnächten“ wurde das Fledermausquartier weit über die Region hinweg bekannt.
Das Quartier im Wandel der Zeit
Seit den 1990er Jahre hat sich die Zusammensetzung der überwinternden Fledermausarten jedoch deutlich verändert: Die Anzahl der Abendsegler ist heute, im Jahr 2015, auf etwa 1.000 Tiere zurückgegangen, während Zwerg- und Fransenfledermäuse einen deutlichen Bestandsanstieg zeigten. Seit 2008 untersucht der Biologe K. Kugelschafter die Zusammensetzung der einzelnen Arten der Levensauer Überwinterungspopulation mit einer Fotofalle.
Brückenneubau steht unmittelbar bevor
Seit vielen Jahren nimmt die Größe der den Kanal passierenden Hochseeschiffe beständig zu. Wegen der daher notwendig gewordenen Kanalverbreiterung muss nun auch die Levensauer Kanalhochbrücke durch einen breiteren Neubau ersetzt werden. Die Planer haben das Ziel, das südliche Widerlager als Fledermauswinterquartier unter der neuen Brücke zu belassen und den Kanal nur auf der nördlichen Seite zu verbreitern. Als Vorbereitung für den bevorstehenden Abriss des Nordlagers werden die auf diesen Quartierteil fokussierten Fledermäuse seit 2014 durch zeitweises Verschließen der Einflugsöffnungen auf ein Ausweichen zum Südlager hin trainiert.
Bereits im Winter 2014/15 überwinterten 5.000 der 6.000 Fledermäuse im Südlager. Die damit verbundene Zunahme der im Südlager schwärmenden und überwinternden Zwerg-, Fransen- und Wasserfledermäuse belegt den Erfolg der Umsiedlung. Leider akzeptierten die Abendsegler die Umsiedlung bislang nicht. Sie überwintern weiterhin im Nordlager.
CHa 27. Februar 2015
Die Fledermausarten im Brückenlager
Der Große Abendsegler ist eine große Fledermausart mit einer Flügelspannweite von etwa 32 bis 40 cm. Abendsegler haben ein kurzes, eng anliegendes Fell mit einfarbig rostbrauner Farbe. Das Rückenfell hat einen samtartigen, fettig wirkenden Glanz. Mehr →
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Die Fransenfledermaus ist sowohl "Hausfledermaus" als auch "Waldfledermaus". Sie besiedelt als mittelgroße Fledermaus im Sommer sowohl Gebäude als auch Baumhöhlen. Wochenstuben befinden sich in Hohlräumen von Außenwandverkleidungen und in Zwischenwänden. Mehr →
Die Mückenfledermaus ist wie die Zwergfledermaus unsere kleinste schleswig-holsteinische Fledermausart. Beide wiegen nur so viel wie ein Stückchen Schokolade und passen theoretisch in eine Streichholzschachtel. Im Flug wirken sie etwa so wie ein Spatz. Mehr →
Obwohl Breitflügelfledermäuse mit einer Spannweite von 32 bis 38 cm zu unseren größten Fledermäusen zählen, verstecken sie sich am Tage meist so gut in engen Spalten, dass man die Tiere kaum einmal zu sehen bekommt.
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Ihren Namen haben Wasserfledermäuse aufgrund ihrer speziellen Jagdweise bekommen: Sie jagen am liebsten über stehenden und fließenden Gewässer. Die Wasserfledermäuse jagen dort in wenigen Zentimetern Abstand über der Wasseroberfläche. Mehr →