Buckelwal in der Ostsee
Erneut Buckelwal in der Flensburger Förde gesichtet
Neu: Chronik der Sichtungen auf separater Seite
Zur besseren Übersicht finden Sie / findet Ihr nun die Sichtungen chronologisch geordnet auf einer separaten Seite.
Zur ChronikÜber Sichtungsmeldungen (Ort, Datum Uhrzeit), Fotos und Berichte würden wir uns sehr freuen! Bitte an die Adresse Dagmar.Struss@NABU-SH.de oder über Mobil-Messenger (WhatsApp, Signal, Threema) an: +49170-9611081.
UPDATE!
10. April | Buckelwal besucht Kiel
Nachdem der Buckelwal in der Flensburger Außenförde zuletzt am Vorabend beobachtet wurde, taucht er am Mittwoch in Kiel auf. Im Hafen der Wassersport-Vereinigung Mönkeberg e.V. entsteht ein spektakulärer Film mit dem Handy, auf dem diesmal auch der Kopf des Tieres sehr gut zu sehen ist. Anschließend zieht der Koloss Richtung Heikendorf weiter und wird dabei an der Seebrücke Kitzeberg beobachtet.
Spannend ist die Meldung eines weiteren großen Wals am 8.4. vor Putgaarden, wo "unser" Buckelwal zu dieser Zeit nicht gewesen sein kann.
Bitte nutzen Sie auch unsere ausführliche separate Seite mit der Chronik der Sichtungen.
9. April | Buckelwal erneut in Flensburg
Gestern Abend (8.4.2024) saß Noah Primke mit weiteren Personen zusammen gegen 22:00 Uhr am Flensburger Kanalschuppen kurz vor der Hafenspitze.
"Alles war ruhig, bis da auf einmal direkt vor uns neben den Bootsliegeplätzen dieses unfassbar laute Auspusten kam und man die viele Bewegung auf dem Wasser sah. Es schien dann so als hätte der Wal gedreht und wäre wieder aus dem Hafen rausgeschwommen, da er danach wie vom Erdboden, ohne ein Geräusch, verschluckt war."
Einige Stunden später am frühen Morgen (9.4.2024, gegen 6.30 Uhr) war Noah Primke mit seiner Freundin erneut vor Ort und hatte tatsächlich zum zweiten Mal Glück - diesmal mit mehr Licht und Handykamera:
"Von der alten Fischperle aus sah meine Freundin, wie der Buckelwal auf der gegenüberliegenden Seite vor der Museumswerft auftauchte und Richtung Hafenspitze schwamm. 500 Meter weiter, kam er wieder zum Luftholen nach oben und schien seinen Kurs zu ändern. Nur wenige Minuten später war der Buckelwal direkt vor ihren Füßen an der Kaikante. Man sah erst seine sehr weißen Seitenflossen und seinen Umriss knapp unter der Wasseroberfläche, und dann tauchte er wieder auf und pustete aus. Diesmal gelang in der Hektik gerade so noch ein Video vom Buckelwal."
Die Sichtung spielt sich in den ersten Sekunden ab ;-)
Die vermutlich letzte Sichtung des heutigen Abends kommt aus der Flensburger Außenförde. Um 20.00 Uhr erfreute der Buckelwal Familie Gergolla, die ihn vor dem Strand Mühlendamm (Quern) mehrfach auftauchen sah. Es wird berichtet: "Auch das Blasen konnten wir sehen und hören. Er schwamm Richtung Neukirchen /Habernis. Welch tolles Erlebnis!"
8. April | Buckelwal heute 9 Uhr im Flensburger Hafen gesichtet
Heute morgen (8.4.2024) gegen 9 Uhr wurde der Buckelwal im Flensburger Hafen gesichtet. Annika Nielsen und Tom Ole Hartelt waren die Glücklichen, die von ihm ein schönes Foto mit der Flensburger Hafenkante im Hintergrund aufnehmen konnten.
Zwischenzeitlich meinte man, dass der Wal Richtung Süden unterwegs war, als er am Samstag an der Eckernförder Mole aufgetaucht ist, wo er fotografiert wurde. Doch noch am gleichen Tag wurde er auf Höhe Booknis/Waabs gesichtet, wo er bereits wieder Richtung Norden reiste.
Gestern am späten Nachmittag (7.4.) wurde er dann von Arne Hansen bereits wieder auf der dänischen Seite der Flensburger Förde gesichtet. Der Buckelwal war unter der Egernsund-Brücke hindurchgeschwommen ins Nybøl Nor. Im Norden/Nordosten des Noors schwamm er hin und her, zeigte sich oft und blies Wasserfontänen, berichtete Hansen begeistert.
Mit Sicherheit kann man nun sagen, dass der rund 12 Meter lange Buckelwal allein unterwegs ist, so wie es für diese Art auch üblich ist. Vor genau einer Woche tauchte er vor Haverdal (Schweden) im Kattegat auf. Zumindest ist zu vermuten, dass es sich um dasselbe Tier handelte, dass in Richtung Ostsee unterwegs war. Es wurde hier von der Seglerin Sonja Giesecke gesichtet, die die Begegnung als „beängstigend und zugleich beeindruckend“ beschrieb, als der Wal – länger als ihr 10 Meter langes Boot – bei ihr auftauchte.
7. April | Möglicherweise „nur“ ein einziger größerer Buckelwal unterwegs
Aus seriöser Quelle haben wir die Nachricht erhalten, dass es sich um einen einzigen Buckelwal von rund 12 Metern Länge handelt.
Möglicherweise hatten die Augenzeugen aus Glücksburg die Sichtung nicht richtig eingeschätzt, als sie von zwei Tieren berichteten. Ein so großer Wal vermittelt in einem kleinen Hafen durchaus den Eindruck, dass an mehreren Stellen gleichzeitig ein Tier auftaucht.
Falls es sich um ein männliches Tier handelt, so wäre dieses vermutlich (nahezu) ausgewachsen. Weibliche Tiere werden dagegen im Schnitt 15 Meter lang. Dass es sich um einen Buckelwal handelte, hatte Walexperte Andreas Pfander bereits zweifelsfrei anhand des im Internet kursierenden Handyfilms ermitteln können, in dem knapp unter der Wasseroberfläche die beim Buckelwal besonders langen, weißen Brustflossen (=Flipper) deutlich zu sehen waren (Verlinkungen siehe unten auf der Seite). Diese Flipper waren ebenfalls von einigen Menschen, die den Film sahen, irrtümlich als zwei Wale interpretiert worden.
Die beiden Wale, die 2014 in der Förde auftauchten, hatten zwischenzeitlich getrennte Wege genommen, um dann aber eine Weile später wieder gemeinsam vor Apenrade aufzutauchen. Es wird also in unserem aktuellen Fall spannend bleiben. Fakt ist jedoch – solange nicht neues Bildmaterial auftaucht – dass sich aktuell nur ein Tier wirklich belegen lässt. Die anfängliche Aussage, es könne sich um Mutter und Kalb handeln, kann man nun wohl ausschließen.
2016 hielt sich ein junger Buckelwal monatelang im Greifswalder Bodden auf, wurde immer mal wieder gefilmt und erlebte bei stürmischer See sogar einen Zusammenstoß mit einem Segelboot bei Rügen, der ihn aber offenbar nicht beeinträchtigte. Bei ihm wird gemutmaßt, dass er den Weg aus der Ostsee hinausfand, weil er irgendwann verschwand und nirgendwo angeschwemmt gefunden wurde.
Die Schwanzflosse (Fluke) von Großwalen sind wie ein Fingerabdruck. Nach ihm bekommen die Wale eine Nummer, zuweilen sogar einen Namenszusatz, mit dem sie in ein weltweites Register eingetragen werden. Sollte von „unserem Fördewal“ ein solches Glücksbild aufgenommen werden, so könnte es möglicherweise eine Geschichte erzählen.
5. April | Buckelwale in der Flensburger Förde gesichtet
Trotz des grauen Wetters bot die Flensburger Förde am heutigen 5. April 2024 ein seltenes Naturspektakel: Zwei Buckelwale wurden zwischen Flensburg und den dänischen Ochseninseln gesichtet. Die Förde, bekannt als bedeutende Kinderstube der Schweinswale, war somit Schauplatz für die weitaus größeren Buckelwale.
Jan Philip Leon von der Hanseatischen Yachtschule ergriff die Chance und filmte die Wale, die bis in den Hafen von Glücksburg-Quellental schwammen, mit seinem Handy. Das Video, das mehrere Minuten umfasst, bietet einen seltenen Einblick in das Verhalten dieser majestätischen Tiere in ungewöhnlicher Umgebung. Obwohl spekuliert wurde, dass es sich um eine Mutter mit ihrem Kalb handeln könnte, lässt das Filmmaterial keine eindeutigen Größenunterschiede zwischen den beiden Tieren erkennen. Die Schätzungen ihrer Längen deuten darauf hin, dass möglicherweise auch zwei Jungtiere beobachtet werden konnten.
Die Identifizierung der Tiere als Buckelwale wurde von Andreas Pfander, einem erfahrenen Walexperten aus Kappeln an der Schlei, zweifelsfrei vorgenommen. Pfander, der sich seit über 45 Jahren dem Studium der Wale in der Ostsee widmet, gilt als Pionier im Schutz der Schweinswale in Schleswig-Holstein, hat sich darüber hinaus aber auch international als Walschützer einen Namen gemacht.
Die aktuelle Sichtung von Buckelwalen in der Flensburger Förde knüpft an ein bemerkenswertes Ereignis an, das sich vor zehn Jahren ereignete. Am 7. Juli 2014 registrierte das Zollschiff „Holnis“ in den späten Nachmittagsstunden zwei Buckelwale nahe dem Leuchtturm Kalkgrund, nördlich der Geltinger Birk. Diese Sichtung blieb in den folgenden Tagen ein Gesprächsthema, als die Wale auf ihrem Weg in Richtung Sonderburg mehrfach gesichtet und fotografiert wurden.
Ein Highlight jener Tage war das Foto eines springenden Buckelwals, aufgenommen von Anegrethe und Sören Bomholt, die zur Zeit der Sichtung mit ihrem Segelboot unterwegs waren.
Die Sichtung der Buckelwale in der Flensburger Förde, so faszinierend sie auch sein mag, wirft zugleich Zweifel daran auf, dass die Tiere hier mittelfristig ein Auskommen haben. Dagmar Struß, Leiterin der NABU Landesstelle Ostseeschutz äußert ihre Bedenken: „Es ist zu hoffen, dass die Buckelwale die Ostsee baldmöglichst wieder verlassen. Die laute und schadstoffbelastete Ostsee stresst die Meeressäuger. Fischernetze stellen in dem stark wirtschaftlich genutzten Binnenmeer ebenfalls eine große Gefahr dar. So ist 2016 bereits ein Buckelwal der Fischerei in der Danziger Bucht ins Netz gegangen, der aber von Beamten der Wasserschutzpolizei und des polnisches Grenzschutzes befreit werden konnte.“
Besonders groß ist die Gefahr, dass die großen Bartenwale auf der vergeblichen Suche nach Nahrung in der Ostsee abmagern.
Die Problematik wird durch die schwindenden Fischbestände verschärft, eine direkte Folge jahrzehntelanger Überfischung. Hinzu kommen Eutrophierung durch an erster Stelle landwirtschaftliche Nährstoffeinleitungen und schließlich der fortschreitende Klimawandel.
Obwohl Buckelwale vorrangig Krill zu sich nehmen, bilden kleinere Fische einen Teil ihrer Ernährung – so vermutlich auch die letzten Schwärme des Ostseeherings. Doch was als potenzielle Nahrungsquelle erschien, entpuppt sich in der Realität als trügerisch. Selbst für Fischer sind die Heringbestände in der Ostsee kaum noch eine zuverlässige Lebensgrundlage.
Diese Umstände betonen die Dringlichkeit von Schutzmaßnahmen für die maritime Umwelt der Ostsee und die Notwendigkeit, die Lebensbedingungen für ihre Bewohner zu verbessern. Die Sichtungen der Buckelwale dienen als eindrucksvolle Erinnerung an die Schönheit und Fragilität maritimen Lebens, gleichzeitig aber auch als Weckruf, die Ostsee als einen Lebensraum zu bewahren, der sowohl seine tierischen als auch menschlichen Bewohner ernähren und schützen kann. Ein Aktionsplan kann ein erster Schritt dahin sein, der jedoch ohne verpflichtende Einbindung der Landwirtschaft schon einen wichtigen Problemfaktor ausklammert.
Die Faszination für Wale in der Ostsee und die Geschichten, die sich um diese sagenumwobenen Meeresbewohner ranken, sind in der regionalen Kultur und Geschichte verankert. „Besuchswale“, also die gelegentliche Anwesenheit von Walen in der Ostsee, sind keineswegs ein neues Phänomen. Es spiegelt die natürliche Neugier und das Erkundungsverhalten der Tiere wider, die gelegentlich unbekannte Pfade erkunden, möglicherweise auf der Suche nach neuen Nahrungsgründen.
Andreas Pfander, ein Veteran im Bereich des Walschutzes, hat in Zusammenarbeit mit dänischen Kollegen (Thyge Jensen †, Carl Kinze) umfangreich zu diesem Thema geforscht und publiziert. Seine Arbeiten beleuchten nicht nur die historischen Walsichtungen in der Ostsee, sondern sind auch ein wichtiger Teil der Heimatgeschichte Schleswig-Holsteins. Dank Pfanders Engagement bleiben diese Geschichten lebendig. So erinnert das Ostsee Infocenter Eckernförde auf Pfanders Initiative jährlich im Sommer an einen Buckelwal, der vor mehr als 250 Jahren in der Eckernförder Bucht nach einer Verfolgungsjagd strandete. Dieses Ereignis bietet Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen eine wertvolle Bildungschance, um mehr über Meeresäuger und ihre Lebensräume zu erfahren.
Ein weiterer lokaler Gedenktag ist der Waltag von Westerholz im August, der an einen vor über 100 Jahren erlegten Finnwal erinnert. Diese alten, aber auch neu geschaffenen Traditionen und Gedenktage verdeutlichen die Verbundenheit der Menschen mit dem Meer und seinen Bewohnern sowie die Bedeutung des maritimen Erbes für die Region.
Pfander, dessen größte Leidenschaft demSchutz des einzig heimischen deutschen Wals, dem Schweinswal gilt, trägt mit seiner Arbeit dazu bei, das Bewusstsein für den Schutz der Wale zu schärfen und die Öffentlichkeit über die Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen aufzuklären. Durch die Fortführung seiner wertvollen Chronik sichert Pfander zudem das Wissen um die „Besuchswale“ an der deutschen Küste und leistet einen unersetzlichen Beitrag zum maritimen Naturschutz.
DSt, 11.04.2024