Der NABU ist aktiv, um unser Naturerbe zu erhalten. Damit Sie auch weiterhin heimische Tiere und Pflanzen erleben können, braucht der NABU Ihre Unterstützung - am Besten noch heute!
Jetzt Mitglied werden!Natur- und Tierschutz im NABU
Von Pflegestationen und Artenschutzzentren
Im NABU spielt der Tierschutz in manchen Sachzusammenhängen durchaus eine Rolle. Programmatisch wird der Tierschutz beim NABU in Positionen zur Falknerei und beim Wildvogelhandel bemüht, ebenso bei der Positionierung des NABU zur Bau- und Fallenjagd, Jagd auf streunende Katzen und Hunde und dem Schrotschuss auf Wasservögel. Weiterhin kontrovers diskutiert wird die Positionierung des NABU zu gewerblichen Tierhaltungen.
Der NABU fühlt sich jedoch primär wildlebenden Tieren verpflichtet. Deren Schutz kann als eine Norm des Naturschutzes gelten. Bei seltenen und gefährdeten Arten ist das offenkundig. Je bedrohter eine Art ist, desto wichtiger wird auch das Individuum. Viele Mitglieder des NABU begründen ihr Engagement allerdings zuvorderst mit diesem Interesse am Einzelindividuum, etwa bei der Sorge um „ihre“ Amsel im eigenen Lebensumfeld. Beim am Individuum orientierten Artenschutz sind Aktivitäten wie die Vogelbeobachtung, Nistkastenbetreuung, Winterfütterung, Nestbewachung etc. besonders beliebt. Übersteigert ist diese Tierschutzmotivation jedoch dann, wenn natürliche Räuber-Beute-Beziehungen nicht mehr akzeptiert werden. Dies führt zu innerverbandlichen Konflikten, etwa bei der mit Naturschutzbelangen nicht kompatiblen Forderung, Beutegreifer wie Rabenvögel zu bekämpfen.
Manche Räuber-Beute-Beziehungen — insbesondere Neozoen betreffend — sind jedoch keineswegs natürlich, so dass Eingriffe zur Bekämpfung eingeschleppter oder eingebrachter Neo-Prädatoren auch ethisch legitim sein können. Dabei ist aus Naturschutzsicht allerdings zu unterscheiden, ob Neozoen für bestimmte gefährdete Tier- und Pflanzenarten eine Bedrohung darstellen oder nicht. Deren Anwesenheit ist daher per se noch kein Grund, sie zu bekämpfen. Ein Zwang zum Eingriff ergibt sich nicht. Die Position des Eingreifens setzt ein Konzept des ökologischen Schadens voraus. Dieses Konzept ist jedoch irreführend — und zwar insofern, als es einen objektiv ermittelbaren Sollzustand des Ökosystems suggeriert. Den gibt es aber nicht, da Ökosysteme im Gegensatz zu Organismen nicht zielgerichtet (teleonom) konzipiert sind. „Ökologischer Schaden“ könnte somit bedeuten, „Schaden unter Bezug auf menschliche Interessen“, der aber in aller Regel wiederum im Naturschutz nicht gemeint ist (Nach GORKE, M. (2010): Eigenwert der Natur — Ethische Begründung und Konsequenzen).
Artenschutzzentren und Pflegeeinrichtungen
Pflegestationen stellen einen besonders praxisbezogenen Fall dar, bei dem der Tierschutz zumindest deutlich mit anklingt. Pflegeeinrichtungen für Wildtiere (zumeist für Vögel) werden in der Regel – wenn überhaupt dazu Angaben zu finden sind – aber mit dem Artenschutz begründet, obwohl die Pflege von kranken und verletzten Tieren oder die Aufzucht von Jungtieren für den Erhalt der meisten Arten kaum eine größere Rolle spielen, und damit eher dem Individuenschutz zuzurechnen ist.
Beim NABU Berlin steht in dessen Einrichtung zur Vogelpflege daher das Beratungsangebot stark im Vordergrund, mit dem Ziel, ein grundloses „Einsammeln“ von Vögeln jeglicher Art zu verhindern. Die Aufnahme in die Betreuung ist hier der letzte Schritt. Eine Dauerbetreuung nicht mehr freizulassender Vögel wird abgelehnt. In der Außenkommunikation wird versucht, das Schicksal von Pfleglingen mit einer diesem zu Grunde liegenden Naturschutzproblematik zu verknüpfen. Die Bevölkerung vollzieht aber zumeist den Unterschied zwischen Tier- und Artenschutz nicht nach und ist vielfach auch nicht willens, sich diesen erklären zu lassen. Auch von Vertretern der Medien wird der Unterschied nur zum Teil verstanden. Ein Positionspapier erklärt in Berlin die Grundlagen der dortigen Pflegearbeit (SORGES, A. in litt.).
Begründet werden könnten Pflege-Aktivitäten neben dem Tierschutz auch mit einer Dokumentationsabsicht (Nachweis seltener Arten, Gefährdungsursachen wie Bleivergiftungen), Schutz der Bevölkerung vor „Eigenpflege“ bei gefährlichen oder stärker mit übertragbaren Krankheiten belasteten Arten (Reiher und Dommeln, Greifvögel, Möwen, Tauben) oder mit der Umweltpädagogik als weiterem Mittel der Heranführung von Kindern und Jugendlichen an die Natur. Für die emotionale Bindung an die Natur war in vielen Biografien von Naturschützern der eigene, direkte Umgang mit in Obhut genommenen Wildvögeln prägend, so u. a. bei KONRAD LORENZ. Pflegestationen rechtfertigen sich vor allem, wenn Tiere durch menschliche Infrastrukturen oder Aktivitäten zu Schaden kommen (Stromleitungen, Straßenverkehrsanflüge, Bleivergiftungen). Dies entspräche nach GORKE dem „Prinzip der wiederherstellenden Gerechtigkeit“.
Im Artenschutzzentrum des NABU in Leiferde / Niedersachsen steht neben einem großen Angebot an Umweltbildungsmaßnahmen vor allem der individuelle Schutz und die Haltung von heimischen wie auch exotischen, teils illegal eingeführten Wildtieren im Vordergrund. Diese Aktivitäten entfalten in der Region eine erhebliche positive Resonanz in der Bevölkerung.
ILu 27. Januar 2019
Spannungsfeld Naturschutz und Tierschutz
In der Öffentlichkeit werden Natur- und Tierschutz häufig in einen Topf geworfen, beide Begriffe gerne synonym genutzt. Doch es gibt neben grundsätzlichen Gemeinsamkeiten auch Unterschiede und Zielkonflikte zwischen beiden Anliegen. Mehr →
Tierschutz sind Aktivitäten, die Leben und Wohlbefinden von Tieren schützen, sie vor Schmerzen, Leiden und Angst oder vor Schäden bewahren und ihnen in der Obhut des Menschen ein artgerechtes Leben ermöglichen. Mehr →
Ohne Ethik geht es nicht. Sie ist die unverzichtbare Basis jeglicher Natur- und Tierschutzargumentation. Mehr →
Der Naturschutz sieht seinen Aufgabenbereich in der Bewahrung wild lebender Tier- und Pflanzenarten. Der Schutz bezieht sich auf frei lebende Populationen, nicht auf Individuen. Im Tierschutz steht demgegenüber auch das Schicksal eines Einzeltiers im Fokus. Mehr →