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Jetzt Mitglied werden!Die Saatkrähe
Der Rabe mit dem nackten Gesicht
Beschreibung
Wer im Frühjahr in der Stadt über sich zahlreiche Krähennester in den Bäumen sieht, der hat die Niststätten von Saatkrähen vor sich. Die Saatkrähe ist etwa 46 cm groß mit einem schwarzen, schillernden Gefieder. Von den anderen Krähen wie der Rabenkrähe, mit der sie häufig verwechselt wird, ist sie durch ihr nacktes, weißliches Gesicht und durch den schlankeren, spitzeren, gräulich-schwarzen Schnabel zu unterscheiden. Jungvögel sind matter schwarz und im ersten Jahr noch um den Schnabel herum voll befiedert.
Nahrung und Nahrungssuche
Das Nahrungsspektrum der Saatkrähe ist äußerst vielfältig. Obwohl tierische Nahrung pflanzlicher vorgezogen wird, macht letztere mit drei Fünftel anteilig den größeren Teil aus. Regenwürmer, verschiedene Schnakenarten, Käfer und ihre Entwicklungsstadien (vor allem Drahtwürmer, die Larven der Schnellkäfer) sowie Nacktschnecken gehören zu bevorzugten Beutetieren. Daneben werden Säugetiere wie Feld-, Erd- und Schermäuse, Maulwürfe und gelegentlich Vogelgelege verzehrt. In den Wintermonaten geht die Saatkrähe auch an Aas. Die pflanzliche Nahrung besteht aus Samen aller Art. Getreidearten überwiegen. Daneben werden auch Nüsse und Eicheln, in geringerem Maße Früchte wie Kirschen und Pflaumen und verschiedene Wildbeeren aufgenommen. Das Aufzuchtfutter der Jungen ist, wie bei fast allen Vogelarten, zu einem hohen Prozentsatz, wenn auch nicht ausschließlich, tierisch.
Schnabel als Universalwerkzeug
Die Nahrung wird von der Saatkrähe hüpfend oder schreitend am Boden gesucht. Der spitze Schnabel dient dabei als Universalwerkzeug zum Graben und Hacken sowie Sondieren und Stochern. Die Nahrungssuche ist vor allem optisch orientiert. Pflanzliche Nahrung wird vom Boden aufgelesen oder ausgegraben. Zuweilen frisst die Saatkrähe auch Maiskörner oder Sonnenblumensamen, indem sie sich direkt an die Pflanze klammert. Beutetiere werden nur kurz oder gar nicht verfolgt.
Verbreitung in Schleswig-Holstein
Verbreitungsschwerpunkte liegen im Östlichen Hügelland und in den Niederungsgebieten der Stör sowie ihrer Nebenflüsse. Gegenwärtig brüten rd. 75% des Bestandes in Städten, 1954 waren es nur 25%. Für die massive Landflucht der Saatkrähen zeichnet neben der illegalen Verfolgung der massive Grünlandumbruch zur Intensivierung der Landwirtschaft maßgeblich verantwortlich. Die für die sommerliche Nahrungsaufnahme notwendigen Flächen mit niedriger Vegetation gehen hier verloren. Die Saatkrähe kommt vor allem in Gebieten mit hoher Bodengüte vor. Ärmere Böden werden genutzt, wenn sie einen größeren Grünlandanteil aufweisen.
Um die Jahrhundertwende brüteten rd. 100.000 Brutpaare der Saatkrähe auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik, um 1950 waren es nur noch 27.000 Paare, davon 2/3 in Schleswig-Holstein. Bis 1974 hatte sich der Landesbestand nochmals auf rd. 8.400 Paare reduziert. Vor allem die starke Verfolgung durch den Menschen sowie der Einsatz von Quecksilber haltiger Agrochemie trugen dazu bei.
Erholung des Bestandes nach Unterschutzstellung
In den 80er Jahren begann nach der Unterschutzstellung (Aufnahme in die Bundesartenschutzverordnung) eine Wiederzunahme, vor allem in den Städten. Auf dem Lande erloschen die Kolonien dagegen bis in jüngere Zeit weiter, kleinere Kolonien sind auch vom Uhu aufgelöst worden. In Städten bieten die ständig kurz gehaltenen öffentlichen und privaten Grünflächen den Vögeln einen gut gedeckten Tisch. Die größten Kolonien finden sich dementsprechend heute in Bad Segeberg, Neumünster, Bad Bramstedt und Rendsburg. 1997 brüteten in Schleswig-Holstein wieder 23.050, im Jahr 2009 waren es 24.700 Paare. Der Bestand ist damit seit mehr als zehn Jahren weitgehend stabil, d. h. die Saatkrähe hat wahrscheinlich ihre maximale Lebensraumkapazität erreicht. Auch die Ergebnisse der NABU-Aktion 'Stunde der Gartenvögel' zeigen keinen Bestandsanstieg an. Schleswig-Holstein beherbergt gut ein Drittel des Brutbestandes der Saatkrähe (2005: rd. 70.000 Paare) in Deutschland. Das Land hat also eine besondere Verantwortung für den Erhalt der Art.
Bestandsentwicklung der Saatkrähe in den Jahren 1954 - 2013 in Bad Segeberg, einer der größten Kolonien in Schleswig-Holstein (A. Ortmann, briefl.)
Vergrämung?
Gelegentlich gibt es Forderungen von Bürgern, Saatkrähenkolonien wegen einer angeblichen Lärmbelästigung und der Kotabgabe der Tiere im Siedlungsbereich aufzulösen. In der Vergangenheit hat sich aber vielfach gezeigt, dass mit einer Auflösung der Kolonie, für die es einer Genehmigung der Oberen Naturschutzbehörde (LLUR) bedarf, das 'Problem' nicht gelöst, sondern nur verlagert wird: Saatkrähen siedeln bei Störungen in andere Teile des Ortes um, wodurch es zu einer Aufsplitterung der Kolonien kommt und dadurch ggf. andere und auch deutlich mehr Bürger 'betroffen' sein können. Vergrämungsmaßnahmen mit Hilfe von Falknern habe sich als nicht erfolgreich herausgestellt. Ein Herausschneiden von für den Nestbau notwendigen Ästen kann eine Kolonieverlagerung bewirken. In Ascheberg (Kr. Plön) entstand dagegen als Reaktion auf Beschwerden ein "Krähen-Lehrpfad" entlang der Wege durch die Kolonie, der Informationen über Ökologie sowie Brut- und Sozialverhalten bietet.
Wintergäste
Im Winter treten in Schleswig-Holstein große Schwärme von Saatkrähen, häufig mit Dohlen vermischt, auf. Diese fliegen aus dem Osten und Nordosten Europas zu uns ein.
Quellen
Vogelwelt Schleswig-Holsteins - Brutvogelatlas (2002)
Vogelwelt Schleswig-Holsteins - Brutvogelatlas (2014)
Saatkrähe (Falke 57, 2010)
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