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Neue Bestimmungen zum Windenergieausbau gefährden Artenschutz
Im Frühjahr 2022 stellte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck als ‚Osterpaket‘ Eckpunkte zum beschleunigten Ausbau der Windenergie vor. Diese wurden in den folgenden Monaten in Gesetzesform gegossen und als solche vom Bundestag beschlossen. In der öffentlichen Wahrnehmung von Ukrainekrieg, Gas- und Strompreisexplosion und anderen politischen Geschehnissen überlagert, zudem höchst umfangreich und kompliziert zusammengesetzt, ist dieses Gesetzespaket selbst von an Natur- und Klimaschutz Interessierten nur wenig beachtet worden – obgleich es einschneidende Veränderungen nicht zuletzt auch für Natur und Landschaft mit sich bringt.
Die neuen Rechtsbestimmungen enthalten u. a. hohe Ausbauziele für die einzelnen Bundesländer, zudem Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes mit gravierenden Auswirkungen auf den Artenschutz, die auch uns in Schleswig-Holtein stark betreffen werden, zumal das alles verbindlich und oft bis ins Kleinste, aber selten naturschutzkonform geregelt ist. Hat Schleswig-Holstein bei seiner erst kürzlich beschlossenen landesweiten Windenergieplanung durch eigene Ausschluss- und Abstandsregelungen für Windenergieanlagen (WEA) den Schutz von kollisionsgefährdeten Großvögeln wie Seeadler und Rotmilan sowie von für den Naturschutz besonders wichtigen Flächen einigermaßen sicherstellen – und dennoch zwei Prozent der Landesfläche bereitstellen können, so wird bei der auf Druck des Bundes erforderlichen nächsten Planungsrunde eine solche Rücksichtnahme auf Natur und Landschaft in Zukunft kaum noch möglich sein.
Was sind die wichtigsten Inhalte der neuen Regelungen, hier in ihrem Bezug und ihren Auswirkungen auf den Naturschutz, insbesondere den Artenschutz?
Zuerst einige Eckdaten: Der Bund verpflichtet die Länder, durchschnittlich 2 Prozent ihrer Fläche für Windenergie (WE) zur Verfügung zu stellen. Man könnte nun annehmen, dass sich dabei für Schleswig-Holstein nichts ändern würde, da dieser Zielwert ja bereits mit der letzten WE-Regionalplanung erreicht worden sei. Das wäre allerdings ein Irrtum. Denn die Flächenberechnung des Bundes erfolgt nach einem anderen Schema als die des Landes. Der hauptsächliche Unterschied ist, dass in Schleswig-Holstein die Reichweite der Rotoren mit in das jeweilige WE-Vorranggebiet einbezogen worden ist, während der Bund die Fläche ohne die von den zunehmend riesigeren Rotoren überstrichenen Bereiche berechnet wissen will. Demnach würden 2 Prozent nach ‚Formel Bund‘ 2,87 Prozent nach dem bisherigen Schema Schleswig-Holsteins bedeuten – was zu einer erheblichen Zubauverpflichtung führt. Dieses Flächenziel muss bis 2027 in definierten Anteilen und bis 2032 vollständig erfüllt sein.
Abstände zu Brutplätzen von Seeadler & Co. werden drastisch reduziert
Die damit verbundene Steigerung des WE-Ausbaus wird deutlich intensiver sein als alle vorherigen Stufen – die übrigens immer von der jeweils verantwortlichen Landesregierung als Endziel formuliert worden sind, um die Geduld der Bevölkerung nicht überzustrapazieren. Die erst unlängst nach vielen Konflikten und Kompromissen beschlossene Regionalplanung wird total überformt, sogar weitgehend Makulatur werden. Die dort festgelegten Mindestabstände zu Objekten verschiedener Art sind nicht mehr haltbar, sondern müssen überwiegend durch bundesrechtlich einheitliche Abstandswerte ersetzt werden.
Während der Bund mit Rücksicht auf die politischen Empfindlichkeiten der Länder ihnen ihre jeweiligen Abstandsfestsetzungen gegenüber Siedlungen jedenfalls vorerst belässt (in Schleswig-Holstein sind das 1.000 m zu Ortschaften, 800 m zu Splittersiedlungen, in Bayern jedoch ca. 2.000 m zu jedem Einzelhaus), werden die Abstands- und Ausschlussvorgaben bei Objekten des Natur- und Landschaftsschutzes mächtig eingedampft. Auch unsere Landesregierung bekundet in politischer Opportunität ganz ungeniert, dass ja gegenüber vielen Naturschutzflächen noch ‚Luft‘ sei, der (erst vor wenigen Jahren erhöhte) Abstand zu Häusern aber selbstverständlich nicht verringert werden würde.
Von den neuen Bestimmungen am härtesten betroffen werden die als besonders windenergiesensibel, d.h. die insbesondere im Umgebungsbereich ihrer Brutplätze als kollisionsgefährdet eingestuften Großvogelarten Seeadler, Rotmilan, Schwarz- und Weißstorch. Während die bisherige WE-Planung Schleswig-Holsteins weitgehend die von den Vogelschutzwarten der Länder auf fachwissenschaftlicher Grundlage erarbeiteten und im ‚Helgoländer Papier‘ zusammengefassten Mindestabstandsempfehlungen übernahm, hat der Bund diese auf Betreiben des Bundeswirtschaftsministeriums drastisch reduziert. Bisher galten zu den Nistplätzen von Seeadlern und Schwarzstörchen 3.000 m, von Rotmilanen 1.000 m (bzw. später 1.500 m) und von Weißstörchen 1.000 m (bzw. später 750 m) als in der Regel einzuhaltende Abstandswerte – jetzt sind sie auf einheitlich 500 m eingekürzt worden. Damit dürfen WEA zukünftig weit hinein in die Hauptaktionsräume der Brutpaare gebaut werden, voraussichtliches Todesurteil für viele Bruten. Denn sollte selbst nur einer der Altvögel eines Brutpaares vom Rotor getroffen werden, wird der übrig Gebliebene die Versorgung der Jungen in den allermeisten Fällen nicht schaffen. Eine avifaunistisch-fachliche Begründung für diese radikale Abstandsverkürzung gibt es nicht, kann es auch nicht geben. Sie steht in krassem Widerspruch zu den im Helgoländer Papier dargelegten Werten und ist willkürlich verordnet worden, um mehr Platz für WEA selbst in ökologisch hochsensiblen Räumen bereitzustellen.
Sind Antikollisionssysteme die Lösung?
Mit diesem Begriff werden technische Systeme bezeichnet, mit denen sich in Richtung einer WEA fliegende Vögel bestimmter Arten erkennen lassen, um daraufhin den Rotor zu stoppen und so die Kollision zu vermeiden. In der Entwicklung am weitesten fortgeschritten sind computergesteuerte optische Erfassungssysteme, die auf Grundlage von mehreren tausend eingespeister Flugbildfotos z.B. von Rotmilanen die Vögel artspezifisch identifizieren. Nach einem entsprechenden Signal werden die Flügel der WEA aus dem Wind gedreht und trudeln aus. Allerdings dauert es eine Weile, bis die riesigen Flügeln zum Stillstand gelangen – schließlich bewegen sie sich mit Geschwindigkeiten von über 200 km/h, gemessen an den Flügelspitzen. Abbremsen funktioniert nicht, es würde die Mechanik zu sehr belasten.
Das führt zu einem entscheidenden Problem. Denn selbst im geruhsamen Ruder- oder Segelflug sind Greifvögel schnell. Sogar ein Storch ist mit ca. 60 Stundenkilometern unterwegs. Die Erfassung des Zielobjekts und das diesbezügliche Signal müssen also so weit von der WEA entfernt erfolgen, dass die Rotorflügel auch tatsächlich ausgelaufen sind, wenn der Vogel sie erreicht hat. Denn bei einer Fluggeschwindigkeit von 60 km/h würde ein Adler, Milan oder Storch (bei geradlinigem Flug) für 500 m (der jetzt erlaubte Mindestabstand einer WEA zum Horst) nur etwa 30 Sekunden brauchen. In so kurzer Zeit kann aber der Rotor nicht zum Stillstand gebracht werden. Überdies wird der Impuls zum Austrudeln erst bei deutlich kürzeren Abständen erteilt, weil der anfliegende Vogel noch abdrehen könnte, was ja auch häufig der Fall ist. Erst recht schwierig dürfte ein rechtzeitiger Rotorstopp bei einem plötzlich von der Seite einfliegendem Vogel zu erreichen sein, der von der Software bis dahin als „fliegt vorbei“ registriert worden ist – schließlich ziehen Greifvögel und Störche häufig Kurven, beim Rotmilan ein geradezu typisches Flugverhalten.
Nur für den Rotmilan?
In den bisherigen Probeläufen sind die Antikollisionssysteme nur auf Rotmilansilhouetten programmiert worden. Das reicht aber gerade dann nicht, wenn WEA zunehmend in sensiblen Gebieten mit dem Vorkommen mehrerer als WE-gefährdet eingestufter Arten, deren Aktivitätsräume sich häufig überlagern, errichtet werden sollen. Deshalb müssen die Antikollisionssysteme auf jeweils mehrere Arten ausgerichtet sein. Das würde allerdings die Zahl der Abschaltungen erhöhen, was nicht im Sinne der Betreiber wäre. Zudem werden die aus Artenschutzgründen zulässigen Stromertragsausfälle auf sechs bis acht Prozent begrenzt. Im Umfeld z.B. eines Brutplatzes eines Rotmilans, dem Vielflieger unter den Großvögeln, kann dieses Limit schnell erreicht werden. Würde es dann heißen: Antikollisionssystem ausschalten, Kollisionen hinnehmen?
Für den NABU Schleswig-Holstein ergibt sich als Fazit, dass der Vogelschlag durch Ausrüstung der WEA mit Antikollisionssystemen weitgehend vermieden werden könnte, jedenfalls für ausgewählte Zielarten. Aber nicht nur die Erfassung der heranfliegenden Vögel muss funktionieren, auch die Rotorbewegung muss rechtzeitig zum Stoppen gebracht werden. Bis dahin dürfte noch ein weiter Weg technischer Entwicklung nötig sein. Behauptungen, die Serienreife stünde kurz bevor, sind jedenfalls nicht haltbar.
Die Liste der im Brutplatzumfeld als WE-gefährdet eingestuften Vogelarten umfasst zwar 15 Arten, darunter den Wespenbussard, der bei den WE-Planungen jedenfalls in Schleswig-Holstein bisher keine Beachtung fand. Doch ob das bei einem Schutzradius von nur 500 m dieser Art wirklich hilft, ist höchst fraglich. Dagegen ist der Kranich gar nicht erst aufgeführt worden, d.h. WEA könnten direkt neben seinem Brutplatz gebaut werden. Auch der Mäusebussard fehlt weiterhin, obgleich der Art nicht zuletzt durch WEA-Kollisionen erhebliche Populationseinbrüche drohen. Wie stark der Naturschutz bei dieser Form der Energiewende mit Füßen getreten wird, lässt sich am Beispiel des Schwarzstorchs verdeutlichen: Obgleich in Schleswig-Holstein mit nur etwa sechs Brutpaaren vertreten und auch anderswo in Deutschland selten, zumal in vielen Regionen vom Austrocknen seiner Nahrungsgewässer betroffen, ist er klammheimlich wieder von der Liste der kollisionsgefährdeten Arten gestrichen worden – ohne überzeugende Begründung. Allerdings haben Nachweise von Schwarzstorch-Brutrevieren in Mittelgebirgslagen mehrmals WE-Planungen ausgehebelt, wobei die Windkraftlobby behauptet, der Schwarzstorch würde von Windkraftgegnern willkürlich als Blockadeinstrument eingesetzt werden.
Artenschutzgutachten nur noch als Alibi
Um die 500 m breiten Tabubereiche werden (wie bisher) Prüfbereiche gelegt, für die das Kollisionsrisiko gutachterlich zu bewerten ist. Beispielsweise beim Seeadler reicht der „zentrale Prüfbereich“ bis in 2.000 m Entfernung zum Nistplatz, anschließend ein „erweiterter Prüfbereich“ bis 5.000 m. Für Rotmilanbrutplätze sind 1.200 m bzw. 3.500 m festgesetzt. Für Schleswig-Holstein bedeutet das auch eine Verringerung der Prüfbereiche. Während bislang noch nach festgelegter Methodik vor Ort die tatsächlichen Flugaktivitäten der betroffenen Brutpaare und ihrer flüggen Jungen räumlich genau erfasst werden mussten, genügt jetzt eine sogenannte Habitatpotenzialanalyse. Dafür soll anhand der Landschaftsstruktur und -nutzung eingeschätzt werden, welche Bereiche bevorzugt zur Nahrungssuche aufgesucht werden. Das lässt sich, ganz im Sinn der angestrebten Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsprozesse, mit der Auswertung von Google-Earth-Luftbildern flott am Schreibtisch erledigen, egal wie sich das Bewegungsmuster der Vögel tatsächlich verhält.
Auch bisher ist die Aussagekraft solcher ornithologischer Gutachten stark anzuzweifeln, werden die Gutachten doch von den WE-Investoren beauftragt und bezahlt. Getreu nach dem Motto: ‚Wessen Brot ich ess‘, dessen Lied ich sing‘ sind allzu oft Gefälligkeitsgutachten produziert worden – kaum eines hat eine WE-Planung als zu riskant für die benachbart brütenden Adler oder Milane bezeichnet. Die neue Regelung jedoch lässt die Prüfung des Gefährdungsrisikos nun vollends zu einer Alibiveranstaltung verkommen.
Maßnahmen zur Kollisionsvermeidung stark gedrosselt
Nicht nur das Bundesnaturschutzgesetz, auch das EU-Recht schreibt Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung des Tötungsrisikos für besonders geschützte Arten vor. Am wirkungsvollsten wäre der Verzicht auf problematische Standorte, also im Umfeld der Brutplätze der besonders kollisionsgefährdeten Arten. Davon will die neue WE-Politik aber nichts wissen. Sie setzt stattdessen in erster Linie auf Antikollisionssysteme (siehe Kasten).
Außerdem sind Abschaltungen zu Zeiten bestimmter Feldbewirtschaftungsvorgänge wie Mahd und Heuwenden möglich (durch die insbesondere Milane und Weißstörche bei ihrer Nahrungssuche angezogen werden). Solche Maßnahmen setzen eine enge, verlässliche Kooperation zwischen Landwirten und WEA-Betreibern voraus, die in der Praxis oft nicht funktioniert. Beim Seeadler und Schwarzstorch sind aus unerfindlichen Gründen überhaupt keine Abschaltungen zur Brutzeit vorgesehen. Überdies sind die aus Artenschutzgründen behördlich auferlegten Abschaltzeiten in ihrer Summe zeitlich limitiert. Sie dürfen dem WEA-Betreiber nicht mehr als sechs Prozent (bei besonders windhöffiger Lage acht Prozent) des jährlichen Stromertrags kosten. Bisher wurden in Schleswig-Holstein bis zu fünfzehn Prozent Verlust bei der Stromerzeugung als zumutbar angesehen, was im übrigen im Bereich der jährlichen witterungsbedingten Schwankungsbreite liegt.
Selbst die ursprüngliche Absicht, zumindest Dichtezentren, also Räume mit besonders hoher Populationsdichte WE-sensibler Arten und damit Säulen des Artenschutzes, von WEA freizuhalten, ist aufgegeben worden. So gerät auch das in unserer Regionalplanung um die ostholsteiner Seenplatte dargestellte Seeadlerdichtezentrum in Gefahr. Landschaftsschutzgebiete, in Schleswig-Holstein häufig Verbreitungsschwerpunkte für Seeadler, Milane, Störche und andere kollisionsgefährdete Arten und bisher konsequent von WEA freigehalten, müssen jetzt ausdrücklich für WE geöffnet werden.
Gewissermaßen als Ausgleich für die zu erwartenden hohen Kollisionsverluste sollen die Populationen der betroffenen Arten durch Artenhilfsprogramme gestützt werden. Im Zentrum sollen Lebensraum verbessernde Maßnahmen stehen, woraus sich allerdings ein erheblicher Flächenbedarf gerade in der Agrarlandschaft ergibt, der bei den heutigen Bodenpreisen kaum zu erfüllen sein wird. Abgesehen davon, dass das auf alle Bundesländer zu verteilende Gesamtbudget sich auf 87 Mio. Euro beschränken soll, wird die Flächenwirkung noch durch die Klausel erschwert, nach der der Erwerb von Landwirtschaftsflächen nur ausnahmsweise zulässig sein darf.
Zwar dürfen Naturschutzgebiete und der Nationalpark auch zukünftig nicht für WE zur Verfügung stehen. Allerdings werden die in Schleswig-Holstein noch vorgegeben Abstände zu diesen und anderen Schutzkategorien, vermutlich auch zu Wäldern, wohl stark abgeschmolzen bis aufgehoben werden. Das dürfte auch für Vogelzugwege gelten, zumal die besonders windhöffigen, aber eben auch für den Vogelzug sehr bedeutenden Ostküstenbereiche viel stärker als bislang in den Fokus der WE-Planung rücken werden.
Mit den bisher geltenden Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes wären diese drastischen Reduzierungen des Artenschutzes nicht machbar gewesen. Deshalb wurde das Bundesnaturschutzgesetz kurzerhand geändert, indem jetzt quasi als Anhang zu den dortigen Artenschutzbestimmungen WE grundsätzlich als von „überragendem öffentlichen Interesse“ und der „öffentlichen Sicherheit dienend“ eingestuft wird. Damit erhält die WE-Erzeugung einen deutlich höheren Stellenwert als der Naturschutz. Folglich haben selbst bei äußerst problematischen Standorten die Artenschutzbelange zurückzustehen.
Mit heißer Nadel gestrickt
Ob der umfangreiche Komplex neuer rechtlicher Regelungen, allesamt verbindlich für die Länder, überhaupt den verwaltungsrechtlichen Praxistest überstehen wird, kann allerdings bezweifelt werden. Denn vieles ist mit dem höherrangigen Naturschutzrecht der EU nicht vereinbar, wie mehrere Rechtsexpertisen schon jetzt ergeben haben. Dass außerdem etliche Formulierungen unklar geblieben sind zeigt, wie sehr dieses Gesetzesbündel in der Eile mit allzu heißer Nadel gestrickt worden ist. Beides wird den WE-Ausbau vermutlich nicht wie gewünscht beschleunigen, sondern eher verlangsamen. Im übrigen ist es fern aller politischer Anständigkeit, den Umweltverbänden nur ein Wochenende Frist zur Erarbeitung von Stellungnahmen zu diesen Gesetzesvorhaben einzuräumen, die nicht nur hochkomplex sind, sondern auch bisherige, fachlich unstrittige Grundsätze des Artenschutzes auf einen Schlag nahezu in ihr Gegenteil verkehren.
Zweifelsohne wird die Energiewende nicht ohne einen erheblichen Ausbau der erneuerbaren Energien zu leisten sein. Doch darf dieser nicht unter dermaßen rabiater Missachtung des Naturschutzes und dabei in einer Weise durchgezogen werden, die alle guten Ansätze der erst 2021 in Kraft getretenen Regionalplanung Schleswig-Holsteins und den damit mühsam erreichten ‚Windfrieden‘ in kurzer Zeit wieder zunichte macht. Dem zum WE-Ausbau entwickelten und nun in Gesetzesform gegossenen ‚Osterpaket‘ das Etikett „naturverträglich unter Wahrung hoher und europarechtlich gebotener ökologischer Standards“ (O-Ton Bundeswirtschaftsministerium) zu verleihen, ist nichts anderes als billiger Propagandaschwindel.
FH, 31. Dezember 2022