Gemauschel um Splitterwald-Verkauf
Nun droht dem Landeswald der Teilverkauf
Die Veräußerung des Geheges Christianslust als angeblicher "Splitterwaldbesitz" hat zu teilweise heftigen Diskussionen geführt. Den kritischen Nachfragen aus den Reihen der Mitgliedsorganisationen des Bündnis Wald, aber auch aus dem parlamentarischen Raum, begegnete die Landesregierung unter anderem mit dem Argument, der Verkauf von Christianslust sei ein absoluter Ausnahmefall, begründet durch die äußerst abgeschiedene Lage dieses Forststandortes und anderer negativer Begleitumsaende. Ansonsten ständen ausschließlich unrentable, sehr kleinflächige und abseitige Forstgrundstücke im Sinne des allgemeinen Verständnisses des Begriffs "Splitterwald" zur Veräußerung an, so die Verlautbarungen des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume MLUR. Nachdem das Land aufgrund öffentlichen Drucks von seiner Absicht eines Komplettverkaufs abgerückt war, wurde wiederholt bestätigt, dass die Landesforsten auch nicht durch Teilverkäufe geschwächt werden sollten.
Zweifel an Glaubwürdigkeit
Das Bündnis Wald hat mittlerweile erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Aussagen. Denn mittlerweile stehen erneut Waldflächen auf der Verkaufsliste, die ebenfalls nicht den Kriterien einer seriösen Splitterwald-Definition entsprechen. Es handelt sich dabei um die Landesforstflächen "Höbek" (82 ha), "Stocksee"(41 ha) und "Kleinharrie" (14 ha). Alle diese Forststandorte sind offenbar deshalb auf die Verkaufsliste gesetzt worden, weil konkretes privates Interesse am Erwerb der Flächen geäußert worden ist, nicht aber, weil sie unwirtschaftlich, d.h. in Holzbestand oder Standortverhältnissen unproduktiv oder schwer erreichbar sind. (siehe Kasten).
Wirtschaftlich ertragreiche Standorte
Bei dem Gehege "Höbek" handelt es sich um eine etwa zehnjährige Neuwaldbildung, begründet nach modernen ökonomischen und ökologischen Erkenntnissen mit standortheimischen Gehölzen und gut von der zuständigen Revierförsterei erreichbar. Die Aufforstung ist in ihrer Bewirtschaftung einschließlich der Fixkosten bereits jetzt mehr als kostendeckend. Angesichts der rapide gestiegenen Brennholzpreise dürfte sich diese Entwicklung fortsetzen, so dass diese Neuaufforstung schon in den kommenden Jahrzehnten vor Beginn der eigentlichen Nutzholzernte mit wirtschaftlich positivem Ergebnis zu führen sein wird.
Das Gehege Höbek (Quelle: "Bemerkungen des BDF zu den aktuellen Waldverkaufsabsichten der Landesregierung", Februar 2007) | |
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Die Fläche Höbek wurde 1996 aufgeforstet. Demnach beträgt das Alter weniger als 25 Jahre, genauso wie bei mehren tausend Hektar weiterer Erstaufforstungsflächen gleicher Größenordnung, die in den 80/90er Jahren durch die Landesforstverwaltung aufgekauft und in Wald umgewandelt wurden. Dennoch erscheint nur Höbek in der Liste der "Splitterwälder". Die bisherigen Kosten (Ankauf geschätzt ca. 500.000 €, Kulturmaßnahme incl. Förderung durch Landesbank ca. 137.000 €, bisherige Pflegekosten ca. 25.000 € sowie geschätzte Verwaltungskosten ca. 30.000 €) belaufen sich auf ca. 692.000 €. Da eine solche Investition neben der politischen Zielsetzung der Waldmehrung auch langfristige wirtschaftliche Ziele beinhaltet, ist die interne Verzinsung der Erstinvestition zu berücksichtigen. Mit 1,5 % angesetzt, ergeben sich zusätzliche Zinskosten in Höhe von ca. 102 000 € ; somit erhöhen sich die durch den Verkauf zu deckenden Gesamtkosten auf ca. 794 000 €. Die Kriterien Lage sowie Werterwartung lassen sich nur bedingt beurteilen, weil der zukünftige Zuschnitt der Förstereien noch nicht feststeht und die qualitative Entwicklung 10jähriger Bestände kaum vorher zu sagen ist. Eine Gehegegröße von 83 ha ist in Anbetracht der Waldverteilung in Schleswig-Holstein derzeit auch ohne direkte Anbindung an weitere Flächen innerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Försterei unproblematisch, zumal die intensive Begründungsphase überwunden ist. |
Als weiteres Kriterium der Flächenliste wird Kostendeckung genannt. Prognostiziert werden dabei folgende laufende Einnahmen für das kommende Jahrzehnt: Bereits jetzt wurden erste Läuterungen mit Brennholzerlösen durchgeführt, für das kommende Jahrzehnt ist mit jährlich ca. 100 rm Brennholz zu rechnen. Hinzu kommt auf der Erlösseite die jagdliche Bewirtschaftung, die bereits jetzt durchschnittliche jährliche Einnahmen von ca. 1.600 € erreicht. Auf Seiten der Ausgaben ist mit ca. 1.000 € jährlich für den Selbstwerbereinsatz sowie den Abbau der restlichen Zäune zu rechnen sowie ca. 1.000 € an Fixkosten. Hier wird deutlich, dass bereits heute Kostendeckung erreicht wird. Forstwirtschaftlich und betrieblich ist ein Verkauf auch unter dem Aspekt der zu erwartenden Preissteigerungen auf dem Energieholzmarkt und dem baldigen Erreichen der nachhaltigen Gewinnzone in keiner Weise zu rechtfertigen, zumal keinerlei Investitionen mehr zu tätigen sind. Als einziges positives Kriterium trifft allerdings zu, dass es eine konkrete Nachfrage eines Interessenten aus der Umgebung gibt. Dieser Aspekt allein darf aber nicht den Ausschlag für einen Verkauf geben. |
Die Waldflächen "Stocksee" und "Kleinharrie" zeichnen sich durch ertragreiche Bestände aus, insbesondere die Waldfläche "Stocksee" wird aufgrund des Altersaufbaus ihrer Bestände in den kommenden Jahren finanziell sehr lukrativ zu bewirtschaften sein. Ein Abgeordneter der CDU-Landtagsfraktion baut darauf, dass sein Cousin die Neuwaldfläche Höbek erhält, um dort endlich die ersehnte Eigenjagd begründen zu können. Das höchst ertragreiche, westlich des Stocksees (Kreis Segeberg) gelegene Waldstück hat im zweiten Fall gleich zwei prominente Bewerber aus der Nachbarschaft gefunden.
Gezielte private Nachfrage Grund für Verkauf
Der angestrebte Verkauf dieser Flächen resultiert also nicht aus ihrer etwaigen Klassifizierung als "Splitterwald", sondern auf gezielter Nachfrage. Besonders im Zusammenhang mit der Fläche "Höbek" drängt sich der Eindruck auf, dass dabei seitens der Landesregierung von privater Seite geäußerten Wünschen entgegen gekommen werden soll. Nach Auffassung des Bündnis Wald ist es nicht korrekt, wenn aufgrund persönlichen Einflusses gezielt eine bestimmte Waldfläche, die ansonsten mit Sicherheit nie zum Verkauf angestanden hätte, zur Veräußerung vorgesehen wird. Die im Bündnis Wald vertretenen Organisationen können sich des Eindrucks nicht erwehren, dass extra für diesen Fall das Auswahlkriterium für den Verkaufskatalog des MLUR, nach dem junge Waldbestände insbesondere bei Nachfrage verkauft werden können, formuliert worden ist.
Der Verkauf von jetzt schon gute Erträge bringenden Waldflächen schwächt den Landesforst unmittelbar und steht damit dem von der Landesregierung proklamierten Ziel, die Wirtschaftsbilanz der Landesforstverwaltung zu verbessern, absolut entgegen.
Der Fall: "Waldflächen am Bungsberg"
Unter diesem Gesichtspunkt für äußerst problematisch und dubios hält das Bündnis Wald auch den mit dem Großherzog von Oldenburg beabsichtigten Waldflächentausch. Hintergrund dieses Geschäfts ist der vorgesehene Aufbau eines Informationszentrums auf dem Bungsberg. Danach soll der Herzog dort etwa 30 ha abgeben und dafür insgesamt fast 50 ha an Waldflächen der Revierförstereien Kellenhusen und Wüstenfelde (beide Forstamt Eutin) erhalten. Allein die Kellenhusener Fläche ist aufgrund ihrer Bestockung und ihrer Standortverhältnisse von erheblich höherem Wert als die vom Herzog mitsamt zweier abbruchreifer Gebäude offerierte Waldparzelle auf der Bungsbergkuppe. Weiterhin übersieht das MLUR den Umstand, dass die Bungsbergfläche weit entfernt vom nächsten Landesforst bzw. zur nächsten Försterei liegt, d. h. mit dem vorgesehenen Geschäft würde das MLUR hier eine Situation schaffen, die es andererseits als Argument für gegebene Unrentabilität und damit mögliche Veräußerung anführt. Die Kritik richtet sich dabei nicht gegen die herzogliche Forstverwaltung, die ihre Chancen zur gewinnbringenden Arrondierung ihres Waldbesitzes konsequent nutzt, sondern gegen das Land, das sein Eigentum mit diesem Geschäft offensichtlich im Wert mindern wird.
Bündnis Wald fordert: Zustimmung versagen
Die beabsichtigten Verkäufe der Flächen "Höbek" und "Stocksee" bedürfen wegen ihres Volumens der Zustimmung des Finanzausschusses im Landtag. Der NABU hat für das Bündnis Wald in einem Brief an deren forstpolitische Sprecher die im schleswig-holsteinischen Landtag vertretenen Parteien aufgefordert, ihre Zustimmung zum Verkauf zu versagen.
ILu, 2. April 2007