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Fakten und Hintergründe | Schleswig-Holstein heute waldarm
Großflächige Rodungen begannen dann mit der intensiveren landwirtschaftlichen Nutzung und dem Deich- und Sielbau, der riesige Mengen Holz verschlang. Die Entnahme der Laubstreu durch die Bauern, die Gewinnung von lndwirtschaftlicher Nutzfläche, die Viehweide im Wald, die Schälung der Eichenrinde durch die Gerber, die Verwendung des Holzes als einzigem verfügbaren Energieträger für den Hausbrand, schließlich der Eisen- und Glasverhüttung, die Ziegelbrennerei und der weitere Anstieg des Holzkohlebedarfes im Zuge der Industrialisierung, all das führte zu einem dramatischen Rückgang der Waldfläche, die um 1850 mit nur noch vier Prozent den historischen Tiefststand erreichte.
Doch nach den Anfängen einer geregelten Forstwirtschaft Ende des 18. Jahrhunderts konnte im 19. Jahrhundert erstmals in der Geschichte Schleswig-Holsteins erreicht werden, dass der Waldanteil unter dem Einfluss des Menschen wieder zunahm. Bereits 1784 wurde die erste Forst- und Jagdverordnung erlassen, im Jahr 1785 die Forstlehranstalt in Kiel gegründet. Deren erster Leiter war August Niemann.
Weil Nadelhölzer auf den armen Böden besser wuchsen und schnelleren Ertrag versprachen, wurde allerdings überwiegend mit Fichte und Kiefer aufgeforstet, vor allem auf Heideflächen der Geest. Dies wiederholte sich, nachdem der Wald in der Mitte des 20. Jahrhunderts durch Kriegs- und Nachkriegszeit erneut dezimiert wurde: allein in den ersten Jahren nach Ende des Zweiten Weltkrieges fielen 14.000 Hektar, das sind mehr als zehn Prozent der damaligen Waldfläche, als sogenannte „Reparationshiebe“ der Axt zum Opfer.
Schleswig-Holsteins Wald heute
Heute sind wieder zehn Prozent, also rund 155.000 Hektar der schleswig-holsteinischen Landesfläche von Wald bedeckt. Erklärtes Ziel aller Landesregierungen war es aber, den Waldanteil auf zwölf Prozent anzuheben. Die Neuwaldbildung wurde vor allem in den Jahren 1988 bis 1996 deutlich vorangetrieben mit fast 800 bis 1.200 Hektar je Jahr. Danach brach diese stark ein – vor allem wegen der stark gestiegenen Grunderwerbskosten infolge Flächenkonkurrenz unter anderem durch Energiemais.
Schleswig-Holstein ist das waldärmste Flächenland in der Bundesrepublik – hier entfallen auf jede/n Bewohner/in des Landes rund 600 Quadratmeter Wald, auf Bundesebene sind es doppelt so viel. Rund die Hälfte des Waldes ist in Privatbesitz. 31 Prozent sind Landeswald, 15 Prozent Körperschaftswald (hauptsächlich im Eigentum von Kommunen, vier Prozent der Waldfläche gehören dem Bund.
In der Verteilung des Waldes gibt es ein starkes Süd-Nord-Gefälle: Während der Kreis Herzogtum Lauenburg zu einem Viertel bewaldet ist, hat der Landesteil nördlich des Nord-Ostsee-Kanals und der Eider einen sehr geringen Waldanteil. Die Bewaldung im Kreis Rendsburg-Eckernförde entspricht mit 10 Prozent dem Landesdurchschnitt, und der Kreis Dithmarschen an der Westküste des Landes ist mit 3,3 Prozent am geringsten bewaldet. Dementsprechend gibt es große zusammenhängende Wälder nur noch im Süden des Landes: den Sachsenwald mit 6.000 Hektar, den Segeberger Forst mit 4.000 Hektar und den Ricklinger Forst mit 2.000 Hektar. Mit 51 Prozent befindet sich ein ungewöhnlich hoher Anteil des Waldes in privatem Besitz. Nur 34 Prozent sind Staats- und 15 Prozent Körperschaftswald.
Laubwaldreich
Die natürliche Waldbestockung (potentielle natürliche Vegetation) würde weitgehend aus Buchenbeständen bestehen. Auf nährstoffärmeren Standorten wären diese mit Eiche durchsetzt. Auf feuchten bis nassen Standorten kämen Esche und Erle hinzu. Schleswig-Holstein ist nach dem Saarland das laubwaldreichste Land in der Bundesrepublik: 53 Prozent der Waldfläche prägen verschiedene Laubbaumarten, doch ist, gemessen an den natürlichen Waldgesellschaften, der Nadelbaumanteil mit 47 Prozent immer noch hoch. Dabei haben die Wälder im Westen, auf der Geest und der Vorgeest, den höchsten Anteil an Nadelbäumen. Um diese Wälder an ihren Standort anzupassen und zu stabilisieren, müssen sie naturnah umgebaut werden. Ausgedehnte Laubwälder dagegen sind typisch für das Östliche Hügelland. 32 Prozent der Waldflächen gelten als naturnah bestockt (Bundeswaldinventur 2002).
Die Waldgeschichte des Landes hat zu einem heute noch sehr hohen Anteil an jungen Wäldern geführt. Nur 15 Prozent des Waldes in Schleswig-Holstein sind älter als 100 Jahre, zwei Drittel sind jünger als 60. Die Hälfte der Wälder ist sogar unter 40, wahrhaftig kein Alter für einen Baum. Altholz, also Bäume über 140 Jahre, nehmen nur sieben Prozent der Wälder ein. Erst im Laufe der Zeit wird ein ausgeglichener Altersaufbau und damit auch eine höhere wirtschaftliche und ökologische Bedeutung erreicht. 30 Prozent des Baum-Jungwuchses ist vom Wild verbissen. Ebenfalls 30 Prozent der Bäume zeigen Zeichen von immissionsbedingten Schäden.
ILu akt. 27. November 2014