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NABU-Artenporträt: Süßwasserschwämme
Im Gegensatz zu den auffälligen Schwammarten im Meer gehören die Süßwasserschwämme zu den eher unscheinbaren Tieren. Sie kommen in praktisch allen größeren Seen und Flüssen vor. Dabei handelt es sich um festsitzende Tiere, die eine feste Unterlage wie Pfähle, Steganlagen, Holz, Steine oder sogar Flaschen benötigen, seltener wachsen sie auf Muschelschalen, Metall oder Wasserpflanzen. Sie wachsen bereits knapp unter der Wasseroberfläche in schattigen Bereichen oder unter Überhängen bis zu einer Tiefe von 20 Metern.
Die Farbe variiert von rötlich über gelb, braun oder grünlich und wird durch verschiedene Einlagerungen hervorgerufen. Die grünliche Farbe kommt durch symbiontische Grünalgen zustande, die sich in der Schwammoberfläche eingenistet haben. Die Algen genießen den Schutz vor Fressfeinden und werden stets mit frischem Wasser versorgt, der Schwamm erhält von den Algen Sauerstoff und Nahrung.
Form undefiniert
Der Schwammkörper hat keine klar definierte Form. Meistens bilden sich kissenartige Polster oder flache Krusten, die mit Poren, kleinen Höckern oder Rippen durchsetzt sind. Die auffälligen Finger oder Geweihstrukturen des Fingerschwammes entstehen nur bei guten Bedingungen im Sommer. Sie sollen bis zu einem Meter lang werden können, in der Regel aber bis zu 10-20 cm groß. Das Skelett eines Schwammes besteht aus einer zähen, sehr widerstandsfähigen Eiweißverbindung (Spongin), welche im lebenden Zustand von unzähligen winzigen Kieselsäurenadeln verstärkt wird.
Lebende Süßwasserschwämme haben einen stechenden, jodähnlichen Geruch. Schwämme stehen auf einer sehr "primitiven" Entwicklungsstufe. Im Schwamm finden sich verschieden Typen von Zellen unterschiedlichster Funktionen, die zusammen einen Organismus bilden. Die einzelnen Zelltypen sind aber noch nicht in Organen zusammengefasst wie bei höheren Tieren, sondern bilden ein lockeres Gewebe innerhalb des labyrinthartigen Skelettgerüstes.
Nahrung wird "eingeatmet"
Die Nahrungsaufnahme und Atmung erfolgt, indem Wasser und organische Partikel durch die feinen Poren auf der ganzen Oberfläche angesaugt werden, gefiltert und über größere Sammelkanäle wieder ausgestoßen wird. Der Wasserstrom durch den Schwamm wird von größeren Geißelzellen angetrieben, die in Gruppen an diesen Kanälen sitzen. Frei bewegliche Fresszellen nehmen die Nahrung im Schwamminnern auf und verteilen sie an die übrigen Zellen, die nicht selbständig fressen können.
Fortpflanzung:
Schwämme sind getrenntgeschlechtlich, aber äußerlich nicht voneinander zu unterscheiden. Im Sommer werden im Innern der Männchen Spermien gebildet, die mit dem Wasserstrom aus dem Schwamm herausgespült werden. Sie gelangen mit dem eingesaugtem Atemwasser des weiblichen Tieres zu den Eiern in seinem Innern. Aus den befruchteten Eiern entstehen Larven, die den Schwamm verlassen und während kurzer Zeit im Freiwasser herumschwimmen und sich dann auf einer geeigneten Unterlage festsetzen, um zu einem Schwamm heranzuwachsen.
Bei Süßwasserschwämmen scheint die getrenntgeschlechtliche Vermehrung aber von untergeordneter Bedeutung zu sein. Viel erfolgreicher ist die vegetative Vermehrung über sog. Gemmulae. Im Winter finden wir von den zerfallenen Schwämmen meist nur diese kugelförmigen Winterstadien. Sie enthalten sog. Stammzellen, die als einzige den Winter überleben. Der Reste des Schwammes ist bereits im Spätsommer abgestorben und zerfallen. Im Frühjahr verlassen die Stammzellen die stecknadelgroßen Kapseln und entwickeln sich zu verschiedenen Zelltypen, die dann gemeinsam wieder einen neuen Schwamm bilden.
Wenige Arten
In unseren Gewässer kommen nur ganz wenige Arten vor. Die Artbestimmung ist nicht einfach. Am auffälligsten und am häufigsten ist der Geweih- oder Fingerschwamm Spongilla lacustris.
In Russland wurden zur Zarenzeit getrocknete Süßwasserschwämme von Damen zur Rötung ihrer Wangen verwendet. Beim Reiben des Schwammes auf der Wange entstand die gewünschte Rötung infolge der winzigen Verletzungen der Haut durch die Kieselsäurenadeln im Schwammskelett. Diese Art von Rouge hielt mehrere Tage und war absolut unverwischbar!
Getrocknete und gut gereinigte Süßwasserschwämme wurden zu sog. Badiagapulver zermahlen, welches dann ebenfalls in die Haut eingerieben wurde. Die dadurch hervorgerufene Wärmebildung sollte bei rheumatischen Leiden Hilfe leisten.
Zweifelhaftes Vergnügen
Das Vergnügen dürfte sich bei dieser Vorgehensweise in Grenzen gehalten haben, da außer der Rötung und der zunächst wohligen Wärme auch ein unangenehmes Jucken bis hin zu Hautreizungen und Schwellungen verursacht wurde. Dies wird besonders deutlich vor dem Hintergrund, dass derartiges Pulver auch als Polier- und Schleifmittel für Messing, Silber- und Kupfergegenstände benutzt wurde.
Weltweit beschäftigen sich etliche Forschergruppen vor allem mit marinen Schwämmen. Naturstoffe aus marinen Schwämmen und die dort zu findenden Mikroorganismen stehen dabei im Mittelpunkt des Interesses.