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Die flugunfähigen Ölkäfer schützen sich mit Gift vor Fressfeinden
Spaziergängern und Gartenfreunden fallen Ölkäfer besonders in den Monaten April und Mai auf, wenn die plumpen und flugunfähigen Insekten langsam und schwerfällig über den Weg krabbeln. Die Käfer ernähren sich von Bärlauch, Scharbockskraut, Buschwind röschen sowie vielen anderen Blütenpflanzen und sind daher gern an Weg- und Graben rändern, in Gärten und Auwäldern zu finden.
Fast immer handelte es sich dabei um den Violetten oder Veilchenfarbenen Ölkäfer oder um den sehr ähnlich aussehenden Schwarzblauen Ölkäfer. Die Insekten werden rund einen bis fünf Zentimeter lang und haben trotz ihrer Länge einen gedrungenen Körperbau. Die Deckflügel der flugunfähigen Käfer bedecken nur einen kleinen Teil ihres Hinterleibs, so dass dieser frei zu sehen ist, Hinterflügel fehlen völlig. Die Weibchen sind meist etwas größer als die Männchen, die Fühler der männlichen Tiere sind kräftiger und weisen einen auffälligen Knick auf.
Riesiger Hinterleib voller Käfereier
Maiwürmer können nicht fliegen. Die Weibchen dieser Vertreter aus der Familie der Ölkäfer schleppen im Frühjahr riesige Ei-Mengen mit sich herum. Der Hinterleib der Käfer ist dadurch derart aufgedunsen, dass die Deckflügel nur noch wie kleine Anhängsel wirken. In Verbindung mit der Jahreszeit des Auftretens und dem Erscheinungsbild vor allem der Weibchen ist wohl der volkstümliche Name „Maiwurm“ entstanden.
Aktuell: Der Schwarzblaue Ölkäfer ist Insekt des Jahres 2020
Den Schwarzblauen Ölkäfer sieht man im Frühjahr recht häufig. Er breitet sich aber aktuell nicht aus, sondern gilt sogar als gefährdet. Allen Ölkäfern gemeinsam ist ihr körpereigenes Gift. Tödliche Vergiftungen von Menschen oder Haustieren durch solche Käfer sind aber nicht bekannt.
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Die große Überproduktion von Eiern – mehrere Tausend – bei den Ölkäfern ist notwendig, da die hoch spezialisierte Lebensweise es nur wenigen Larven dieser Insekten überhaupt ermöglicht, sich zum erwachsenen Käfer zu entwickeln. Experten schätzen, dass nur aus jeder tausendsten Larve ein Ölkäfer wird. Die Eier werden in kleinen Häufchen in der Erde vergraben und verbleiben zunächst fast ein Jahr im Boden. Erst im folgenden Jahr schlüpfen die Larven und erklimmen einen Blütenstängel. Dort warten die Larven in der Blüte und heften sich schließlich mit Hilfe besonderer Haft-Klauen und ihren Kiefern, den Mandibeln im Haarkleid oder an Borsten Blüten besuchender Insekten an.
Zwei Jahre Larvenzeit, nur ein Monat als erwachsener Käfer
Die Larven beider Ölkäferarten entwickeln sich in den Nestern solitär lebender, bodennistender Wildbienen. Gesicherte Wirte sind dabei Vertreter der Seiden- und Erdbienen. Aber auch an vielen anderen Blütenbesuchern wie Grabwespen, Schwebfliegen oder anderen Käferarten klammern sich die Larven an, müssen dann aber letztlich sterben, weil sie kein Bienennest gefunden haben.
Wenn die Ölkäfer-Larve aber wirklich einmal eine Einsiedler-Biene erwischt hat, wird sie von ihr in deren Nest eingetragen, wo sie sich zuerst über das Ei der Biene und anschließend über die eingetragenen Vorräte ihres Wirtes hermacht. Die Entwicklungszeit vom Ei bis zum fertigen Insekt dauert bei beiden Arten zwei Jahre, die Lebensdauer der erwachsenen Tiere beträgt etwa einen Monat. Vor der Paarung der Geschlechtstiere kommt es zu einem bemerkenswerten Balzverhalten, in dem vor allem die Antennen eine große Rolle spielen.
Igeln macht das Ölkäfergift nichts aus
Der Name „Ölkäfer“ bezieht sich auf die Fähigkeit dieser Käferfamilie, giftige Abwehrstoffe zu produzieren. Bei Gefahr können sie eine gelbliche Flüssigkeit aus Poren an ihren Beingelenken austreten lassen. Diese erinnert stark an Öltröpfchen und gab den Käfern ihren Namen. Der Hauptwirkstoff ist Cantharidin, dieses schützt die Käfer vor allem vor Ameisen und Laufkäfern.
Andere Fressfeinde, wie Igel oder Vögel, sind gegen das Gift immun. Für einige Käfer-, Wanzen- und Gnitzenarten ist Cantharidin sogar sehr attraktiv. Diese Tiere suchen gezielt tote oder lebende Ölkäfer und ihre Ausscheidungen auf, fressen die Ölkäfer oder stechen sie an. Das aufgenommene giftige Cantharidin wird dann für die eigene Verteidigung eingesetzt. Häufig kann man viele kleine Gnitzen auf den Käfern sitzen sehen, die an den häutigen Stellen zwischen den Hinterleibsringen Körperflüssigkeit der Ölkäfer aufnehmen. Die Versuche der Käfer, die lästigen Parasiten mit den Beinen abzustreifen, sind meist vergeblich.
Viele volkstümliche Namen
Beim Menschen hat das Cantharidin eine Bedeutung als Aphrodisiakum („Spanische Fliege“) und wurde früher auch als Medikament zum Beispiel gegen Darmerkrankungen genutzt. Allerdings sind schon geringere Mengen für den Menschen hochgiftig. Als Reiz- und Nervengift führt es zur Blasenbildung auf Haut und Schleimhäuten. Weitere volkstümliche Namen dieser Käferfamilie beziehen sich auf entsprechende Wirkungen und Nutzungen. So weist der Name „Pissekäfer“ auf eine harntreibende Wirkung hin, der Name „Pflasterkäfer“ auf die Nutzung als medizinisches Pflaster.
Maiwürmer leben in ganz Europa und Zentralasien. Der Schwarzblaue Ölkäfer kommt in vielen verschiedenen Lebensräumen vor, von Deichen an der Küste – dort teils in großen Populationen –, über trockene Wiesen, Heiden und Waldränder bis hin zu Gärten vor. Der Violette Ölkäfer besiedelt mehr feuchte Wälder, Grabenränder und ähnliche Lebensräume. Entscheidend ist wohl vor allem das Vorkommen geeigneter Wirte. Ihrem Namen gemäß sind die Maiwürmer vor allem zwischen April und Juni zu beobachten.
Die drei in Schleswig-Holstein vorkommenden Ölkäfer der Gattung Meloe sind alle besonders geschützte Arten nach der Bundesartenschutzverordnung. In der Roten Liste der Käfer Schleswig- Holsteins werden der Violette Ölkäfer Meloe violaceus auf der Vorwarnliste (RL V) sowie der Schwarzblaue Ölkäfer Meloe proscarabeus als gefährdet (RL 3) eingestuft. Die dritte aktuell in Schleswig-Holstein vor kommende Art, der Kurzfühler-Ölkäfer Meloe brevicollis ist hingegen sehr selten. Diese Art kommt in Schleswig-Holstein nur noch mit einem Vorkommen auf Sylt vor und wird auf der Roten Liste als vom Aussterben bedroht (RL 1) geführt.
Carsten Pusch