Die Brutpaarzahl der Kormorane hat sich im Jahr 2018 weiter erhöht. - Foto: NABU-Webcam / Ingo Ludwichowski
Rekord-Jahr bei den Kormoranen
Brutbestand und Zahl der Jungvögel weiter gestiegen
3. September 2018: Der NABU blickt auf ein überaus erfolgreiches Brutjahr 2018 auf der mit Webcams überwachten Kormoran-Insel im Wasservogelreservat Wallnau zurück. Noch nie seit Bestehen der Kolonie waren so viel Brutpaare anwesend und brachten so viele Jungvögel erfolgreich zum Ausfliegen. Insgesamt zählte der NABU rd. 350 Brutpaare, die zwischen 800 und 1.000 Jungvögel aufzogen. Bei einer Beringungsaktion am 1. und 23. Juni konnten insgesamt 440 Jungtiere markiert werden, davon 240 mit roten, dänischen Farbringen. Viele der neu hinzugekommenen Brutvögel scheinen aus dänischen Kolonien zu kommen, von denen berichtet wird, dass der Brutbestand drastisch gesunken sei.
Mittlerweile haben die Kormorane die Insel weitgehend verlassen. Durch die große Trockenheit ist die Brutinsel nun ans Festland angebunden und wird wohl regelmäßig Besuch vom Fuchs erhalten. Selbst Kühe vom benachbarten Festland statteten der Insel gelegentlich Besuche ab. Da die Brutzeit auch für Möwen und Enten abgeschlossen ist, hat dies für den Naturschutz keine Relevanz mehr. Positiv ist, dass der Teichboden in weiten Bereichen nun auch trocken liegt und so eine Remineralisierung des Faulschlamms am Grund des Gewässers stattfindet. Auch zahlreiche Watvögel - darunter Säbelschnäbler, Rotschenkel, Alpenstrandläufer und Bekassinen - nutzen die frei fallenden Schlammflächen zur Nahrungssuche. Vor den Kameras sind diese Arten nun sichtbar. Die Insel selbst liegt dagegen weitgehend verlassen dar.
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Nur im Frühjahr zeigen die Kormorane sich im prachtvollen Portrait - Foto: NABU-Webcam / Ingo Ludwichowski
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Kormorane im Schneesturm: Bis weit in den März hinein blieb im Jahr 2018 der Brutplatz unwirtlich, doch hatte diese keine Auswirkungen. - Foto: NABU-Webcam / Ingo Ludwichowski
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Brütende Mantelmöwe - Foto: NABU-Webcam / Ingo Ludwichowski
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Silbermöwe V2M2 - Foto: NABU-Webcam / Ingo Ludwichowski
Erste Wanderungen
Zur Brutzeit waren wieder neben hier geschlüpften Kormoranen auch zahlreiche dänische sowie einzelne "Hiddensee"-Ringträger anwesend. Der Bestandsanstieg in Wallnau ist vermutlich - neben der eigenen Rekrutierung - vor allem auf diese Zuwanderung aus dänischen Kolonien zurückzuführen. Dort waren in diesem Jahr Brutbestand und Bruterfolg sehr schlecht, wie Stippvisiten des NABU mit dänischen Ornithologen ergaben.
Diesjährige Jungvögel sind bereits seit Anfang August abgewandert. Ein Wallnau-Jungvogel erreichte dabei Swinemünde (erster Wallnau-Vogel in Polen), ein anderer war bereits zur selben Zeit an der Westküste Dänemarks. In Kürze werden wahrscheinlich nun weitere Sichtungen aus Frankreich und den Niederlanden folgen. Zumindest die Wattenmeerküste Niedersachsen hat in diesem Jahr bereits Besuch aus Wallnau erhalten.
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Mantelmöwe und Kormoran koexistieren brütend in enger Nachbarschaft. Möwen interessieren sich für verlorenen Fisch. Nur bei Störungen rauben sie auch Kormoran-Eier.- Foto: NABU-Webcam / Ingo Ludwichowski
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Junge, farbberingte Kormorane vor dem Flügge-werden. Der NABU erwartet nun weitere spannende Ablesungen dieser Tiere aus dem Südwesten Europas. - Foto: NABU-Webcam / Ingo Ludwichowski
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Die lang anhaltende Trockenheit führte nach der Brutzeit zur drastischen Senkung des Wasserspiegels und düfte den Abzug der Kormorane beschleunigt haben.- Foto: NABU-Webcam / Ingo Ludwichowski
Weitere Brutvögel
Auch Mantel- und Silbermöwen brüteten wieder erfolgreich auf der Insel. Durch das Anwachsen der Kormoran-Kolonie wurden die Silbermöwen allerdings in die Randbereiche der Insel abgedrängt. Der Bestand ging daher deutlich zurück. In diesem Jahr brütete erstmals ein farbberingter Silbermöwen-Altvogel in der Kolonie, der vier Jahre zuvor in Wallnau nestjung markiert worden war. Daneben sind mehrere Ringträger aus der Silbermöwen-Kolonie auf dem nahe gelegenen Lemkenhafener Warder in Wallnau anwesend. Ebenfalls anwesend war das bekannte, alte dänische Silbermöwen-Weibchen "gelb V2M2" (beringt im Jahr 2002 auf der dänischen Seite des Fehmarnbeltes), das allerdings seinen kennzeichnenden, stark verschlissenen Farbring nach 16 Jahren nun verloren hat und nur noch am beständigeren Metallring (deutlich schwieriger) zu identifizieren war. Ein Paar Mantelmöwen brachte wohl zwei Jungvögel durch, die die Insel schnell verließen. Daneben haben in der allerdings zumeist wegen der Trockenheit schütteren Vegetation mehrere Gänse- und Entenarten (Grau- und Kanadagans, Stock-, Schnatter-, Tafel-, Reiher- und Kolbenente) gebrütet.
Im Winter wird der Teich wieder mit Niederschlagswasser gefüllt werden, damit die Kormorane auch im kommenden Jahr sicher und erfolgreich brüten können. Ob die Kolonie dann erneut weiter anwächst und zur größten der schleswig-holsteinischen Ostseeküste wird?
ILu 3. September 2018
Leben in der Kolonie beginnt wieder
Kormorane beziehen Nistplätze - Gutes Ergebnis in 2017
Gutes Brutjahr 2017
Für die rund 280 Paare des Kormorans auf der Insel – der höchste bislang jemals auf der Insel registrierte Bestand – war 2017 ein außergewöhnlich gutes Jahr. Insgesamt sind wohl mehr als 400 Jungvögel flügge geworden. Am 28. Mai 2017 konnten von den NABU-Aktiven davon 367 Jungvögel mit Metallringen der Vogelwarte Helgoland markiert werden, davon 235 zusätzlich mit farbigen gelben Fußringen, die eine Identifizierung der Individuen auch auf größere Distanz ermöglichen.
Ein Besuch auf der Kormoran-Insel im Schutzgebiet im Herbst 2017 diente neben der Sicherung der Kameras dazu, Ringe von markierten jungen Vögeln einzusammeln, die es „nicht geschafft“ haben, flugfähig zu werden und vorher verendeten – ein Sterben in gewissem Ausmaß, das in einer großen Kolonie jedes Jahr üblich ist. Durch das Absammeln lässt sich die Zahl der Vögel, die tatsächlich flügge werden, besser abschätzen. Die Zahl dieser Totfunde, von denen häufig nur noch wenige Reste übrig geblieben sind, war im Jahr 2017 vergleichsweise gering, der Aufzuchterfolg in der Kolonie also überdurchschnittlich hoch.
Ablesungen aus den Winterquartieren
Recht schnell hatten sich im vergangenen Herbst schon die ersten Kormorane nach dem Flüggewerden auf den Weg gemacht. Bereits am 11. Oktober 2017 erreichte der Wallnauer Kormoran „A628“ auf dem Weg in den Süden die Stadt Bilbao in Nordspanien. Andere mit einem gelben, vierzifferigen Farbring markierte Kormorane sind um die Zeit zumindest schon in den Niederlanden und in Frankreich. Der zweite Afrika-Fund eines Kormorans aus Wallnau kam in diesem Winter aus Algerien, nachdem zuvor schon ein Vogel von der marokkanischen Atlantikküste zurückgemeldet worden war. Nach dänischen Ergebnissen wandern aber immer weniger Kormorane so weit, die Zugwege verkürzen und verlagern sich zunehmend nach Westen. Dagegen harrten andere Jungvögel noch bis Mitte November 2017 in Wallnau aus. Erneut schlugen einzelne bereits nicht weit von der Brutkolonie entfernt in der Lübecker Bucht ihr Winterquartier auf, ohne also über eine größere Distanz abzuwandern.
Neben dem Männchen „A015“, das seit dem Winter 2013/14 in der Lübecker Bucht bei Neustadt und Kellenhusen ausharrt und seit 2015 im Frühjahr und Sommer regelmäßig an seinem Schlupfort in Wallnau auch brütet, gesellt sich nun „A663“, der vor allem im Schellbruch und in Travemünde abgelesen wurde. Kormorane sind also Teilzieher: ein Teil der Wallnauer Kormorane sucht südliche Quartiere bis Nordafrika auf, andere harren dagegen im Winter in der Nähe ihrer Brutstätten aus.
„A629“ hat es im Ende August 2017 im Zuge der Zerstreuungswanderung der Jungvögel zunächst nach Südschweden verschlagen, also entgegen der eigentlichen Abzugsrichtung SW. Weitere junge Kormorane erreichen dabei zumindest die umgebende dänische Inselwelt. Manche harren durchaus länger an einem Ort aus und überwintern in der Folge auch dort. So nutzt der Kormoran „A717“ seit Anfang September 2017 die Braunschweiger Rieselfelder als Rastplatz und war dort auch noch im März 2018 anwesend. Manche Tiere suchen als Zwischenstopps auf ihrer Wanderung immer wieder denselben Ort auf: Kormoran „A356“ hält sich sowohl im März / April wie auch im November 2017 an der Ems bei Rheine / NRW auf, war aber zwischenzeitlich im August 2017 auch in Wallnau gesehen worden.
Viele Ablesungen
Im Jahr 2017 gelangen erneut zahlreiche Ablesungen eigener und „fremder“, markierter Kormorane. Fast 1.000 mal konnte der Code auf den Metall- oder Farbringen mit Hilfe der vier Webcams erkannt und jeweils einem einzelnen Tier zugeordnet werden. Damit erfährt deren Lebensgeschichte eine spannende Fortsetzung. So sind immer noch Kormorane in der Kolonie anwesend, die bereits im ersten Jahr 2006 nestjung in Wallnau beringt wurden. Die Ergebnisse der Ablesungen von beringten Kormoranen in der Kolonie sind in den Grafiken 1 bis 3 dargestellt.
Ablesungen markierter Kormorane in der Kolonie im NABU Wasservogelreservat Wallnau
Ablesungen im ersten Kalenderjahr (K 1) in der Kormorankolonie im NABU Wasservogelreservat Wallnau nestjung markierter Kormorane am Schlupfort. Die ersten Jungvögel werden Anfang / Mitte Juni flügge und beginnen bereits im Juli die Insel zu verlassen. Der Abzug ist Ende August weitgehend vollzogen. Wenige Einzeltiere können länger ausharren (vergl. auch Grafik 3); (n = 1.973 Beobachtungen von 521 Individuen, jede Beobachtung eines Individuums je Zeiteinheit in der Grafik nur einmal berücksichtigt).
Ablesungen in Wallnau nestjung markierter, nichtbrütender vorjähriger (im 2. Kalenderjahr K 2) und älterer Kormorane (im 3. und weiteren Kalenderjahren K 3+) in der Kormoran-Kolonie im NABU Wasservogelreservat Wallnau. Brutvögel (K 3+) treffen ab Anfang Februar in der Kolonie ein. Die meisten erreichen den Brutplatz aber erst Ende März / Anfang April. Bis Ende Juni bleibt die Zahl weitgehend konstant, die scheinbar abnehmende Zahl an Vögeln dieser Altersgruppe in diesem Zeitraum dürfte auf die geringere Wahrscheinlichkeit der Ringablesung auf dem Nest brütender Tiere zurückgehen. Wie die Jungvögel – und möglicherweise mit diesen zusammen – verlassen Altvögel die Insel im Juli und weitgehend vollständig bis Ende August. Vorjährige, in Wallnau geschlüpfte Nichtbrüter (K 2) kommen erst verspätet bis Ende Mai in der Wallnauer Kolonie an und verlassen diese im selben Zeitraum wie Wallnauer Altvögel. (K 2: n = 391 Beobachtungen von 76 Individuen, K 3+: n = 846 Beobachtungen von 69 Individuen).
Ablesungen diesjähriger (Kalenderjahr K 1), vorjähriger (K 2) und älterer (K 3+) in Dänemark (v. a. Lolland, Falster und Mön) nestjung markierter Kormorane in der Kormoran-Kolonie im NABU Wasservogelreservat Wallnau. Diesjährige Jungvögel (K 1) aus dänischen Kolonien erreichen die Insel in Wallnau ab Mitte Juli, komplementär zum zeitlichen Abzug Wallnauer Jungvögel (vergl. Grafik 1), harren aber möglicherweise im Herbst in größerem Umfang in Wallnau aus.
In Dänemark geborene Altvögel (K 3+), die sich zu einem größeren Teil in den Folgejahren in Wallnau als Brutvögel ansiedeln können, verhalten sich ähnlich wie in Wallnau beringte Brutvögel.
Vorjährige Nichtbrüter dänischer Abstammung (K 2) ähneln in ihrem Auftreten den Wallnauer Tieren desselben Alters (vergl. Grafik 2). Mehrfach ist belegt, dass Wallnauer Brutvögel (K 3+) dänischer Abstammung schon als Jungvögel (K 1) wie vorjährige Tiere (K 2) in Wallnau anwesend waren. (K 1: n = 26 Beobachtungen von 21 Individuen, K 2: n = 89 Beobachtungen von 48 Individuen, K 3+: 182 Beobachtungen von 48 Individuen).
Traditionell und aufgrund der starken Beringungsaktivität spielen bei den mit Ringen anderer Beringungszentralen beringten Vögeln diese dänischen Kormorane der Beringungszentrale in Kopenhagen mengenmäßig die größte Rolle, gefolgt von Tieren der mecklenburg-vorpommerschen Kolonie „Heuwiese“ an der Ostseeküste mit „Hiddensee-Ringen“. Zwei Mitarbeiter des NABU unterstützen seit Jahren Kjeld Tommy Pedersen vom Zoologischen Museum Kopenhagen bei seiner wichtigen Beringungstätigkeit in Dänemarks großen Kormoran-Kolonien, bei der jährlich mehrere tausend Tiere markiert und dann u.a. in Wallnau abgelesen werden. Aber auch aus schwedischen,polnischen und finnischen Kolonien werden einzelne Tiere in Wallnau identifiziert.
Ausblick auf das Brutjahr 2018
Die Brutsaison 2018 wirft bereits ihre ersten Schatten voraus. Schon am 16. Februar hatten zahlreiche Kormorane die Kolonie besetzt. Darunter befanden sich drei dänische Vögel, die seit mehreren Jahren in Wallnau nisten. Eher spärlicher bis dahin noch der Einflug von in Wallnau gekennzeichneten Vögeln. Bis zum Kälteeinbruch Ende Februar, der mit Temperaturen unter minus 10 Grad Celsius und dem letztmaligen Zufrieren des ganzen Teiches die Situation für brutwillige Tiere eher unwirtlich machte, waren zwar schon einzelne vorjährige, allerdings nicht brutfähige Jungvögel aus Wallnau dabei, doch erst nachdem sich der Frühling Mitte März mit wärmeren Temperaturen durchgesetzt hatte, kamen auch die eigenen beringten Brutvögel hinzu. Nach dem witterungsbedingten Verlassen der Kolonie haben derzeit schon rund 40 Paare die Kolonie besetzt und balzen auf den Nestern. Das Beobachten der Tiere (nicht nur) über die Webcams bleibt also weiterhin spannend, wie auch die Frage, wie sich der Kormoran-Bestand im kommenden Jahr verhält. Ob es wieder ein gutes Jahr wird?
ILu 13. April 2018