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Vogelkolonien in der Haseldorfer Marsch
Der Graureiher
Seit 2014 nicht mehr größte Kolonie in Schleswig-Holstein
Ehemals Beizwild des Adels und streng gehegt, wurde der Graureiher (Ardea cinerea), auch als "Fischreiher" bekannt, nach der Jagdverordnung für Schleswig-Holstein vom 2. Juli 1784 unter den "zu vertilgenden Stoß- und Raubvögeln" aufgeführt und als vermeintlicher Nahrungskonkurrent des Menschen besonders intensiv verfolgt.
Bis zum Jahr 1891 wurden jährlich 2.000 Exemplare abgeschossen und die ungeheure Zahl von 15.000 Eiern vernichtet, so dass es zu Beginn des 20. Jahrhunderts im ganzen Land nur noch etwa 500 Paare gab.
Erst als ab 1950 das Eiersammeln und das regelmäßige Abschießen der Nestlinge im Westen des Landes eingestellt wurde und 1977 eine Novellierung der Bundesverordnung über die Jagdzeiten erfolgte, durch die der Graureiher ganzjährig mit der Jagd zu verschonen sei, kam es zu einer raschen Bestandszunahme auf über 2.000 Brutpaare in 50 Kolonien und Einzelbrutvorkommen in Schleswig-Holstein, wobei seit etwa über 10 Jahren eine weitere Zunahme nicht mehr möglich zu sein scheint, weil der Bestand offenbar die Lebensraumkapazität erreicht hat.
In der größten Kolonie des Landes wurden im Jahr 2001 284 Paare gezählt. Sie ist seit 1984 als Artenschutzgebiet ausgewiesen und befindet sich in einer Eichenallee im ehemaligen Außendeichsgelände neben dem Schlosspark in der Haseldorfer Marsch.
Die erste Graureiherkolonie befand sich in einem Fichtenbestand im Haseldorfer Schloßpark. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die Reiher dort vergrämt. Eine neue Kolonie entstand in nächster Nachbarschaft, in der Eichenallee, wo sie sich bis heute gehalten hat.
Der Graureiher gehört zu den Schreitvögeln (Ciconiiformes). Man kann ihn beim Fliegen von den Störchen deutlich durch die Haltung des Halses, der beim Reiher s-förmig gekrümmt ist und beim Storch gerade, unterscheiden.
Eiablage beginnt Mitte Februar
In Abhängigkeit von der Witterung beziehen die ersten Reiher Ende Januar, bisweilen auch erst Mitte März die Kolonien. Die Eiablage, meist 4-5 Eier, beginnt frühestens Mitte Februar. Die Jungen schlüpfen zwischen dem 10. April und 20. Mai. Im Alter von sieben Wochen beginnen sie das Nest zu verlassen. Durchschnittlich werden 2,8 Junge pro Paar flügge, von denen allerdings 60% in den nächsten Monaten umkommen.
Das gemeinsame Brüten in Kolonien hat Vor-, aber auch Nachteile. Vorteile sind vor allem die frühzeitige Entdeckung und Abwehr von Feinden (viele Augen sehen mehr), die Synchronisation der Jungenaufzucht (kürzere Zugriffszeit, z.B. von Nesträubern), die erleichterte Partnersuche ("Disco-Effekt") oder das vereinfachte Auffinden von Nahrungsgewässern ("Abstauber-Prinzip").
Auf der anderen Seite erhöht sich die Ansteckungsgefahr mit Krankheiten oder Parasiten und die Wahrscheinlichkeit von Eierräubern wie Krähen oder Elstern entdeckt und dezimiert zu werden. Insgesamt gesehen überwiegen aber die Vorteile. Kolonien liegen in der Regel im Zentrum eines nahrungsreichen Gebietes. Je besser und konstanter das Nahrungsangebot, umso größer die durchschnittliche Brutpaarzahl in der Kolonie.
Der Kormoran
Zu Unrecht verfolgt
Ein weiterer Vogel, der sich seit 1994 in der Haseldorfer Marsch niedergelassen und eine Kolonie gegründet hat, ist der Kormoran. Auch er gehört zu den Vogelarten, die als vermeintliche Nahrungskonkurrenten in der Vergangenheit vom Menschen stark verfolgt wurden. Um die Jahrhundertwende war die Festlandunterart, Phalacrocorax carbo sinensis, in weiten Teilen Europas als Brutvogel verschwunden.
Erste Brutversuche am Plöner See
Von den Niederlanden und Polen, wo sich kleine Brutkolonien halten konnten, siedelten sich in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wieder Kormorane in Dänemark, Schweden, Ostdeutschland und Niedersachsen an. In Schleswig-Holstein war der Kormoran Ende des vorletzten Jahrhunderts als Brutvogel ausgestorben. 1890 wurde die letzte Ansiedlung am Flemhuder See beim Bau des Nord-Ostsee-Kanals vernichtet.
Erst 1982 kam es, als Folge verbesserter Schutzbestimmungen und günstiger Nahrungsbedingungen, zum ersten Brutversuch am Großen Plöner See und 1983 zur ersten Kolonie im Naturschutzgebiet Selenter See.
Im Binnenland scheint die Erschließung neuer Nahrungsressourcen durch eine veränderte Jagdstrategie, der Schwarmjagd, den Populationsanstieg des Kormorans erst ermöglicht zu haben, während die Kormorane an der Küste auch weiterhin ganz überwiegend einzeln jagen.
Typisch für den schwarzglänzenden Kormoran ist sein kreuzförmiges Flugbild und die beim Sitzen häufig zum Trocknen ausgebreiteten Flügel. Im Gegensatz zu den meisten Wasservögeln ist sein Gefieder nicht wasserabweisend. Charakteristisch ist auch die Hakenspitze am Schnabel, mit der er Fische besser ergreifen kann.
Die Brutzeit erstreckt sich von April bis Juni und die Brutvögel sind an dem weißen Fleck am Schenkelansatz, dem sogenannten Brutfleck, zu erkennen.
Der Kormoran wurde vor ein paar Jahren aus dem Anhang I der EG-Vogelschutzrichtlinie in den Anhang II (jagdbare Tiere) überführt. Da sich aber die meisten Kolonien in Schutzgebieten befinden ist eine drastische Bestandsminderung nicht zu erwarten.
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