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Natürliche Lebensräume am Fluss
Die drei Komplexe: Der Fluss bringt zum Beispiel Süßwasser, Sedimente und immer wieder variierende Wasserstände; das angrenzende Meer wirkt mit Salzwasser und Tiden; klimatische Faktoren wie Sturm können z.B. Sturmfluten verursachen. Gemeinsam wirken alle Faktoren nicht nur auf das Gewässer ein, sondern bilden auch am Ufer einen eigenständigen Lebensraum mit einer intensiven Verzahnung von Land und Wasser. Nur Spezialisten unter den Pflanzen und Tieren haben sich an diese immer wieder geänderten Bedingungen anpassen können. Sie haben dabei den Vorteil, dass sie sich diesen Lebensraum mit nur wenigen konkurrierenden Arten teilen müssen.
Der Salzgehalt verändert sich
Die Tiden sind bis weit in die Flussmündung hinein wirksam. Etwa zweimal am Tag kommt Flut, und die Ufer werden überspült. Auch der Salzgehalt des Wassers verändert sich im Bereich der Brackwassergrenze, denn mit den Tiden wird die Vermischungszone zwischen Flußwasser und Nordseewasser bei ablaufendem Wasser in Richtung Nordsee und von der nächsten Flut wieder flussaufwärts gedrückt. Das Süßwasser der Elbe pendelt von Wedel aus etwa sechsmal hin und her, bis es endlich die Nordsee erreicht hat. Dabei wird es immer mehr mit Salzwasser gemischt. Die Brackwassergrenze ist der Bereich, in dem unter normalen Bedingungen noch Salzwasser nachweisbar ist, sie liegt auf der Höhe des Twielenflether Sandes.
Schwankungen des Wasserstandes
Die regelmäßigen Tiden werden überlagert von weiteren, unregelmäßigen Schwankungen des Wasserstandes. Hochwasserwellen der Elbe bringen z.B. nach der Schneeschmelze oder nach Regenperioden am Oberlauf mehr Süßwasser. Umgekehrt kann in trockenen Sommern das Wasser in der Elbe sehr weit sinken. In Abhängigkeit von den Jahreszeiten schwanken im Flusswasser auch Temperatur und Sauerstoffgehalt. Auch der Wind beeinflusst das normale Tidegeschehen. Bei ablandigen Winden wird das Wasser aus dem Mündungstrichter der Elbe hinaus gedrückt, so das auffallend niedrige Wasserstände entstehen. Umgekehrt bläst Wind aus nordwestlicher Richtung zusätzlich Wasser in das Ästuar. Bei Sturm oder Orkan sind Sturmfluten die Folge.
Unter natürlichen Bedingungen entsteht in einem Ästuar ein amphibischer Lebensraum, in dem es keine feste Grenze zwischen dem Gewässer und dem Ufer gibt. Es entsteht ein Labyrinth von Prielen und Inseln. Die hohe Wasserdynamik bei hohen Wasserständen und besonders bei Sturmfluten führen zu Erosion und Umlagerungen. Die Pflanzen sind an die Überflutungen angepasst und brauchen sie sogar. Tiere sind beweglich und können ausweichen. Wassertiere wie Fische verlassen das Gebiet mit der Ebbe, Landtiere besonders Vögel fliegen bei Hochwasser zum trockenen Land oder schwimmen. Weniger bewegliche Arten vergraben sich im Schlamm und warten bis das Wasser zurückkommt. Umgekehrt können Landtiere kurzfristige Überflutungen aushalten.
Naturschutzgebiet an der Elbe
Der Mensch hatte große Schwierigkeiten mit den natürlichen Bedingungen in Ästuaren und hat überall, wo er diesen Raum nutzen wollte, immer wieder eingegriffen und die Landschaft völlig verändert. Der Fluss wurde kanalisiert und das Ufer eingedeicht.
An anderen Flussmündungen ist so von dem ursprünglichen, amphibischen Lebensraum des Ästuars nichts übrig geblieben. Das Elbufer des Kreises Pinneberg ist eine erfreuliche Ausnahme, denn hier wurde zwischen dem Deich und der Fahrrinne ein schmaler Streifen des Ufers und die Elbinseln von Drommel bis Pagensand unter Schutz gestellt.
In diesem Streifen sind Reste der für ein Ästuar typischen Lebensräume erhalten oder konnten wieder entstehen. Hier ist an manchen Stellen die parallel zum Ufer vorhandene Zonierung der Vegetation zu erkennen. Bei Niedrigwasser sieht man auf den tiefsten Flächen im Fluss Watt ohne Pflanzen, weiter oben stehen Gürtel von Binsen, es folgen Schilf und weiter zum Land hin Hochstauden und schließlich Weidenbüsche. Jede dieser Zonen hat eine eigene Tierwelt, und manche gefährdete Art hat sich wieder angesiedelt wie z.B. Blaukehlchen oder Beutelmeisen. Seit etwa zwanzig Jahren konnte sich im Naturschutzgebiet der Uferstreifen weitgehend ungestört entwickeln.
An einigen Stellen sind noch Reste der früheren Bewirtschaftungen mit Obstbäumen , Baumreihen und -gruppen zu erkennen, sie werden langsam von einer mehr natürlichen Vegetation ersetzt und von weiteren Tieren besiedelt. Teile des Grünlandes werden im Naturschutzgebiet bewußt erhalten und vermitteln ein Bild von der vom Menschen veränderten Ästuarlandschaft. Sie sind Rastplätze für nordische Wintergäste.
Der Landschaftstyp Ästuar ist in dieser Vollständigkeit und Ausdehnung an keiner anderen deutschen Flussmündung zu finden. Der Deich bietet beste Möglichkeiten - ohne zu stören - die Natur und viele interessante Arten zu beobachten.