Blutbiene auf dem Finger - Foto: Helge May
Bienenschutz ...
„… natürlich auch für Wildbienen!“
Nur wenige Tierarten, erst recht nicht unter den Insekten, haben ein so positives Image wie die Honigbiene. Die fleißige Bienenarbeiterin, die unermüdlich selbstlos den so schmackhaften, süßen Honig produziert und dabei die Obstbäume bestäubt. Geprägt durch Geschichten rund um die Biene Maja sind Generationen von Kindern mit diesem Bild aufgewachsen. Selbst die Möglichkeit eines schmerzhaften Bienenstichs, bei Wespen und Hornissen Ursache häufig panischer Reaktionen und umgehender Nestvernichtungen, wird den Honigbienen nachgesehen, ja sogar noch medizinisch-therapeutisch genutzt.
Häufig wird dabei übersehen, dass sich unter dem allgemeinen Begriff „Bienen“ nicht nur die Honigbiene verbirgt, sondern Deutschland weit rund 560 weitere, überwiegend einzeln (solitär) lebende Wildbienenarten. In Schleswig-Holstein sind es 296 Wildbienenarten (und die Honigbiene), davon sind knapp 50 % auf der Roten Liste, also gefährdet oder vom Aussterben bedroht. In anderen Bundesländern ist der Anteil sogar noch höher.
In Zeiten des „Bienensterbens“ und den in Mode gekommenen Initiativen zum Thema „Bienenschutz“ liegt aber der Focus der öffentlichen Diskussion sehr einseitig auf der Honigbiene. Meist versteckt und nebenbei wird in vielen Veranstaltungen, Vorträgen und Publikationen noch ein „… und natürlich auch Wildbienen“ hinterher geschoben. Aus ökologischer Sicht würde aber wohl der Verlust der Wildbienen viel schwerer wiegen als Ausfälle in den Reihen der Honigbienen.
Wildbienen ökologisch bedeutsamer
Daher muss beim Blick auf „die Bienen“ aus Sicht des Arten- und Naturschutzes vor allem der Schutz der teilweise hochspezialisierten Wildbienen im Vordergrund stehen. Denn Wildbienenschutz nutzt immer auch der Honigbiene, Honigbienenschutz nicht immer aber den Wildbienen! Ausgeräumte Landschaften In den vergangenen Jahrzehnten hat in weiten Teilen Mitteleuropas – und damit auch in Schleswig-Holstein – eine beispiellose Ausräumung, Nährstoffbelastung und Versiegelung der Landschaft stattgefunden. Die Beeinträchtigung der Nahrungsräume und die Zerstörung der Nistplätze der heimischen Wildbienen sind die Hauptgründe für den starken Rückgang der Wildbienen. In Deutschland stehen 53% aller Arten auf der
Roten Liste. Weitere Faktoren verschärfen diese Entwicklung und die kritische Lage vieler Arten. Die in Landwirtschaft und Gartenbau eingesetzten Pestizide und Herbizide können zu einer direkten Vergiftung der Tiere und der Larven in den Brutzellen führen. Großflächige Mäharbeiten können schlagartig das Blütenangebot vernichten, mit der Konsequenz bedrohlicher Nahrungsengpässe.
Mehrere Untersuchungen haben mittlerweile nachgewiesen, dass sich auch die Nahrungskonkurrenz der Honigbiene negativ auf die Bestände der Wildbienen auswirken kann. Vor dem Hintergrund der massiven Landschaftsveränderungen sowie der Intensivierung der Nutzungen – vor allem in der Landwirtschaft – scheint diese Konkurrenz zunächst eher von untergeordneter Bedeutung, vor dem Hintergrund des Kampfes um die letzten Ressourcen an ungenutzten Flächen, einem begrenzten Nahrungs- und Nistplatzangebots in der Landschaft muss es daher die Aufgabe des Naturschutzes sein, hier für die Sicherung und Optimierung der noch vorhandenen Wildbienenlebensräume einzutreten.
Ohne Hilfe nicht überlebensfähig
Ein Bienenvolk der in Mitteleuropa von Menschen gehaltenen sog. Hochzuchtrassen – die gar nichts mehr gemein haben mit der ursprünglich hier lebenden, heimischen Dunklen Honigbiene – besteht aus ca. 20.000 (im Extremfall bis zu 80.000) Arbeiterinnen. Der Imker versucht seine Völker vor den schädlichen Einflüssen (Wetter, Feinde, Parasiten, Krankheiten etc.) zu schützen. Selbst für die Überwinterung oder für eine Zufütterung in Zeiten von Nahrungsengpässen ist gesorgt.
Vielfalt der Bienen
Eine gewaltige Anzahl von Arbeiterinnen bzw. Sammlerinnen befliegen die Umgebung ihrer Stöcke in einem Radius von mehreren Kilometern. In großen landwirtschaftlichen Monokulturen ist das natürlich erwünscht, unter den Bedingungen der Landwirtschaft wohl sogar notwendig. Bis auf wenige Ausnahmen wie bestimmte Hummel- oder einige andere größere Arten legen Wildbienen dem gegenüber nur wenige hundert Meter zwischen Nist- und Nahrungsplatz zurück. Je größer bei diesen Arten die Distanzen zwischen den Nahrungsquellen und den Nistplätzen ist, umso größer sind die negativen Auswirkungen auf den Fortpflanzungserfolg.
Auch die Parasitierung der Brutzellen nimmt dann stark zu, da diese aufgrund der zeitintensiveren Sammelflüge länger unbewacht bleiben. Hobbyimker halten am selben Standort üblicherweise wenige, Berufsimker hingegen sehr viele Völker. Derartige Konzentrationen, die bei wilden Honigbienen natürlicherweise nicht vorkommen, vergrößern die „Honigbienenschwemme“ vor Ort noch. Aus einem Bienenstand mit etlichen Völkern werden somit mehrere hunderttausend Sammlerinnen auf z.B. Rapsfelder losgelassen – und damit aber auch in die umgebende Natur. Werden diese Honigbienenvölker nach einiger Zeit umgesetzt, tritt diese „Bienen-Flut“ am neuen Standort erneut sehr plötzlich auf. Von einem auf den anderen Tag können die dort noch vorkommenden Solitärbienen dann ihre letzten Pollenquellen verlieren. Eine Feldstudie stellte etwa fest, dass auf Flächen ohne Honigbienen die Solitärbienen wie Blattschneider-, Mauer- und Wollbienen sich 2–5mal besser vermehren als auf Arealen, die intensiv von Honigbienen besammelt werden. Ein weiteres Beispiel: Die Häufigkeit einer auf Heidekraut spezialisierten Seidenbiene stieg linear mit der Entfernung zu Honigbienenvölkern an.
Heutzutage findet in den Monokulturen der industrialisierten Landwirtschaft eine Verdrängung von Wildbienen allerdings kaum noch statt. In diesen ausgeräumten Agrarflächen fehlen geeignete Niststrukturen wie offene Bodenflächen, Altholz, Nahrungspflanzen – also praktisch alles, was die heimischen Wildbienen zum Überleben brauchen! In der Umgebung solcher Flächen gibt es dann auch nicht mehr so viele Solitärbienen, wie sie für die Bestäubung dieser Monokultur nötig wären. Einem Honigbienenvolk entsprechen je nach Hummelart etwa 200–500 Hummelvölker – so viele können in einem solchen Umfeld gar nicht existieren.
„Die Fliege des weißen Mannes“
Bei der Besiedlung Nordamerikas durch europäische Auswanderer spielte die Honigbiene eine wichtige Rolle. Wahrscheinlich Anfang des 16. Jahrhunderts gelangten die Tiere mit spanischen Schiffen in den karibischen Raum und anschließend auf das amerikanische Festland. Anfang des 17. Jahrhunderts sind Honigbienen auch aus England eingeführt worden. Wo immer Europäer sich anschließend niederließen, stets hatten sie ihre Nutztiere und -pflanzen dabei. In der weiteren Besiedlung und Ausbreitung Nordamerikas haben sich die Bienen immer etwas vor den Siedlern – wie eine Vorhut – im Land ausgebreitet. Die Indianer nannten sie daher die „Fliege des weißen Mannes“, das Auftreten war für sie ein Anzeichen, dass die Siedlungen der Weißen nicht mehr weit waren.
Das Bild der den Siedlern als biologische Vorhut vorauseilenden Biene ist umfangreich in die Dichtung, Literatur und Naturgeschichte Nordamerikas eingegangen, aber auch an vielen anderen Orten der Welt zu beobachten gewesen. Wo immer sich europäische Siedler niederließen, war die Honigbiene mit dabei: mit manchmal katastrophalen Auswirkungen auf die dort heimische Fauna und Flora, sei es durch Verdrängung und Höhlenbesetzung in den Altbäumen, aber auch durch das Vorgehen der menschlichen Honigjäger. Die alten, höhlenreichen, von Honigbienen besetzten Bäume wurden dafür kurzerhand gefällt oder abgebrannt und ausgeräuchert. Eine erfolgreiche Honigjagd führt damit unweigerlich zur Zerstörung alter Bäume. Die zunehmende Siedlungsdichte führt letztlich dazu, dass in ganzen Landstrichen alte, höhlenreiche Urwaldbäume vernichtet waren. Wissenschaftler gehen davon aus, dass dadurch auch einheimische Vogelarten in Nordamerika wie z.B. der grüne Karolinasittich, eine Papageienart, ausgestorben sind.
Quelle: Robischon, Marcel (2012)
Problem Nahrungskonkurrenz
Monokulturen bieten vom Frühjahr bis Herbst natürlich keine durchgehend lückenlose Blütentracht. Daher müssen Honigbienen in wechselnder Anzahl auch die erreichbaren naturnahen oder natürlichen Randareale abfliegen. Wildbienen nutzen zeitweise in erheblichem Umfang die gleichen Pflanzenarten als Nektar- und Pollenquellen. Bei hoher Überlappung der besuchten Nahrungspflanzen und hoher Dichte der Honigbiene kann diese als stärkere Art das Nahrungsangebot auf den von den Wildbienen bevorzugten Blüten erheblich reduzieren. Die Wildbienen werden gezwungen, auf alternative Nahrungspflanzen auszuweichen. Fehlen diese, kann es in der Folge zu einer geringen bis starken Verdrängung von Wildbienen kommen.
Die mögliche „Verdrängung“ der Wildbienen durch Honigbienen auf solch naturnahen oder natürlichen Flächen erfolgt also durch Nahrungskonkurrenz. Pollenkörner können nur einmal gesammelt werden und Nektar wird nur begrenzt von der Pflanze produziert. Wildbienen haben daher gegen die Konkurrenz der vielen Honigbienen nur eine Chance, wenn sie z.B. frühmorgens vor der Konkurrenz sammeln, Blüten besuchen, die von Honigbienen wegen ihrer Größe oder Rüssellänge nicht besammelt werden können oder die Honigbienen nichts zu bieten haben – etwa Gilbweiderich-Arten, die Öl statt Nektar absondern.
Wildbienen sind von der Nahrungskonkurrenz der Honigbienenvölker in unterschiedlichem Maße betroffen. Sogenannte „polylektische“ Bienen, also Nahrungsgeneralisten, die viele verschiedene Pollenquellen nutzen, sind dabei weniger gefährdet. Oligolektische, also auf eine Blütenpflanzengattung oder sogar nur eine Blütenpflanzenart spezialisierte Bienenarten, sind somit deutlich stärker dieser Konkurrenz ausgesetzt. Nahrungsgeneralisten wie die meisten Hummeln oder die großen Mauerbienen können sich der Konkurrenz der Honigbiene in einer Nahrungsnische teilweise entziehen, während die Nahrungsspezialisten dem Druck wesentlich massiver ausgesetzt sind. Gegenüber Honigbienen sind sie nur im Vorteil, wenn ihre Blüten von der Konkurrenz nicht genutzt werden können, etwa weil Honigbienen mit ihren kurzen Rüsseln längliche, röhrenförmige Blütenformen nicht nutzen können.
In der mitteleuropäischen Wildbienenfauna sind rund dreißig Prozent der nestbauenden Arten oligolektisch, ungefähr sechzig Prozent polylektisch. Die Blütenpräferenzen der restlichen zehn Prozent sind noch unbekannt. Zwischen den Nahrungsspezialisten und -generalisten gibt es allerdings breite Übergänge.
Honigbienenfreie Zonen um Schutzgebiete notwendig
Abseits der industriellen Landwirtschaft, also in Landschafts- und Naturschutzgebieten sowie in Gemeinden und Städten, in vielen Privatgärten ist die Konzentration der Bienenstöcke (bislang noch) geringer. Aber auch hier ist der Mensch im Laufe der Vegetationsperiode verantwortlich für die starke Schwankungen der Blütenpräsenz: Wenn Stadtverschönerungsinitiativen, Grünflächenämter, aber auch Privatpersonen im Frühsommer den sogenannten „Unkräutern“ zu Leibe rücken, entsteht ein „Sommerloch“ im Blütenangebot mit unter Umständen erheblichen Konsequenzen. Wenn grundsätzlich – und erst recht bei bestimmten spezialisierten Arten – jede vorhandene, nicht gemähte Blüte zählt. Wenige Honigbienen können dann die Solitärbienen verdrängen.
Nach Ansicht des NABU darf es daher in Schutzgebieten keine domestizierten Honigbienen geben. Damit sie nicht von außen in diese Schutzgebiete einfliegen, sollten Bienenstöcke einen Abstand von mindestens 1,5 – 2 km zu Naturschutzgebieten einhalten. Eine entsprechende Regelung ist notwendig: Immer wieder haben Imker in der Vergangenheit angefragt, ob sie ihre Honigbienenvölker an oder sogar in Naturschutzgebieten aufstellen können. Dies wurde von Seiten des NABU als auch der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde in einem Küstenschutzgebiet schon abgelehnt.
Honigbiene als landwirtschaftliches Nutztier
Honigbienen gelten meist als „die Bienen“ und Bienen als „die Blütenbestäuber“ schlechthin. Imker werden schnell als die Bewahrer der Natur und Schöpfung betrachtet. Mit „wahrer“ Natur hat die Imkerei allerdings nicht viel zu tun. Honigbienen, die in Natur und Garten fliegen, sind eben nicht die ehemals wilden, heimischen Honigbienen, sondern Zuchtformen fremdländischer Rassen.
Diese Nutztiere sind Eigentum eines Imkers, der sie in seinen Bienenkörben hält, pflegt, schützt und bewirtschaftet. Ohne diese Unterstützung sind diese Arten, diese Völker nicht lange überlebensfähig. Die Völker domestizierter Honigbienen sind Dank der Pflege des Imkers erheblich größer als die ihrer wild lebenden Verwandten und produzieren viel mehr Honig. Zugleich sind sie aber anfälliger z.B. gegenüber ungünstiger Witterung und Krankheiten. Der Wert der Honigbienen liegt längst nicht mehr nur in der Honigproduktion. Der eigentliche kommerzielle Wert besteht heutzutage fast ausschließlich in der Bestäubung der Massentrachten in der industrialisierten Landwirtschaft. Sofern die Gesellschaft diese Form der Landwirtschaft weiter unterstützt, bleibt zumindest für diese Flächen der Einsatz der Honigbiene unumgänglich. Die Haltung von Honigbienen ist damit eine Form der landwirtschaftlichen Massentierhaltung – eben nur bei Insekten. Laut Bundeslandwirtschaftsministerium liegt der deutsche ProKopf-Verzehr an Honig mit über einem Kilo pro Jahr weltweit an der Spitze. Der in Deutschland konsumierte Honig stammt zu 70–80 Prozent aus Importen, vor allem aus Lateinamerika, Spanien, Bulgarien und China. In der gesamten EU betreiben 97% der Imker die Imkerei höchstens als Nebenerwerb. Nur ein Drittel der Stöcke gehören Imkern mit 100 und mehr Völkern. Auch in Deutschland gibt es Großimker mit über 400 Völkern. Das ist aber wenig gegenüber der Massentierhaltung in den USA. Nur fünf Prozent der Imker halten dort 95% der Honigbienen. Tausende Völker werden auf Lastwagen durch das Land gekarrt, um die Befruchtung in gigantischen Plantagen stehender Nutzpflanzen zu besorgen.
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NSG Löwenstedter Sandberge: Honigbienen sollten nicht in Schutzgebiete eingebracht werden. - Foto: Dr. Kuno Brehm
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Bahnbrache mit Nachtkerzen: ideal für Wildbienen - Foto: Helge May
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Weißkleereicher Parkrasen: Zeitweises Nahrungsangebot - Foto: Helge May
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Weizenanbau in ausgeräumter Landschaft: kein geeigneter Lebensraum für Wildbienen - Foto: Ingo Ludwichowski
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Rapsacker: Bestäubung durch Honigbienen notwendig - Foto: Helge May
Bienen und ihr Lebensraum
Bestäubungsleistung der Wildbienen
Die Natur kommt offenbar ohne Honigbienen aus. Es gibt keine Wildpflanzen, die nur von Honigbienen bestäubt werden können, die also ohne Honigbienen aussterben würden. In Amerika gab es vor Kolumbus keine Honigbienen, dennoch haben sich dort viele Blütenpflanzen entwickelt, die heute auch von europäischen Honigbienen besucht werden. Wildbienen sind intensive Blütenbesucher. Aufgrund ihrer Artenzahl, ihres Verhaltens beim Besuch der Blüte sowie der weiten Verbreitung sind Wildbienen, gerade auch im Vergleich zu anderen blütenbesuchenden Insekten besonders wichtige Bestäuber von Wild- und Nutzpflanzen. Es gibt Hinweise, dass der Einsatz von Wildbienen in der Saatgutproduktion und der Pflanzenzucht in der Praxis viel kostengünstiger ist als der von Honigbienen. Bereits heute werden Vertreter der Mauerbienen gezielt als Bestäuber in Obstplantagen oder von Mandelbäumen eingesetzt. Sandbienen und Hummeln sind wichtige Bestäuber von Heidelbeeren, Hummeln werden in Gewächshäusern für die Bestäubung der Tomaten und Blattschneiderbienen im Luzerneanbau eingesetzt. Die Zahl der Nutzbienenarten wird zukünftig sicher noch steigen.
Was tun für Wildbienen?
Eines vorne weg: die besten Nisthilfen und ein noch so blütenreicher Garten können Schutzmaßnahmen in der freien Landschaft nicht ersetzen. Viele Wildbienenarten können aufgrund ihrer speziellen ökologischen Ansprüche nicht im Wohnumfeld des Menschen existieren, da sie an Lebensräume gebunden sind, die es dort nicht gibt oder hier nicht ohne weiteres herzurichten sind. Für eine ganze Anzahl von Wildbienen lassen sich allerdings die Lebensbedingungen optimieren, indem man das Angebot an Nistmöglichkeiten und gleichzeitig das Nahrungsangebot verbessert. Eine Erhöhung des Blütenangebots in der Landschaft in ausreichender Quantität und Qualität über das Sommerhalbjahr stellt ein wichtiges Ziel für den Naturschutz aber auch in der Imkerei dar. Hier bieten sich gute Möglichkeiten der Zusammenarbeit an.
Ackerblühstreifen für Wildbienen?
Beim Ackerblühstreifen für den Wildbienenschutz muss zwischen ein- und mehrjährigen Blühstreifen unterschieden werden. Einjährige Blühstreifen sind meist artenarm, enthalten viele Kulturpflanzen und blühen nur kurz – sie sind damit für die Förderung von Wildbienen ungeeignet. Mehrjährige Blühstreifen sind deutlich positiver zu beurteilen, sofern sie artenreich sind und vor allem aus Pflanzen bestehen, die von den spezialisierten Wildbienenarten genutzt werden können. Wenn irgend möglich, sollte Regio-Saatgut, am besten gebietseigenes Saatgut, verwendet werden. Damit sich überhaupt dauerhaft Wildbienenpopulationen aufbauen können, müssten Blühstreifen im Verbund angelegt werden und über möglichst lange Zeit bestehen bleiben. In der ausgeräumten Agrarlandschaft fehlen aber zudem in der Regel die notwendigen Nistlebensräume. Daher müssen neben dem mehrjährigen Nahrungsangebot auch entsprechende Flächen in entsprechender Größe und mit den notwendigen Strukturen zur Verfügung stehen – oder angelegt werden. So muss über die Anlage oder das Belassen von Böschungen und Ackerrändern mit extensiverPflege, Erhalt von Ackerrändern auf unbefestigten Böden, Anlage und Erhalt offener Bodenstellen oder die Schaffung senkechter Erdkanten oder ähnliches am Ackerrand nachgedacht werden. Leider schlägt auch hier die industrialisierte Landwirtschaft zu – durch den intensiven Anbau auch auf bislang kaum nutzbarer Flächen fallen diese letzte Reste naturnaher Lebensräume häufig weg – für Wildbienen ist dann da kein Platz mehr.
Viel Unsinn auf dem Markt
Im Zuge der stark wachsenden öffentlichen Aufmerksamkeit beim Thema „Bienen“ werden vielfach als die „Hilfsmaßnahme“ schlecht hin sogenannte „Wildbienenhotels“ oder „Insektenhotels“ gebaut und aufgestellt. Neben verschiedensten Beschäftigungsinitiativen und -werkstätten, Landschaftspflegeverbänden sind dabei auch Naturschutzverbände aktiv. Gelegentlich geschieht dies sogar im Rahmen von Ausgleichsmaßnahmen. Selbst in Discountern, Gartencentern oder Baumärkten werden (z.T. sogar recht kostspielige) Modelle angeboten, die alle meist leider ein Merkmal eint – sie sind häufig völlig ungeeignet. Verwunderte Besitzer solch teurer Gartendekorationsobjekte wenden sich dann an den NABU, um sich nach den Gründen für das Ausbleiben der Wildbienen zu erkundigen. Die Fehler fangen dabei mit der falschen Standortwahl an, gehen über unsinnige Materialien bis hin zu unsachgemäßer Ausfertigung oder Anbringung dieser „Hotels“. Der NABU Schleswig-Holstein bereitet zu diesem Thema ein aktuelles Infoblatt mit entsprechenden Hinweisen vor.
Zudem erreicht man mit Insekten gerechten Wildbienenbruthilfen nur etwa rund 30 Prozent der Wildbienenarten. Die überwiegende Anzahl der heimischen Wildbienen benötigen vor allem lehmige, sandige, magere Böden und andere Strukturen, die in der überdüngten und überformten Landschaft kaum noch zu finden sind. Fachgerechte Bruthilfen, in denen sich zudem etliche solitär lebenden Grab- oder Faltenwespen ansiedeln, sind hervorragende Objekte für Umweltbildungsaktivitäten, bieten für Kinder und Erwachsene oder für die Naturfotographie tolle Möglichkeiten für Natur beobachtungen. Es macht einfach Spaß und Freude, dem regen Treiben der verschiedenen Arten und ihren Interaktionen an solchen Nistwänden zuzuschauen. In der freien Landschaft sind solche Beobachtungen leider immer seltener zu machen. Honigbienen sind ebenfalls sehr geeignet für die Umweltbildungsarbeit, z.B. im Rahmen von Schulprojekten oder in der Kinder- und Jugendarbeit, etliche Imker sind auch Mitglieder von Naturschutzverbänden.
Aus Sicht des NABU muss beim Thema Bienen aber der Schutz und die Förderung der heimischen Wildbienen absolute Priorität haben. Die Ausrichtung und Ausgestaltung entsprechender Agrarumweltmaßnahmen, die Erhöhung des Blütenangebots sowie der Erhalt und die Förderung des Nistplatzangebots auch außerhalb von Naturschutzgebieten, die Gestaltung und Bepflanzung vonParks und Gärten mit einem zeitlich gestaffelten Blütenangebot sowie die Information der Bevölkerung über diese Fragestellungen muss sich zunächst an den Bedürfnissen der Wildbienen orientieren. Alle Maßnahmen zur Förderung der Wildbienen kommen dann auch der Honigbiene zu Gute.
CPu 1. Juli 2015