Austernfischer mit Gelege - Foto: Frank Derer
Naturschutzgebiet und Naturinfo Halbinsel Holnis
Nordöstlichster Naturschatz Deutschlands



Holnis, Foto: Lisa Limbach
Bereits der Weg in Richtung Naturschutzgebiet gestaltet sich spektakulär: Am Ende der breiten Hauptstraße, die zunächst kein geschütztes Naturreservat vermuten lässt, eröffnet sich linker Hand eine große Wasserfläche. Das Bild wird bestimmt von vielen unterschiedlichen Blautönen, welches durch eine malerisch anmutende Brücke unterbrochen wird. Das prägnante „kiewit“ der Kiebitze ist zu hören, die mit zahlreichen anderen Vögeln über der Wasserfläche kreisen. Laufen die Besucher*innen weiter, eröffnet sich ihnen ein 360 Hektar großes Naturschutzgebiet am nordöstlichsten Rand von Deutschland mit direktem Blick auf Dänemark.
Eindrucksvoll präsentieren sich das als Naturdenkmal ausgewiesene Kliff im Nordwesten des Gebiets mit einer 20 Meter hohen Steilküste und direktem Blick auf die Flensburger Innenförde sowie das „Kleine Noor“ und das „Große Noor“ im Westen der Halbinsel. Das „Kleine Noor“ wurde 2002 wiedervernässt und bietet seitdem einen wichtigen Lebensraum und Rastplatz für viele Enten, Gänse und Watvögel.
Im Norden des Naturschutzgebiets schließt sich eine Strandlandschaft bestehend aus Salzwiese, Strandsee und Nehrungshaken an. Der Nordstrand zeichnet sich durch aktive Kliffs mit herabgestürzten Bäumen aus. Je nach Wind und Strömung herrschen in der Förde unterschiedliche Wasserstände, welche die Strandfläche an einigen Tagen in eine Wattlandschaft und an anderen Tagen in eine für Menschen nicht zugängliche breite Wasserfläche verwandeln. Deshalb sind nicht alle ausgewiesenen Wanderwege bei Hochwasser begehbar.
Am nordöstlichsten Punkt von Deutschland, der Holnis Spitze, erinnert die Natursteinpflasterung und das Haus des Brückenaufsehers an eine Zeit, in der reger Fährverkehr zum gegenüberliegenden dänischen Ufer herrschte. Heute sind die Steine eine unverzichtbare Befestigung der bei Hochwasser überspülten Landzunge und sollten daher nicht zu Steintürmchen aufgeschichtet werden.
Der Kern von Holnis wird bestimmt von halboffenen Weidelandschaften. Das durch die Eiszeit geprägte Gebiet steht seit 1994 laut Naturschutzverordnung offiziell unter Naturschutz und ist Bestandteil des FFH-Gebietes „Küstenbereiche Flensburger Förde von Flensburg bis Geltinger Birk“ und des EU-Vogelschutzgebietes „Flensburger Förde“.
Pflanzenschutz auf Holnis
„Die Natur Natur sein lassen“ und Holnis in seinem artenreichen Lebensraum zu entwickeln, ist der Grundsatz für den Naturschutz auf der Halbinsel. Dabei wird immer wieder abgewogen, welche Eingriffe erforderlich sind und an welchen Stellen sich Natur ohne Eingriff entwickeln kann.
Das Landschaftsbild ist geprägt durch eine halboffene Weidelandschaft, welche durch Rinderhaltung extensiv bewirtschaftet wird. Galloways und Hochlandrinder schützen das Gebiet vor Verbuschung und erhalten die offenen Wiesenflächen. Die extensive Beweidung sorgt gleichzeitig dafür, dass die Pflanzen hoch genug wachsen können, um Blüte zu tragen. So ist beispielsweise die heimische stängellose Schlüsselblume im Frühjahr in großer Vielzahl zu beobachten.
Darüber hinaus werden immer wieder neue Konzepte getestet, die eingeschleppten Arten Kartoffelrose (Rosa Rugosa) und Staudenknötterich zu verdrängen. Die Neophythen breiten sich übermäßig schnell aus und verdrängen die langsamer wachsenden heimischen Arten. Deren Beseitigung gestaltet sich in dem zerklüfteten Gebiet Holnis als Herausforderung, da die Flächen eine Bekämpfung mit großen Werkzeugen nicht ermöglichen. Aus diesem Grund wurde die Kartoffelrose am Kliff großflächig abgemäht. Ein Flies soll die Keimlinge der neobiotischen Pflanze absterben lassen.
Ziel des Naturschutzes ist es, ein artenreiches Ökosystem mit zahlreichen heimischen Pflanzen zu entwickeln. Unter diesem Aspekt wurde auch das Schilf auf der Salzwiese am nordwestlichen Punkt von Holnis zur Hälfte abgemäht und die Fläche in das Beweidungskonzept aufgenommen. Seither entwickeln sich auf der Salzwiese zahlreiche Zeigerpflanzen wie Strandastern. Sie ist als Landschaftsfläche mit hohem Naturwert einzustufen und besonders gut von zwei Aussichtspunkten auf dem nordwestlichen Weg Richtung Nordstrand kommend zu beobachten.
Projekte auf Holnis
Nach dem Abtragen der Rosa Rugosa am Kliff wurden auf Holnis Zauneidechsen wieder angesiedelt. Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein hat mit dem EU-Projekt „Frosch und Freunde“ die Lebensräume für die Reptilien optimiert. Dank der wieder entstandenen Sandflächen und der neu aufgeschütteten Steinhaufen finden die wechselwarmen Tiere zahlreiche Plätze zum Sonnen.
Gehen die Besucher*innen vom Kliff aus kommend weiter, erblicken sie auf dem Weg Richtung Salzwiese eine Wiesenfläche, welche von kleinen Tümpeln und Wasserlöchern durchbrochen ist. Hier besteht die Hoffnung, dass durch die Feuchtgebiete die Kreuzkröte ihren Weg zurück nach Holnis findet. Vögel wie Kiebitze locken sie in jedem Fall schon an, die auf die feuchten Wiesenflächen angewiesen sind.
Im Jahresverlauf können eine Vielzahl an Vogelarten beobachtet werden. Die Halbinsel ist als Rastplatz für Zugvögel und als Lebensraum für zahlreiche Wasser- und Watvögel von besonderer Bedeutung. Der NABU verantwortet einmal wöchentlich Vogelzählungen im Gebiet.
Vogelwelt
Das Naturschutzgebiet liegt auf der Ostatlantischen Vogelzug-Route. Wasser- und Entenvögel überqueren die Halbinsel in Ost-West-Richtung, Landvögel in Nord-Süd-Richtung. Vor allem das „Kleine Noor“, die nordwestlichen Strandlandschaften mit ihren Flachwasserzonen und die Salzwiese bieten zahlreiche Rastplätze. So sind im Frühjahr und Herbst u. a. Alpenstrandläufer, Goldregenpfeifer und Pfuhlschnepfen zu beobachten. Überflogen wird das Gebiet von großen Schwärmen der Nonnen- und Ringelgänse sowie diversen Schwärmen von Singvögeln.
Wenn die Tage kürzer werden und der ruhige Winter auf Holnis einzieht, ist das eigentümliche Rufen der Eiderenten weit draußen in der Förde zu hören. Diese finden in der Flensburger Förde mit ihren ausgedehnten Flachwasserzonen, Seegraswiesen und Muschelbänken einen wichtigen Lebensraum.
Weitere Wintergäste wie Pfeif-, Reiher-, und Schellenten, Singschwäne, Hauben- und Rothalstaucher lassen sich im Brachwasser des Kleinen Noores beobachten.
Im Frühjahr bis Frühsommer sind einige Brutvögel wie Austernfischer, Graugänse, Kiebitze, Mittel- und Gänsesäger mit ihren Jungen zu bewundern.
Wenn im Mai der Weißdorn blüht, kommen die Uferschwalben zurück und brüten in Höhlen am Kliff in einer wachsenden Kolonie. Sie können an Fuße des Kliffs wunderbar beobachtet werden.
Vogelbegeisterte finden vor allem an zwei Orten im Gebiet den perfekten Ausguck auf die gefiederten Freunde: Der Aussichtsturm an der Salzwiese mit Blick auf den Nehrungshaken als auch der Weg am Kleinen Noor auf Höhe der Brücke mit Sicht auf Noor und Bucht laden zum Beobachten ein.
Betreuung und Pflege des Gebietes
Die Betreuung des NSG Holnis liegt seit 1993 in den Händen des NABU Schleswig-Holstein. Die Schutzgebietsreferentin wird unterstützt durch eine*n Bundesfreiwillige*n, welche*r ganzjährig die NABU-Hütte direkt im Gebiet bewohnt. Zu den Aufgaben gehören u.a. die wöchentliche Zählung der Wat- und Wasservögel, die Organisation von Führungen und beratende Tätigkeiten. Für Gäste und Naturbegeisterte sind die Freiwilligen direkte*r Ansprechpartner*innen im Gebiet. Die NABU-Hütte mit Informationen rund um das Gebiet und den Naturschutz ist auf der Westseite des Naturschutzgebietes über die Wanderwege zu erreichen.
Eigentümer eines Großteils der Flächen ist die Stiftung Naturschutz des Landes Schleswig-Holstein. Für die naturangepasste Beweidung großer Flächen mit Galloways und Hochlandrindern ist der Verein Bunde Wischen zuständig.
Führungen
Von Mai bis September bietet der NABU jeden Donnerstag von 16-18 Uhr naturkundliche Führungen durch den Bundesfreiwilligendienstleistenden an, Treffpunkt ist die Bushaltestelle Holnis Wendeplatz. Um eine vorherige Anmeldung direkt an der NABU-Hütte, per Mail unter Holnis@NABU-SH.de, auf Instagram oder telefonisch unter +49 4631 441688 wird gebeten.
Wanderempfehlungen
Das Naturschutzgebiet schafft für Besucher*innen einen Naherholungsraum zum Innehalten und Verweilen. Die Schönheit der Natur ist hier in vielen Kleinigkeiten zu finden und lädt zum Entdecken per Fuß ein.
Im Gebiet sind vier Wanderwege mit unterschiedlichen Highlights und Längen ausgeschildert:
Strand-Rundweg (gelbe Route - 3,2 km): Dieser Rundweg führt vom Wendehammer zur Holnis Spitze, am Nordstrand entlang Richtung Salzwiese und bietet schöne Blicke auf die Innen- und Außenförde. Je nach Wasserstand ist der Weg schwierig oder teilweise auch nicht begehbar.
Kliff-Rundweg (grüne Route - 3,3 km): Vom Wendehammer führt der Weg abwärts zum Seemannsgrab am Nordstrand, über die Salzwiese zum Kliff mit einem herrlichen Blick auf das Kleine Noor und die Innenförde – hier kann auch wunderbar gepicknickt werden. Auf dem Rückweg ein „Hallo-sagen“ bei der NABU-Hütte nicht vergessen.
Noor-Rundweg (blaue Route - 5,2 km): Die Route führt vom Parkplatz aus vorbei an der NABU-Hütte direkt zum Kleinen Noor. Das aktuell noch landwirtschaftlich genutzte große Noor darf auf dieser Route natürlich nicht fehlen. Zum Abschluss geht’s am Touristenstrand „Drei“ zurück, wo Cafès und Eisläden zu einem Besuch einladen.
Holnis-Rundweg (rote Route - 10 km): Der Holnis-Rundweg bietet das Komplett-Programm der Halbinsel und damit jede Menge Naturgenuss! Er führt einmal durch das komplette Naturschutzgebiet, aber auch durch die Ortschaft Schausende und am Touristenstrand „Drei“ entlang. Bänke laden unterwegs zum Picknicken ein, ebenso wie einige Einkehrmöglichkeiten. Am Nordstrand der Insel ist der Weg je nach Wasserstand schwierig oder teilweise auch nicht begehbar.
Verhaltensregeln
Der Mensch ist in der Natur Gast und für Naturbeobachtungen, zum Genuss und zur Entspannung herzlich willkommen. Daher bitten wir darum, sich verantwortungsvoll zu verhalten: Wege sind nicht zu verlassen, Müll ist bitte wieder mitzunehmen und Abstand zur Tierwelt einzuhalten. Im Naturschutzgebiet gibt es keine öffentliche Toilette. Am Wendeplatz und dem Touristenstrand „Drei“ können WCs aufgesucht werden.
Der Kernbereich des Gebiets ist für Radfahrer*innen gesperrt. An den Zufahrtswegen gibt es Fahrradabstellmöglichkeiten. Hunde sind im gesamten Naturschutzgebiet bitte an der kurzen Leine zu führen.
Angeln, Kajak fahren, SUPen, Kiten und viele weitere Wassersportarten sind auf der Ostseite der Halbinsel möglich, im Naturschutzgebiet insbesondere auf der Westseite weiträumig zu umfahren. Offene Feuer, Grillen als auch Lager aufschlagen sind verboten. Informationstafeln weisen die Besucher*innen an den Eingängen des NSGs auf die Besonderheiten hin.
Anfahrt
Die Halbinsel Holnis liegt 18 km von Flensburg entfernt, nordöstlich am Rande der Flensburger Förde. Da die Parkmöglichkeiten begrenzt sind, ist die Anreise mit dem Bus oder Fahrrad zu empfehlen. Die Buslinie 21 fährt direkt vom Flensburger Hauptbahnhof (über Flensburg ZOB und Glücksburg ZOB) nach Holnis.
Wer doch mit dem Auto anreisen möchte, erreicht Holnis über die B 199 Kappeln – Flensburg und fährt in Wees (von Norden) bzw. Ringsberg (von Süden kommend) auf die B 199 Richtung Glücksburg.
Auf der Halbinsel gibt es folgende Parkmöglichkeiten:
Wendehammer kostenfrei, Parkplätze begrenzt: Holnis Wendeplatz, 24960 Glücksburg (Ostsee)
Parkplatz Drei, kostenpflichtig: An der Holnisser Noorstraße rechts, vor dem Campingplatz
akt. JP, SB, LS, LL 14. Feb. 2025