Bis an den Rand angepflügt - der Zustand vieler Knicks ist besorgniserregend. - Foto: Edmund Link
In der Diskussion: Knickschutzstreifen
Ökologische Bedeutung von Säumen und Gehölzaußenrändern
Vor dem Hintergrund der Neufassung der naturschutzrechtlichen Vorgaben zum Knickschutz sowie zu darauf abgestimmten Förderprogrammen soll hier auf die besondere ökologische Bedeutung der Randbereiche von Wallhecken hingewiesen werden.
Wallböschungen / Pufferstreifen am Wallfuß
Mit der heute üblichen Ackerbewirtschaftung bis unmittelbar an den Knickfuß sind die Wallböschungen intensiv der Einwirkung von Dünge- und Pflanzenbehandlungsmitteln ausgesetzt. Dadurch werden die Böschungsvegetation und damit auch die daran gebundene Fauna erheblich negativ beeinflusst. Insbesondere die durch Düngung verursachte permanente Eutrophierung hat hauptsächlich bei an Äckern grenzenden Knicks zu einer Einheitsvegetation aus dichtwüchsigen Arten wie Knäuelgras, Quecke, Brennnessel, Klettenlabkraut und Brombeere geführt, von der die ursprünglichen Arten der Krautsäume verdrängt wird.
Die beispielsweise von WEBER (1967) beschriebene Vielfalt der Krautschicht ist in ackerbaulich dominierten Knicklandschaften inzwischen kaum noch zu finden. Um diese Entwicklung zu bremsen, sind Pufferstreifen zum Wallfuß notwendig, die weder mit Kulturpflanzen bestellt noch gedüngt oder mit Pflanzenbehandlungsmitteln abgespritzt werden. Im Zuge der Feldbearbeitung könnten sie - jedoch nicht jährlich - gegrubbert oder gepflügt werden, um landwirtschaftlichen Befürchtungen vor einem 'Zuwachsen' zu begegnen. Neben einem obligatorisch anzulegenden schmalen Saum sollten auf freiwilliger Basis anzunehmende Angebote für breitere Pufferstreifen erfolgen. Diese könnten durchaus gelegentlich mit Landmaschinen befahren und außerhalb des Zeitraums 15. März - 30. September zur Unterdrückung unerwünschten Gehölzaufkommens gemäht werden. Da die heute verwendeten 'Blühstreifenmischungen' ökologisch wenig effizient sind, sollte eine Einsaat nur mit Saatgut heimischer Arten zulässig sein.
Seitliche Gehölzstrukturen
Die seitlichen äußeren Zweige tragen die meisten Blüten und somit auch die Masse an Samen (Beeren, Nüsse und sonstige Früchte). Sie sind damit wichtige Nahrungsgrundlage für Blüten besuchende Insekten und Beeren fressende Vögel. Die nahrhaften diesjährigen Triebe werden von den Larven etlicher Insektenarten bevorzugt befressen.
Beim häufig im August / September stattfindenden seitlichen Rückschnitt geht fast der gesamte Fruchtansatz der betroffenen Knickseite verloren, was den Knick als Nahrungsquelle für Vögel weitgehend entwertet. Dabei ist zu bedenken, dass mit dem Rückschnitt auch die an den Zweigen sitzende phytophage, d.h. pflanzenfressende Wirbellosenfauna beseitigt wird und so auch dieses Nahrungspotenzial der Vogelwelt entzogen wird.
Wildrosen
Unsere Knicks waren ursprünglich Lebensraum für zahlreiche Wildrosen. Sie sind eine vielfältige Gruppe. 20 Arten sind in unseren Knicks und an der Ostseeküste heimisch. Wein-, Samt- und Vogesenrose sind allesamt heute selten und besonders durch das Schlegeln der Knicks enorm gefährdet. Nur die Heckenrose ist noch häufiger zu finden. Schöne Rosenbestände finden sich nur noch in Naturschutzgebieten, halboffenen Weidelandschaften oder geschonten Kulturlandschaften wie in der Postseefeldmark bei Preetz / Kr. Plön sowie der Knicklandschaft um Barnitz / Kr. Stromarn.
Auch Wintergäste betroffen
Stark betroffen von einem rigorosen Rückschnitt sind v.a. Beeren fressende, aus nordischen Populationen stammende Durchzügler und Wintergäste wie Wacholder- und Rotdrosseln oder Seidenschwänze. Sie sind auf nahrungsreiche Knicks angewiesen, da andere vergleichbare Gehölzformationen (Waldränder) kalorienreiche Beeren nur in sehr geringem Maße bieten, Beim seitlichen Rückschnitt werden überdies viele Haselmausnester vernichtet, die sich im äußeren Rand des Gebüschs bis in über zwei Metern Höhe befinden. Da sich die nachtaktiven Haselmäuse tagsüber in den Nestern aufhalten und die Maschinen so schnell arbeiten, dass die Tiere nicht mehr flüchten können, ist von erheblichen Verlusten auszugehen. Im Hinblick auf den hohen Schutzstatus der Art kann das maschinelle Aufputzen in Haselmausvorkommensgebieten artenschutzrechtlich erst ab Mitte November zulässig sein, wenn die Bilche ihre bodennahen Winternester bezogen haben. Gleiches gilt auch für die Böschungsmahd, da viele Hauselmäuse ihre Quartiere gerne in auf den Böschungen wachsenden Brombeergebüschen bauen.
Das Habitatangebot für diverse Tierarten wird auch von der Strukturvielfalt der Außenseiten des Gehölzbewuchses bestimmt. Unbeschädigt wachsende Knickgehölze weisen außen eine hohe Strukturdiversität auf, bestimmt durch die unterschiedliche Länge und den von Art zu Art verschiedenen Aufbau der Zweige. Dadurch entstehen auf kleinem Raum unterschiedliche Mikroklimate, wobei für Insekten insbesondere sonnige und zugleich windgeschützt-trockene Bereiche von Bedeutung sind. Derart strukturreiche Außenränder stellen zudem ein deutlich größeres Angebot an Nistgelegenheiten für in Gebüschen brütende Vogelarten als seitlich gleichmäßig 'geschorene' Hecken. Insofern ist an nicht oder nur wenig aufgeputzten Knicks nicht nur eine viel größere Zahl an Nahrung suchenden Vögeln, sondern auch eine deutlich höhere Brutrevierdichte festzustellen als an seitlich zurückgeschnittenen Hecken.
Hey, akt. 13. November 2014