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30 Jahre Natur-, Umwelt- und Abfallberatung im Kreis Plön
Als 1990 im Kreis Plön die flächendeckende, dezentrale Natur-, Umwelt- und Abfallberatung mit fünf Einrichtungen im Kreisgebiet eröffnet wurde, hätte sich kaum Jemand vorstellen können, dass im Jahr 2020 das 30jährige Jubiläum dieser Einrichtungen gefeiert werden könnte. Wegen der aktuellen Corona-Pandemie wurde die dafür geplante Festveranstaltung im September 2020 leider ins kommende Jahr verschoben. Trotzdem ist das Jubiläum Anlass genug, dieses einzigartige Erfolgsmodell im Land einmal genauer zu betrachten.
Genau genommen geht die flächendeckende Umweltberatung auf ein Modellprojekt zurück, welches bereits drei Jahre vorher, am 1. März 1987 in Plön vom NABU Schleswig-Holstein zunächst als Naturschutzberatung begonnen wurde. Erster hauptamtlich Beschäftigter war der Plöner Fritz Heydemann.
Flächendeckende Umweltberatung
Im Jahr 1990 wurde im Kreis die dezentrale, flächendeckende Natur-, Umwelt- und Abfallberatung (offizielle Kurzform: Umweltberatung) mit fünf hauptamtlich besetzten Büros eingerichtet. Träger der Einrichtungen waren der NABU Kreis Plön in Plön und Lütjenburg, der BUND Schleswig-Holstein in Preetz, der knik e. V. in Raisdorf (heute Schwentinental) sowie in Schönberg die Gemeinde Schönberg. Letztere Stelle unterscheidet sich in Aufbau und Finanzierung etwas von den anderen vier Einrichtungen. Die notwendigen Personalkosten wurden aus Mittel für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) des Arbeitsamtes und die Sachmittel durch das Umweltministerium und den Kreis Plön übernommen. 1994 diente dann das Modell „Umwelt schafft Arbeit“ des Plöner Arbeitsamts der Finanzierung, Sachmittel finanzierte wiederum der Kreis Plön. 1995 übernahm der Kreis schließlich alle Kosten der fünf Natur-, Umwelt und Abfallberatungsstellen. Vertragsgemäß bestand die Arbeitszeit aus 50 Prozent Natur- und Umwelt- sowie 50 Prozent Abfallberatung. Die Einrichtungen bestehen aus voll ausgestatteten Büros an zentralen, von der Bevölkerung gut erreichbaren Standorten. Die Arbeitsinhalte werden eng abgestimmt mit dem Umweltamt bzw. der Abfallwirtschaft des Kreises.
Vielfältiges Tätigkeitsspektrum
Die Tätigkeiten im Rahmen der Natur- und Umweltberatung sind ausgesprochen vielfältig und umfassen den gesamten Bereich des Natur- und Umweltschutzes, Klimaschutz, Mobilität, Nachhaltigkeit, Einkaufsberatung, Umweltbildung insbesondere von Kindern und Jugendlichen an Kitas und Schulen, aber auch mit Erwachsenen durch Führungen und Exkursionen, Unterrichtseinheiten oder Projekttagen. Von A wie Ameisen bis Z wie Zecken und Zerkarien, von Biotoppflege und -gestaltung über naturnahe Gartenpflege bis hin zur Beratung von Touristen über lohnenswerte Besuchsziele geht dabei die thematische Bandbreite. Zudem werden vielfältige, fachliche Fragestellungen und Anfragen recherchiert und aufgearbeitet. Neben der sogenannten „abwartenden Beratung“ im Büro wurden erfolgreich Projekte auch vor Ort umgesetzt. Immer wieder vermitteln die Einrichtungen Ratsuchende auch an zuständige Stellen weiter oder unterstützen Kunden bei der Suche nach kompetenten Ansprechpartner*innen oder zuständigen Einrichtungen bei speziellen Themen und Anfragen. Eine detailliertere Aufzählung der Tätigkeiten würde den Rahmen dieses Beitrags völlig sprengen.
Wechselvolle Finanzierung
Der Anteil der Umweltberatung, finanziert aus freiwilligen Mitteln des Kreises, wurde in einer wechselvollen Geschichte von zeitlich begrenzten Verträgen nach und nach reduziert bzw. gekoppelt an einzelne Projektbausteine zum Thema Umweltbildung, Tourismus oder Klimaschutz. 2012 schließlich stellte der Kreis die Finanzierung der Umweltberatung aus freiwilligen Mitteln gänzlich ein. Für Mitarbeiter*innen und Trägerverbände eine schwierige Zeit.
Seit 2020 fördert der Kreis aber wieder ein flächendeckendes Angebot und Aktivitäten der Umweltberatungsstellen zur „Umweltbildung im Kreis Plön“. Der Bedarf und die Zahl der Anfragen für ein derartiges Angebot haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht. So bieten die Umweltberatungsstellen eine große Anzahl von Veranstaltungen für alle Zielgruppen an. Aber auch die Erstellung von Datenbanken für Anbieter und Themen aus der Umweltbildung, die Unterstützung von interessierten Referenten bei der Erarbeitung von Angeboten sowie weitere Möglichkeiten
zur Förderung der Umweltbildung gehören dazu. Ein gerade neu erstellter Internetauftritt präsentiert umfangreiche Zugangsmöglichkeiten und Informationen über die Angebote (www.umweltberatung-kreis-ploen.de) .
Erfolgreiche Anträge
Durch mehrere erfolgreiche, gemeinsam von NABU Kreis Plön und BUND Schleswig-Holstein verbandsübergreifend entwickelte Projektanträge u. a. bei der Umweltlotterie BINGO! konnten die Einrichtungen in Plön, Preetz und Schwentinental die unverändert stark aus der Bevölkerung und den Gästen nachgefragte Umweltberatung und attraktive Umweltbildungsangebote – zumindest in Teilen – weiter anbieten. Dies erforderte auch viel ehrenamtliches Engagement und finanzielle Eigenmittel der Trägerorganisation NABU und BUND. Beispielhaft seien hier Projekte wie „Wer kennt schon Goldaugen und Teufelsnadeln – Förderung der Artenvielfalt von Kitas und Grundschulen“, „Salto mortale im Blumenkasten – (Un-)heimliche Mitbewohner in Haus und Garten“ oder das Projekt „Wer rastet der rostet – Fit durch Umweltbildung“, welches sich besonders an die Zielgruppe der Senioren richtete, genannt.
An einzelnen Standorten konnten weitere Projekte angesiedelt werden, beispielsweise die durch BINGO! geförderten Projekte der NABU Landesstelle Wasser des NABU Schleswig-Holstein in Plön oder das Projekt „Bienen und Kinder“ des NABU Kreis Plön in Lütjenburg. Die Leiter*innen der Umweltberatungsstellen übernahmen dabei bestimmte Anteile dieser Projekte bzw. leiten diese. Besonders für die ehrenamtlich tätigen Kassenwarte des NABU Kreis Plön bedeuteten die verschiedenen, teilweise parallel laufenden Antragsabwicklungen in ihrer unterschiedlichen Größenordnung und Befristung eine enorme Arbeit, die nicht selbstverständlich ist. Ein großer Dank geht daher an Jens Schidlowski, Lilienthal und seinem Nachfolger Hendrik Oehler aus Dörnik.
Erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Abfallwirtschaft
Unabhängig von diesen vertraglichen „Wellenbewegungen“ im Bereich der Natur- und Umweltberatung konnte die Zusammenarbeit mit der Abfallwirtschaft für den Arbeitsbereich der Abfallberatung letztlich kontinuierlich in bleibendem Umfang durchgeführt werden. Auch hier gab es wiederholt intensive Diskussionen zwischen den Entscheidungsträgern, unterschiedliche Vertragslängen, aber mit dem Ergebnis, die engagierte und anerkannte Zusammenarbeit weiter fortzuführen. Die Mittel dafür stammen aus dem Gebührenhaushalt, die Leistungen gegenüber der Abfallwirtschaft regelt ein Dienstleistungsvertrag. Regelmäßige Beratergespräche der Kollegen*innen untereinander bzw. mit Vertretern der Abfallwirtschaft ermöglichen einen fachlichen Austausch und enge Abstimmung. Hier entwickelte sich im Laufe der Jahre eine gute und konstruktive Zusammenarbeit. Jährliche Tätigkeitsberichte dokumentieren die umfangreichen Aktivitäten, auch hier sind die Themen vielfältig und in diesem Beitrag nur stichwortartig darstellbar.
Schwerpunkte sind auch hier die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und ihren Betreuer*innen aus Kitas und Schulen, entweder in den Einrichtungen selbst oder auch auf dem Gelände der Abfallwirtschaft. Dort wurde ein von der Plöner Umweltberatung konzipierter Naturerlebnisraum „Natur kennt keinen Abfall“ umgesetzt und von Gruppen und Klassen unter Anleitung der Umweltberater*innen für die Abfallberatung und Umweltbildung intensiv genutzt. Als Stichworte seien hier genannt: Abfallvermeidung und -trennung, Wiederverwertung, Abfall in der Landschaft, Mikroplastik in Meer und Kosmetika, Wertstoffe in Mobiltelefonen, Altkleider oder Lebensmittelverschwendung.
Aber auch die Abfallberatung zu unterschiedlichen Themen im Büro oder bei Vor-Ort-Terminen, wie das Thema „Wertstofftrennung“ im Zusammenhang mit von Kreis und Arbeiterwohlfahrt (AWO) durchgeführten „Wohnschulen“ für Neuankömmlinge aus anderen Ländern, gehört zu den interessanten und aktuellen Arbeitsfeldern. Diese lassen sich vielfältig mit Themen wie Nachhaltigkeit oder Klimaschutz verschneiden. Zur Zeit erarbeiten die Umweltberater*innen Abfallkonzepte für die kreiseigenen Schulen.
Hohe personelle Kontinuität
Seit Mitte des Jahres 1995 ist der Kieler Carsten Pusch als Nachfolger von Fritz Heydemann hauptamtlicher Leiter der NABU Natur-, Umwelt- und Abfallberatungsstelle in Plön. In jüngerer Zeit gab es einen Wechsel in der NABU Einrichtung in Lütjenburg. Im Jahr 2016 folgte nach 25 Jahren auf den langjährigen Leiter, Konrad Olexik aus Kleinmeinsdorf, der seit 1991 die Stelle inne hatte, Julia Steigleder aus Tröndel.
Ende 2013 löste sich der knik e. V. in Schwentinental auf, Walther Ehlers aus Wittmoldt war dort seit Beginn Leiter der Einrichtung. Als Nachfolger in der Trägerschaft übernahm 2014 der BUND Schleswig-Holstein offiziell die dortige Einrichtung. Hauptamtliche Mitarbeiter*in sind seitdem Josh Geertz und Felicia Hofstätter, beide aus Kiel. Dienstälteste Kollegin, bereits seit 1992 in der BUND Umweltberatungsstelle in Preetz tätig, ist die Kielerin Sabine Untiedt, die in mehreren Jahren durch weitere Kolleginnen unterstützt wurde. Die Umweltberatung in Schönberg, der dortigen Verwaltung angegliedert und auch anders finanziert, wurde über viele Jahre von Rainer Runge, Lütjenburg und aktuell von Andrè Wichelmann, Schönberg betreut.
Anerkannte FÖJ Einsatzstellen
Seit über zwanzig Jahren sind – bis auf die Einrichtung in Schönberg – die vier in Trägerschaft der Naturschutzverbände befindlichen Einrichtungen auch anerkannte Einsatzstellen des Freiwilligen Ökologischen Jahres (FÖJ), z. T. personell sogar doppelt besetzt. In den letzten Jahrzehnten haben gut zweihundert Teilnehmer*innen ihr vom Umweltministerium in Kiel finanziertes Berufsorientierungsjahr in den Einrichtungen durchlaufen. Die motivierten jungen Leute unterstützen die Arbeit in den Umweltberatungsstellen wesentlich. Sie halten den Kolleg*innen den Rücken frei bei den zahlreichen Außenterminen, gewährleisten die Öffnungszeiten der Büros, leiten Kinder- und Jugendgruppen oder erarbeiten zusätzliche Ausstellungen und eigene Projekte im Bereich des Natur- und Umweltschutzes. Sie stellen eine erfreuliche Bereicherung und zusätzliche Unterstützung in den Einrichtungen dar.
Viele Ehemalige ergreifen anschließend auch Berufe oder nehmen ein Studium auf, die häufig in Zusammenhang mit den Aktivitäten und Erfahrungen stehen, die im Laufe des FÖJs gewonnen wurden. Zahlreiche Kontakte zu ehemaligen Mitarbeiter* innen spiegeln erfreulicherweise den Leiter*innen der Einrichtungen immer wieder zurück, dass die Zeit in den Einrichtungen bei den jungen Menschen einen prägenden Eindruck hinterlässt.
Vielfältige Kooperationen
Die Natur-, Umwelt- und Abfallberatungsstellen stehen in engem Austausch und vielfältigen Kooperationen mit anderen Einrichtungen, Verbänden und Einzelpersonen in der Region. Das seit Jahrzehnten aufgebaute – und kontinuierlich erweiterte – Netzwerk macht die Einrichtungen zu etablierten Knotenpunkten und Ansprechpartner*innen für fast alle Fragen aus dem Natur-, Umwelt- und Abfallbereich. Es unterstützt damit auch den ehrenamtlichen wie den behördlichen Natur- und Umweltschutz im Kreis Plön – und darüber hinaus. Einige der hauptamtlichen Umweltberater*innen engagieren sich auch als Funktionsträger ehrenamtlich in Naturschutzverbänden und nehmen zudem vielfältige Aufgaben in Arbeitskreise, Ausschüssen oder Beiräten auf Orts-, Kreis- oder Landesebene wahr.
Vielen Dank!
An dieser Stelle würde eine Aufzählung der vielen Mitstreiter*innen und Unterstützer* innen über 30 Jahre Natur-, Umwelt- und Abfallberatung im Kreis Plön den Rahmen dieses Beitrages sprengen – und auch die Gefahr bergen, jemanden zu übersehen und nicht zu erwähnen. Daher bedanken sich die Trägerorganisationen und Mitarbeiter*innen der Einrichtungen ausdrücklich bei allen Kunden* innen, Besucher*innen, Kolleg*innen, Freund*innen, Gästen, Vertreter*innen in Behörden, Parteien und der Öffentlichkeit für die breite Unterstützung und für den Zuspruch, der ihnen im Laufe der letzten 30 Jahre entgegengebracht wurde. Die Geschichte der Natur-, Umwelt- und Abfallberatungsstellen ist ein erfreulicher und beispielhafter Erfolg für alle Seiten und Beteiligten, der hoffentlich noch lange fortgeschrieben wird. Was schrieb doch nach seinem Besuch mit den Eltern in der Plöner Umweltberatungsstelle ein neunjähriger Besucher zutreffend in das ausliegende Gästebuch: „Solche Läden wie diese müsste es überall
geben“.
CPu 12. November 2020