Helfen Sie dem Weißstorch
Adebar benötigt dringend Ihre Hilfe! Jetzt spenden!
Früher war der Weißstorch eine durchaus weit verbreitete Vogelart in Schleswig-Holstein. Zu Beginn der regelmäßigen Erfassungen im Jahr 1907 brüteten fast 2.700 Paare überwiegend in den Dörfern der weiten Grünlandgebiete unseres Landes. Zwischenzeitlich war der Bestand dann im Zuge der Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und der drastischen Eingriffe in die Gewässersysteme auf nur noch 170 Paare abgefallen. Es gibt Probleme: Ein aktueller Rückblick auf gut anderthalb Jahrzehnte Bestandsentwicklung des Weißstorchs im Land zwischen den Meeren.
Um die Entwicklung anschaulicher zu machen, sollen die Werte „Horstpaare allgemein“ (HPa), „Horstpaare mit ausfliegenden Jungen“ (HPm) und „Gesamtzahl der ausgeflogenen Jungen“ (JZG) vertieft betrachtet werden (siehe Tabelle). Auf den ersten Blick auffällig sind die breiten Schwankungen innerhalb der letzten 17 Jahre: So gab es 2005 mit nur 170 Paaren die niedrigste Zahl an Brutpaaren des Weißstorches im Land zwischen den Meeren. Zu Beginn der Zählungen im Jahr 1907 wurden in Schleswig-Holstein dagegen noch 2.670 Paare registriert. Nach einer kurzen, leichten Erholungsphase erfolgte im Jahr 2009 ein erneuter Rückgang auf 205 Horstpaare. Danach ging es mehr oder weniger gleichmäßig aufwärts, bis im Jahre 2014 mit 293Paaren beinahe ein Stand erreicht wurde, wie er zuletzt noch Anfang der 1980er Jahre bestand. Im Jahr 1983 waren es 321 Paare, 1984 dann nur noch 251. Leider setzte sich der für einen kürzeren Zeitraum positive Trend bis heute nicht fort, denn mit 270 bzw. 269 HPa sind die zwischenzeitlich fast erreichten 300 Paare wieder weit entfernt. Mehr oder weniger parallel dazu verläuft die Kurve für die Zahl erfolgreich brütender Paare.
Jahr | HPa | Veränd. | HPm | HPo | HPo% | JZG | Veränd. | JZa | JZm |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
2000 | 249 | +7,79 | 164 | 85 | 34,14 | 360 | -24,53 | 1,45 | 2,20 | 2001 | 213 | -14,46 | 143 | 70 | 32,86 | 305 | -15,28 | 1,43 | 2,13 | 2002 | 207 | -2,82 | 123 | 84 | 40,58 | 280 | -8,20 | 1,35 | 2,28 | 2003 | 215 | +3,86 | 153 | 62 | 15,71 | 324 | +15,71 | 1,51 | 2,12 | 2004 | 236 | +9,77 | 195 | 41 | 17,37 | 493 | +52,16 | 2,09 | 2,52 | 2005 | 170 | -28,03 | 98 | 72 | 42,35 | 206 | -48,22 | 1,12 | 2,10 | 2006 | 200 | +17,65 | 146 | 54 | 27,00 | 371 | +55,53 | 1,86 | 2,54 | 2007 | 209 | +4,50 | 146 | 63 | 30,14 | 367 | -1,08 | 1,76 | 2,51 | 2008 | 229 | +9,57 | 149 | 80 | 34,93 | 296 | -19,35 | 1,29 | 2,51 | 2009 | 205 | -10,50 | 131 | 74 | 36,10 | 235 | -20,61 | 1,15 | 1,79 | 2010 | 207 | +0,97 | 173 | 34 | 16,43 | 440 | +87,23 | 2,13 | 2,54 | 2011 | 232 | +12,08 | 175 | 57 | 24,57 | 434 | -1,36 | 1,87 | 2,48 | 2012 | 248 | +6,90 | 188 | 60 | 24,19 | 429 | -1,16 | 1,73 | 2,28 | 2013 | 272 | +9,68 | 185 | 87 | 31,99 | 418 | -2,56 | 1,54 | 2,26 | 2014 | 293 | +7,72 | 217 | 76 | 25,94 | 520 | +19,62 | 1,77 | 1,84 | 2015 | 270 | -7,85 | 206 | 64 | 23,70 | 502 | -3,46 | 1,87 | 2,44 | 2016 | 269 | -0,37 | 170 | 99 | 36,80 | 344 | -31,88 | 1,28 | 2,02 | Legende: | Paare allgemein (alle Paare, die in der Brutsaison einen Horst besetzt hatten) | Zu- oder Abnahme im Vergleich zum Vorjahr, das jeweils mit 100% festgesetzt wurde | Paare mit ausgeflog. Jungen | Paare ohne ausgeflog. Junge | Prozent der Paare ohne ausgeflog. Junge | Zahl aller ausgeflog. Jungen | Zu- oder Abnahme im Vergleich zum Vorjahr, das jeweils mit 100% festgesetzt wurde | Mittlere Zahl ausgeflog. Jungen aller Paare (HPa) | Mittlere Zahl ausgeflog. Jungen erfolgr. Paare (HPm) |
Die Zahl der flügge gewordenen Jungen (JGZ) unterliegt großen Schwankungen: Im Jahr 2005 waren es nur 206 Jungvögel, 2014 dagegen 520, also eine Schwankungsbreite um mehr als das Doppelte. Die Gründe für diese Veränderungen sind vielschichtig. Zum einen spielen die Nahrungsverhältnisse im Überwinterungsgebiet eine Rolle, denn sie entscheiden, in welcher konditionellen Verfassung die Altstörche den Rückweg ins Brutgebiet antreten. Als weitere Einflussgröße gelten die Witterungsverhältnisse auf dem Zugweg, denn sie beeinflussen erheblich, wann und in welcher Kondition die Störche bei uns wieder eintreffen. Vereinfacht gesagt: je früher die Störche aus ihrem Winterquartier zurück kommen, desto besser sind die Aussichten auf ein gutes Brutjahr.
Wetter beeinflusst den Bestand
Großen Einfluss auf den Erfolg der Brutpaare hat auch das Wetter während der Zeit der Jungenaufzucht. So kamen 2013 nachweislich mindestens 161 Storchenküken durch eine längere Regen-Kälte-Periode im Juni um. Die Betreuer erfassten jedoch nur einen Teil der Verluste, denn ganz kleine Küken werden mitunter von den Eltern gefressen - aus menschlicher Sicht grausam, bei Nahrungsknappheit biologisch aber eine sinnvolle Verwertung eiweißreicher Nahrung - oder werden mit dem weiterhin eingetragenen Nistmaterial zugedeckt. Sie sind vom Boden aus nicht sicht- und somit auch nicht erfassbar.
In den Kreisen Nordfriesland und Schleswig-Flensburg war die Zahl verendeter Jungvögel größer als die der ausgeflogenen, in Dithmarschen und in Schleswig-Flensburg die der Horstpaare ohne Junge (HPo) größer als die der mit Jungen (HPm). Besonders negativ ist die geringe Zahl der Jungstörche im Jahr 2016. Auch hier liegen sicherlich mehrere Gründe dafür vor, so in diesem Jahr besonders die sehr späte Rückkehr der Ostzieher. So bezeichnen wir den Teil unserer Weißstorch-Population, die den Zugweg über den Balkan, die Türkei, Israel und die Sinai-Halbinsel nach Ost-Afrika wählt, wo sie den Winter im Bereich Tschad-Sudan verbringen. Dies führte dazu, dass schon viele Horste von den Westziehern, also Störchen, die über Frankreich nach Spanien ziehen, wo die Mehrzahl von ihnen überwintert, besetzt waren und spät kommende Störche um ihre letztjährigen Nester kämpften, wobei Gelege zerstört und geschlüpfte Jungstörche zu Tode kamen. Manche Störche erreichten erst so spät das Brutgebiet, dass sie zwar noch einen Horst besetzten, aber gar nicht mehr zur Brut schritten.
Adebar benötigt dringend Ihre Hilfe! Jetzt spenden!
Welchen Einfluss die Nahrung auf den Bruterfolg hat, macht ein Vergleich der Durchschnittswerte für die Jungenzahl aller Brutpaare (JZa) zwischen den frei brütenden Paaren, die sich ihre Nahrung selbständig suchen, und denen, die von Menschen mit Nahrung versorgt werden, deutlich. Zufütterung erfolgt aktuell u.a. in Hitzhusen, dem Wildpark Eekholt und dem Westküstenpark in St. Peter-Ording. 2016 lagen die Mittelwerte für die Zahl ausgeflogener Jungvögel bei Freibrütern bei 1,28 Jungen, bei fütterungsabhängigen Storchenpaaren dagegen im Mittel bei 1,75 Jungen. Das Zufüttern hat also einen erkennbar positiven Effekt auf die Zahl ausfliegender Jungen. Rund jedes zweite Paar zog Dank der Zufütterung im Mittel ein Junges mehr groß. Dass solche Nachwuchszahlen auch ohne Zufütterung erreicht oder sogar übertroffen werden können, zeigen die entsprechenden Werte für das Jahr 2015 aus Siebenbürgen, Rumänien. Hier lag der JZa-Wert bei 184 Paaren bei 2,46, eine Größenordnung, die bei uns nict einmal der JZm-Wert erreicht. Dieser lag in Siebenbürgen bei 3,24. Im langjährigen Durchschnitt liegen diese Zahlen bei JZa = 2,30 und JZm = 2,95. Von solchen Nachwuchszahlen können wir nicht einmal träumen.
Nachwuchszahlen
Die Nachwuchszahlen sind eine der entscheidenden Größen für die Entwicklung des Bestandes einer Art. Allgemein wird für den Weißstorch angenommen, dass jedes Storchenpaar (HPa) im Mittel jedes Jahr zwei Junge zum Ausfliegen bringen muss (JZa), um den Bestand auf derselben Höhe zu halten, d.h. Verluste etwa auf der Wanderung auszugleichen. Grafik 1 zeigt, wie weit der schleswig-holsteinische Bestand jedoch davon entfernt ist, diesen Wert zu erreichen. In der Grafik ist der JZa-Wert von 2,0 dazu gleich 0 (null) gesetzt. Somit zeigt jede nach unten absteigende Säule an, um wie viel diese Zahl verfehlt wurde. Klar erkennbar ist, dass die bei uns erzielten Nachwuchszahlen für einen Bestandserhalt nicht ausreichend sind. Bislang konnte Schleswig-Holstein – belegt durch Ringablesungen markierter Tiere - jedoch auf Zuzug aus den storchenreicheren neuen Bundesländern bauen. Nur zeigen auch diese Storchenbestände, die zu den Ostziehern gehören, in den letzten Jahren leider eine deutlich abnehmende Tendenz, so dass der ausgleichende „Nachschub“ vermehrt ausbleibt.
Zugscheide verschiebt sich
Als möglicher „Ersatz“ wirkt sich u.U. die sich augenblicklich abzeichnende Verschiebung der „Zugscheide“ nach Osten aus. So bezeichnen die Experten den Bereich, wo Störche leben, die entweder nach Südosten oder Südwesten in ihre Überwinterungsgebiete fliegen. Heute ziehen vermehrt Störche nach Südwesten, um auf der iberischen Halbinsel zu überwintern, statt über die Türkei nach Ostafrika zu fliegen. Da nur ein kleiner Teil der sogenannten „Westzieher“ bis Afrika fliegt, haben diese kürzere, weniger gefahrvolle Zugwege und kommen auch früher im Brutgebiet an. Daher dürften auf dieser Zugstrecke die Verluste deutlich geringer sein als auf der gefährlicheren Ostroute über die Türkei und den nahen Osten, so dass der oben genannte JZa-Wert von 2,0 sich als etwas zu hoch erweisen könnte. Wer sich über die Zugwege von mit Sendern markierten Störchen aus Schleswig-Holstein informieren und deren Lebenslauf im Internet auf der NABU-Seite verfolgen möchte, kann dies jederzeit unter https://blogs.nabu.de/stoerche-auf-reisen/ tun.
Was ist zu tun?
Wenn ein besseres Brutergebnisse beim Weißstorch erreicht werden soll, muss das Nahrungsangebot verbessert werden, indem die letzten (Feucht-) Wiesen erhalten, andere wiederhergestellt und kleine Teiche und Tümpel angelegt werden, um das Vorkommen von Amphibien als eine wichtige Nahrungsgrundlage der Störche zu verbessern. Dadurch wird gleichzeitig vielen Arten von auf Wasser angewiesenen Insekten wie z.B. Libellen wieder ein Lebensraum geschaffen. Ein solches Programm ist gerade in Dithmarschen auf den Weg gebracht worden, wo sich Landbesitzer melden können, die bereit sind, auf ihrer Fläche einen Tümpel anlegen zu lassen. Für die Eigentümer erfolgt dies kostenlos. Bezahlt werden die Arbeiten aus der Ausgleichsabgabe, die in Dithmarschen von den Betreibern der sehr zahlreichen Windenergie-Anlagen zu entrichten ist.
UPet 28. März 2017
Der NABU ist aktiv, um unser Naturerbe zu erhalten. Damit Sie auch weiterhin heimische Tiere und Pflanzen erleben können, braucht der NABU Ihre Unterstützung - am Besten noch heute!
Jetzt Mitglied werden!