Bartgeier „Larzac“, aufgenommen im Naturpark Grand Causses (F). Einzelne Federn sind zur Identifizierung des Vogels auf große Distanz gebleicht - Foto: Flavie Lescure
Junger Bartgeier „Larzac“ ist tot!
Seltener Besucher aus Frankreich verendet an Stromleitung
Neumünster, 26. Juli 2016 - Für viele Vogelfreunde ist es sicher eine traurige Nachricht: Bartgeier „Larzac“ ist tot! Die stark verwesten Reste seines Körpers wurden von NABU-Landesgeschäftsführer Ingo Ludwichowski am 25. Juli 2016 in der Nähe von Hasenberg bei Nessendorf im Kreis Plön nach einem Hinweis aus der Bevölkerung in unmittelbarer Nähe zu einer bereits abgeschalteten, aber noch nicht abgebauten Stromleitung gefunden und geborgen. Damit steht auch die Todesursache höchstwahrscheinlich fest: „Der Fund zeigt erneut deutlich, welche Gefahren von ungesicherten Stromleitungen gerade für große, unerfahrene Vögel ausgehen“, so Ludwichowski. Eine veterinärmedizinische Untersuchung steht aber noch aus und wird nach Überstellung der Knochen und Federn in Frankreich erfolgen.
Der junge, männliche Bartgeier, markiert mit zwei großen Fußringen und einem GPS-Sender, stammt aus einem Auswilderungsprojekt der Ligue Pour la Protection des Oiseaux Grands Causses (LPO) aus dem Parc Naturel Régional des Grands Causses und dem Parc National des Cévennes in Südfrankreich nahe Montpellier. Die Auswilderung wird seit 2015 von LIFE GYPCONNECT unterstützt. Der Jungvogel wurde im Mai 2015 freigelassen. Er war Teil der Bemühungen von Naturschützern, die hoch bedrohte Art in verschiedenen Regionen Europas, so in den französischen, italienischen und österreichischen Alpen, aber auch in Andalusien in Spanien, in ihrem ursprünglichen Verbreitungsgebiet wieder anzusiedeln.
Die Geschichte von Bartgeier „Larzac“
Seit 2012 wildert die L.P.O. (Ligue pour la Protection des Oiseaux, Birdlife-Partner des NABU) Grands Causses mit anderen Organisationen junge Bartgeier aus. Im Jahr 2016 wurden im Naturpark Grand Causses in Südfrankreich insgesamt elf Jungvögel frei gelassen. Die Tiere stammen dabei aus europäischen Zuchtzentren, die mit der V.C.F. (Vulture Conservation Foundation), der Stiftung „Pro Bartgeier“ und dem Europäischen Erhaltungszuchtprogramm kooperieren. Die jungen Bartgeier sind zum Zeitpunkt des Freilassens 90 Tage alt.
Larzac, geboren im Jahr 2015, stammt zusammen mit einem jungen Weibchen aus Haringsee in Österreich. Die beiden Tiere blieben zunächst einen Monat lang in einer Höhle im Fels eingesperrt, wo für eine Übergangszeit gefüttert wurden. Danach wurde die Höhle geöffnet, die Tiere waren frei und begannen fliegend die Umgebung zu erkunden.
Larzac blieb zunächst in Süd-Frankreich und flog dabei in Gesellschaft mit dem männlichen Bartgeier „Layrou“. Im Juni 2016 begann er eine lange Reise in die Niederlande, bevor er am 2. Juli 2016 von dort nach Norddeutschland flog. Hier erreichte er zunächst Fehmarn, bevor er umdrehte und zurück auf das Festland gelangte. Das letzte Signal von seinem GPS-Sender erhielten die Organisatoren am 4. Juli 2016. An der Suche nach dem dann als vermisst gemeldeten Tier beteiligten sich zwischenzeitlich zahlreiche Ornithologen.
Katia DAUDIGEOS
LPO Grands Causses
Bestand auf dem Wege der Besserung
Geringe Restbestände dieser ehemals fast ausgestorbenen Art überlebten zuletzt nur noch in den spanischen Pyrenäen. Heute steigt der Bestand Dank intensiver Schutzbemühungen wieder an. Junge Geier, zuletzt auch mehrere Gänsegeier, verstreifen in ihrer mehrere Jahre dauernden Jugend teils weit über ihr eigentliches Verbreitungsgebiet hinaus, und können so auch regulär nach Schleswig-Holstein gelangen. Im Mittelalter gehörten Geier wohl zum regelmäßigen Erscheinungsbild auch des hohen Nordens. Geier leben vor allem von toten Tieren und gehörten lange Zeit auch zum Erscheinungsbild großer, extensiver Weidewirtschaften. Der Bartgeier - früher auch Lämmergeier genannt - ernährt sich dabei vom Mark großer Knochen, die er über felsigem Gelände abwirft. Lebende Nahrung erbeuten Geier nur in Ausnahmefällen. Mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,8 Metern ist er eine imposante Erscheinung am Himmel, insbesondere dann durch seinen langen, keilförmigen Schwanz gekennzeichnet.
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Zwischenzeitlich machte „Larzac“ Station nach dem Verstreichen aus Frankreich in den Niederlanden Station - Foto: Hans Deene
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Fundort des toten Bartgeiers in unmittelbarer Nähe zur Stromleitung am Rande eines Rapsfelds (Lageort am Bildrand unten links) - Foto: Ingo Ludwichowski
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Der Verwesungszustand des Bartgeiers ist weit fortgeschritten - Foto: Ingo Ludwichowski
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Die Bartgeier-Markierungen - zwei große Fußringe und ein am Vogel angebrachter Sender - erlaubten die identifizierung und fortlaufende Verfolgung des Tieres auch auf größere Distanz - Foto: Ingo Ludwichowski
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Der Schädel des toten Bartgeiers nach einer groben Säuberung - Foto: Ingo Ludwichowski
Bedrohung durch Diclofenac
Bedroht sind Geier neben dem illegalen Abschuss und Eierdiebstahl durch die Vergiftung mit Diclofenac. Diese Substanz aus der Tiermedizin, die bei Weidetieren eingesetzt wird, führte zur Ausrottung fast aller Geier in Indien und Pakistan. Dennoch wurde das Mittel in Italien und Spanien zugelassen (s. Kasten rechts oben). Heute haben die Geierbestände dank intensiver Schutzbemühungen allgemein europaweit wieder zugenommen. So sind Einflüge nach Mitteleuropa heute viel wahrscheinlicher als etwa noch in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, in denen die Art in vielen Gegenden intensiv verfolgt wurde.
ILu akt. 27. Juli 2016