Gelbhalsmaus im Nistkasten - Foto: NABU / Carsten Pusch
Von Rötel- und Gelbhalsmäusen
Leises Rascheln am sonnigen Waldboden
Wer besonders im Frühjahr einmal durch die heimischen Buchenwälder spazieren geht, wird sie mit ein wenig Glück und Geduld ganz sicher zu sehen bekommen: die Rötelmaus Myodes glareolus. Zunächst nimmt man meist nur eine schnelle Bewegung aus den Augenwinkeln wahr oder hört ein Rascheln im trockenen Laub des Vorjahres. Bleibt man nun ruhig stehen und schärft den Blick, entdeckt man häufig, dass man meist längst selber beobachtet wird: Aus einem Mauseloch am Fuß einer Buche oder aus der Bodenvegetation beobachten einen zwei dunkle Augen. Meist aber nicht lange, nach kurzer Gefahrenabwägung setzt sich das hektische Mäuschen wieder in Bewegung. Nicht zu verwechseln ist die Rötelmaus mit der Gelbhalsmaus Apodemus flavicollis – die trifft man gerne bei der Reinigung von Nistkästen oder besonders in den Wintermonaten beim Rumtoben auf dem Dachboden.
Die beiden häufigen besonders in Wäldern zu beobachtenden Mäusearten lassen sich ganz gut im Gelände voneinander unterscheiden. Der Name der Rötelmaus geht auf die rotbraune Rückenfellfärbung der relativ kleinen, nur bis zu 15 cm langen Tiere (incl. Schwanz) zurück. Dabei wiegen die Tiere auch nur 12-35 Gramm. Der Schwanz ist relativ kurz, d.h. kürzer als der Rumpf, bei Gelbhalsmäusen und auch der noch in Frage kommenden Waldmaus ist dies umgekehrt der Fall. Auch wirkt der Körper der Rötelmaus zudem eher rundlich-gedrungen, bei den anderen beiden Arten eher schlank. Die Rötelmaus ist eine Vertreterin der Wühlmäuse (wie Erd- und Feldmaus).
Das Fell der größeren und schwereren Gelbhalsmaus ist oberseits warm rot- oder gelbbraun. Die Ohren sind mittelgroß, die Augen groß und hervorstehend. Die Unterseite ist fast rein weiß, die Abgrenzung zur Oberseitenfärbung ist sehr deutlich. Eine Brustzeichnung ist meist als durchgehendes gelblichbraunes Halsband ausgebildet. Die Gelbhalsmaus gehört zu den Echten Mäusen (wie z.B. Wald- und Hausmaus oder die beiden Ratten-Arten), sie wird sogar gelegentlich mit einer kleinen Ratte verwechselt.
Vielseitige Speisepläne
Rötelmäuse nehmen vielseitige Nahrung zu sich, sie fressen, typisch Wühlmaus, praktisch ausschließlich Pflanzenbestandteile. Im Frühjahr werden Gräser, Kräuter und Keimlinge gefressen, im Frühjahr und Herbst kommen Knospen, Samen, Früchte, Moose und Pilze dazu. Eicheln, Bucheckern und andere Samen werden als Wintervorrat eingelagert, dann wird auch gerne Baumrinde gefressen. Sie nagt auch gerne unterirdisch z.B. die Wurzeln junger Bäume ab, so dass nicht selten frisch gepflanzte Junggehölze absterben. Ihr Vorkommen stößt daher nicht bei allen Waldbesitzern und Förstern auf Begeisterung. Die negativen Auswirkungen der Rötelmaus in einem gesunden Wald sind jedoch eher gering, nennenswerte Probleme erst bei massenhaftem Auftreten zu verzeichnen. Vor allem auch wegen der Vielzahl natürlicher Feinde regulieren sich selbst große Vorkommen der Rötelmaus allerdings meist verhältnismäßig schnell.
Mäusearten in Schleswig-Holstein
Gelbhalsmäuse nehmen neben pflanzlicher Nahrung auch zwischen 10 bis 40 Prozent tierische Nahrung auf wie z.B. Käfer, Würmer, Raupen von Schmetterlingen, gelegentlich aber sogar Vogeleier und töten manchmal sogar brütende Kleinvögel auf dem Gelege. Werden sie bei Nistkastenkontrollen im Kasten angetroffen, verstehen sie es auch kräftig zu zubeißen, meist ist aber die Flucht den Baumstamm hinab die bevorzugte Reaktion.
Heimliche Lebensweise
Ob die Mäuse tag- oder nachtaktiv sind, hängt von verschiedenen Einflüssen ab. In Gebieten, in denen die häufig vorkommende, ganz überwiegend nachtaktive Gelbhalsmaus in hoher Dichte vorkommt, weichen Rötelmäuse beispielsweise der Konkurrenz aus, indem sie vor allem tagaktiv sind, während sie bei geringer Dichte der Gelbhalsmaus im gleichen Gebiet überwiegend nacht- und dämmerungsaktiv sind. Wer bei einem Spaziergang in heimischen Wäldern eine tagaktive Maus zu sehen bekommt, hat daher praktisch immer eine Rötelmaus vor sich. Gelbhalsmäuse scheucht man hingegen gerne mal auf, wenn der Holzhaufen umgeschichtet wird, Nistkästen gereinigt werden oder wenn im Herbst auf dem Dachboden trippelnde Mäusefüße einem den Schlaf rauben. Gelbhalsmäuse klettern sehr gut, durchaus bis in den Kronenbereich der großer Bäume.
Beide Mäusearten finden sich in großen Teilen Europas und Nordasiens. Sie leben in Buchenwäldern, in Mischwäldern, waldnahen Hecken, Gärten und Gebüschen, die Rötelmaus auch gerne auch in der Nähe von Gewässern. Beide Arten gehören zu den häufigsten Säugetieren in Deutschland und in Schleswig-Holstein und sind daher ungefährdet.
Viele Fressfeinde
Als häufige Arten ist die Liste der Fressfeinde allerdings auch ganz schön lang: neben Fuchs, Haus- und Baummarder, Iltis, Hermelin oder Mauswiesel nehmen viele Vogelarten wie Waldkauz, Waldohreule, Schleiereule und Uhu gerne Mäuse zu sich, auch Weißstorch oder Graureiher langen gerne zu. Selbst der Mäusebussard kann im Frühjahr bei noch schütter belaubten Bäumen in den Wäldern auf Rötelmausjagd beobachtet werden.
Wegenetz im Unterholz und Waldboden
Die Nester der Rötelmäuse werden unterirdisch angelegt, ein dazugehöriges weitläufiges Wegenetz verläuft meist nur wenige Zentimeter unter der Oberfläche. Zum Bau gehören - typisch Wühlmaus - Fraßgänge, Blindgänge und Erweiterungen, in denen Nahrungsvorräte eingelagert werden und das mit verschiedenen Materialien wie Moos, Laub und Tierhaaren gepolsterte Nest angelegt wird. Rötelmäuse werfen im Freiland zwei- bis maximal dreimal in ihrem Leben. Nach gut neun Wochen sind die Tiere geschlechtsreif. Die Lebenserwartung der Rötelmaus liegt im Mittel bei anderthalb Jahren. In nahrungsreichen Sommern kann es, wie in den vergangenen Jahren mit einer reichen Buchen- und Eichenmast, zu einem schnellen Anwachsen der Population kommen. Dies gilt auch für die Gelbhalsmaus. Sie legt ihre Nester meist in Erdbauen zwischen Baumwurzeln oder unter Felsblöcken an, seltener in Holzstößen, in Eichhörnchenkobeln und Nistkästen bis in mehrere Metern Höhe. Erdbaue übernehmen sie von Maulwürfen oder Wühlmäusen, selten graben sie sich selber welche. Im Herbst und Winter nutzen Gelbhalsmäuse sehr gerne Baumhöhlen, Nistkästen und menschliche Siedlungsstrukturen.
Gelegentliche Krankheitsüberträger
Vor allem durch die Rötelmaus können auch Krankheiten übertragen werden. Für den Fuchsbandwurm stellt die Rötelmaus einen Zwischenwirt dar. Durch den Befall mit den Larven des Parasiten wird die Rötelmaus geschwächt und eine leichtere Beute für den Endwirt, dem Fuchs. Aber auch Hunde und Katzen fressen befallenen Tiere und können dann infektiöse Eier ausscheiden. Aber auch der sog. Hanta-Virus wird vor allem durch Rötelmäuse, aber auch durch Gelbhalsmäuse übertragen. Die Infektion wird durch direkten oder indirekten Kontakt mit infizierten Tieren und deren Ausscheidungen ausgelöst.
Viel Spaß bei der Mäusepirsch!
Man sollte daher die häufig tagaktiven Rötelmäuse beim Waldspaziergang in Ruhe lassen, das gilt grundsätzlich für alle Wildtiere und damit natürlich auch für die Mäuse - und nicht anfassen. Nehmen Sie doch mal ein kleines Fernglas mit, um die kleinen Bodenbewohner besser beobachten zu können. Viel Erfolg bei der Mäusepirsch!
CPu 23. April 2020