NATURA 2000
Der lange Weg zum Netz europäischer Schutzgebiete
Was steckt eigentlich hinter dem NATURA 2000-Programm? Wie sieht das Ganze in Schleswig-Holstein aus? Der NABU informiert und bietet einen kleinen Überblick. Mehr →
In der EU-Vogelschutzrichtlinie (VSchRL) verpflichten sich die Mitgliedsstaaten der EU, die in ihren Territorien lebenden Vogelarten zu schützen. Die Einrichtung von EU-Vogelschutzgebieten ist dazu ein wichtiges Instrument. Es handelt sich dabei um Gebiete, die für Arten auf dem Anhang I der Richtlinie und für bedrohte, wandernde Vogelarten geführt werden, oder um Bereiche die hohe Bestände von Wat- und Wasservögeln aufweisen (Feuchtgebiete internationaler Bedeutung gemäß Ramsarkonvention). Im Anhang I der VSchRL finden sich einerseits besonders bedrohte Arten, andererseits Arten, die vor allem in den Ländern der EU vorkommen und für die diese deshalb eine besondere Verantwortung besitzt.
Wie das Mahnschreiben der EU-Kommission aus dem Dezember 2002 zeigt, ist die Bundesrepublik immer noch nicht ihren Verpflichtungen aus der VSchRL nachgekommen und hat bisher nicht ausreichend Gebiete angemeldet. Die Anmeldung von EU-Schutzgebieten bei der EU-Kommission liegt im Verantwortungsbereich der Bundesländer. Sie sind gehalten, die »zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete« für die einzelnen relevanten Arten in ihrem Bereich zu benennen. In der Praxis hat sich ein Verfahren ergeben, in dem die fünf geeignetsten Gebiete pro Bundesland berücksichtigt werden. In Schleswig-Holstein zählt die Halbinsel Eiderstedt zu den Gebieten, die bisher noch nicht angemeldet worden sind, obwohl sie die Voraussetzungen erfüllen.
Es handelt sich um folgende Arten:
Für die Trauerseeschwalben liegen aus den vergangenen Jahren aus Schleswig-Holstein vollständige Erfassungen des Brutbestandes vor, die auf Eiderstedt von Claus Ivens durchgeführt wurden und die landesweit von der staatlichen Vogelschutzwarte koordiniert werden. Goldregenpfeifer und Nonnengänse wurden in den vergangenen Jahren mehrmals auf ganz Eiderstedt binnendeichs gezählt. Die Erfassungen wurden dabei von öffentlichen Wegen und Deichen aus durchgeführt.
Nonnengänse werden darüber hinaus regelmäßig im Rahmen des Rastvogelmonitorings im Wattenmeer kartiert. Für Goldregenpfeifer liegen mehrere Synchronzählungen für ganz Schleswig-Holstein vor. Uferschnepfen und Kiebitze wurden auf Eiderstedt im Jahr 2001 von öffentlichen Wegen und Deichen aus erfasst. Durch diese Methode kann es dazu kommen, dass einzelne Reviere übersehen werden. Die Angaben sind deshalb als Mindestwerte zu betrachten.
Für die Trauerseeschwalbe ist Eiderstedt das bei weitem wichtigste Brutgebiet in Schleswig- Holstein. Etwa 60% des landesweiten Bestandes kommen hier vor. Seit den 50er Jahren ist auf Eiderstedt, wie in ganz Deutschland, der Bestand dieser Art erheblich gesunken. Früher wurden die für die Halbinsel typischen Weideochsen durch hoch angestaute Gräben auf ihren Fennen gehalten. Sie hielten die Grabenränder durch Abweidung frei, so dass größere, freie Wasserflächen entstanden. Heute werden überwiegend Bullen gehalten. Die Wiesen sind eingezäunt, die Gräben enthalten einen häufig nur geringen Wasserstand und verschilfen. Wie in ganz Deutschland nisten die meisten Eiderstedter Trauerseeschwalben auf künstlichen Nisthilfen, die vor allem auf Initiative von Claus Ivens ausgebracht wurden. Meist befinden sich diese Brutflöße auf den für die Halbinsel charakteristischen Trinkkuhlen.
Nonnengänse kommen im Winterhalbjahr auf fast ganz Eiderstedt vor. Die Zählungen, die auf der Binnendeichfläche erfolgten, ergaben maximal etwa 11.000 Vögel (Dezember 2002). Innerhalb Schleswig-Holsteins bildet Eiderstedt eines der wichtigsten Rastgebiete. Die Halbinsel ist für die Nonnengans ein Feuchtgebiet internationaler Bedeutung. Es ist nicht richtig, dass Nonnengänse das binnenländische Eiderstedt vermehrt aufsuchen, weil sie im Nationalpark infolge der Nutzungsaufgabe keine Nahrung mehr finden. Im Nationalpark haben die Bestände dieser Gänse in den vergangenen Jahren ebenfalls erheblich zugenommen.
Die größten Bestände des Goldregenpfeifers sind in Norddeutschland vor allem im Herbst und im Frühjahr anzutreffen. Für die Art liegen mehrere Zählungen aus ganz Eiderstedt vor. Einige dieser Erfassungen erfolgten im Rahmen von Synchronzählungen im gesamten Schleswig-Holstein. Dabei ergab sich, dass die Halbinsel Eiderstedt das wichtigste Rastgebiet für die Art in Schleswig-Holstein ist. Bei Synchronerfassungen aus jüngerer Zeit wurden regelmäßig mehr als 8.000 Goldregenpfeifer, die Grenze für eine internationale Bedeutung, gesehen.
Goldregenpfeifer kommen flächendeckend auf Eiderstedt vor. Konzentrationspunkte sind, vor allem wenn man mehrere Kartierungen vergleicht, kaum zu erkennen. Die Art hält sich sowohl auf Wiesen als auch auf Äckern auf, vorausgesetzt die Vegetation ist dort nicht zu hoch. Die Bedeutung Eiderstedts für Goldregenpfeifer beruht sicherlich auf den hohen Anteil des Grünlandes. Auf Weiden und Wiesen können Goldregenpfeifer auch dann nach Nahrung suchen, wenn diese auf Äckern wegen zu hohem Bewuchs oder Trockenheit nicht zur Verfügung steht.
Kein zweites Gebiet in Schleswig-Holstein weist einen so hohen Brutbestand der Uferschnepfe auf wie Eiderstedt. Mit insgesamt 348 Brutpaaren nimmt die Halbinsel auch bundesweit für diese Art eine Spitzenstellung ein. Uferschnepfen kommen in weiten Bereichen Eiderstedts vor. Sie können dort, wo noch geeignete Lebensräume (feuchte Wiesen) vorhanden sind, Kolonie artige Ansammlungen bilden.
Auch für den Kiebitz ist Eiderstedt das Gebiet mit dem höchsten Brutbestand in Schleswig- Holstein. Die Art kommt fast im gesamten Gebiet vor, konzentriert sich aber vor allem - wie die Uferschnepfen - in den feuchteren Bereichen. Kiebitze
brüten überwiegend auf Grünland. Gelege auf Äckern sind im allgemeinen nur dann erfolgreich, wenn geeignete Wiesen oder Weiden für die Küken-Aufzucht in der nahen Umgebung zur Verfügung stehen.
Die Bundesländer haben einen gewissen Ermessensspielraum bei der Ausweisung von EU-Vogelschutzgebieten. Da aber Eiderstedt für vier Arten, die im Rahmen der Richtlinie zu schützen sind, das wichtigste Gebiet ist und es die Voraussetzungen für ein Feuchtgebiet internationaler Bedeutung erfüllt, ist eine Meldung zwingend erforderlich. Dabei muss sich das Vogelschutzgebiet über ganz Eiderstedt erstrecken, da Nonnengänse, Goldregenpfeifer, Kiebitze und mit gewissen Einschränkungen auch Uferschnepfen die gesamte Halbinsel bis auf einige randlich gelegene Ackerköge besiedeln.
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