Wer sich weitergehend für Photovoltaik interessiert und nach konkreten Antworten auf energietechnische Fragen sucht, dem sei die Internetveröffentlichung des Fraunhofer-Instituts "Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland" empfohlen (-> Frauenhofer-Institut).
Kritisch für den Naturschutz?
Freiflächenphotovoltaik: Grundlagen und Anforderungen
Der Ausbau der Versorgung mit erneuerbarer Energie wird zukünftig deutlich stärker über Freiflächenphotovoltaikanlagen erfolgen, also in Form von in der offenen Landschaft errichteten großen Solarkraftwerken. Diese Entwicklung zeichnet sich auch für Schleswig-Holstein ab. Worauf beruht dieser zu erwartende Boom? Welche Folgen für Natur und Landschaft können damit einhergehen? Wie lassen sich negative Auswirkungen auf die Umwelt weitgehend vermeiden? Um in den kommenden Diskussionen, gerade auch zur Standortfindung der inzwischen großflächig dimensionierten Anlagen, konstruktiv, aber gegebenenfalls auch kritisch mitwirken zu können, muss sich der Naturschutz rechtzeitig mit diesen Fragen auseinandersetzen. Der folgende Beitrag soll dazu Grundlagen und Anregungen geben.
Bislang sind in Schleswig-Holstein etwa 140 Freiflächenanlagen mit insgesamt etwa 500 Megawatt (MW) installierter Leistung zur photovoltaischen (PV) Energieerzeugung gebaut worden, hauptsächlich in den mittleren Regionen des Landes. Im Vergleich zu den südlichen Bundesländern wie Baden-Württemberg oder Bayern ist das wenig. Das dürfte sich jedoch bald grundlegend ändern. Denn auch hierzulande setzen Energiepolitik und -wirtschaft verstärkt auf einen massiven Ausbau der Freiflächen-PV in Form von leistungsstarken und damit großflächigen Anlagen. So werden zur Zeit Solarparks von ungefähr zehn Hektar Fläche mit einer Leistung von 8 - 10 MW als gut projektierbar und rentabel angesehen, aber auch deutlich größere Anlagen errichtet.
Freiflächen-PV ist im Kommen ...
Die Attraktivität der Freiflächen-PV beruht vor allem auf folgenden Gründen:
- Die Materialkosten sind sehr stark gefallen. Insbesondere die Massenproduktion in China hat zu einem drastischen Preisverfall bei den Solarmodulen geführt.
- Bau und Unterhaltung der Anlagentechnik sind unkompliziert. Verschleiß ist kaum zu erwarten.
- Die Pachtpreise für die beanspruchten Flächen sind mit ca. 1.500 bis 2.000 Euro pro Hektar und Jahr (noch) relativ günstig.
- Die von den PV-Anlagen ausgehenden Beeinträchtigungen auf Menschen, Natur und Landschaft werden als erheblich geringer als bei Windkraftanlagen eingeschätzt. PV-Anlagen gelten gemeinhin als umweltverträglich. Die Frage nach weit bemessenen Abstandsregelungen ergibt sich nicht. Auch der naturschutzrechtliche Kompensationsbedarf wird als gering eingestuft.
- Die gesellschaftliche Akzeptanz für Freiflächen-PV-Anlagen ist verhältnismäßig hoch. Widerstände aus der Bevölkerung, wie sie mit dem Ausbau der Windenergie einhergehen, werden nicht erwartet.
- Die Planungs- und Genehmigungsprozesse verlaufen einfacher als bei Windkraftanlagen. Eine übergeordnete raumplanerische Konzeption, bei der Windkraft ist dies die Regionalplanung, entfällt und ist auch in Zukunft nicht vorgesehen. Es genügt die Aufstellung eines kommunalen Bebauungsplans, daneben sind energietechnische Fragen zu klären.
Dieses Bündel an Faktoren hat die Freiflächen-PV lukrativ für Investoren werden lassen. Die im Vergleich zum Süden Deutschlands etwas geringeren Sonneneinstrahlungswerte spielen dabei keine Rolle mehr. Eine Kilowattstunde (kWh) Solarstrom lässt sich inzwischen für nur noch etwa 4,5 Cent erzeugen - ein Preis, der gut mit Windstrom konkurrieren kann. Auch unter Aspekten des Natur- und Landschaftsschutzes ergeben sich für Solarparks im Vergleich zu Windrädern einige Vorteile: Sie töten keine Vögel und Fledermäuse, sie dominieren nicht weiträumig das Landschaftsbild und sie arbeiten geräuschlos.
Freiflächen-PV-Anlagen bleiben zwar in der Horizontalen, benötigen dort allerdings viel Platz, ein vielfach angeführter Kritikpunkt. Das gilt auch für die Biogaserzeugung, von der Branche als 'dritte Säule' der erneuerbaren Energien gepriesen. Allerdings schneidet die Solarenergie beim Vergleich des Flächenbedarfs (und nicht nur hierbei) ungleich besser ab. Pro Hektar liefert eine PV-Anlage den (20 -) 50fachen Stromertrag. Nach einer Modellrechnung des Vereins Energiewende Rüsselsheim e.V. würden 58 bis 64 % der in Deutschland aktuell mit Biogaspflanzen bestellten Fläche ausreichen, um die Bundesrepublik komplett mit Solarstrom inklusive der erforderlichen Stromspeicherung zu versorgen. Bereits heute sind die Stromgestellungskosten deutlich niedriger als bei Biogasstrom. Während es bei der Biogasverstromung kaum Möglichkeiten einer erkennbaren Kostensenkung gibt, werden bei der Solarenergie die Kosten aber auch in Zukunft weiter sinken. So geht das Fraunhofer-Institut für 2030 bei Biogasanlagen von 10,1 bis 14,7 Cent / kWh Stromerzeugungskosten aus, bei größeren Solarstromanlagen jedoch nur von 2,4 Cent / kWh.
Auch unter Gesichtspunkten des Umwelt- und Naturschutzes wirkt sich eine Solarstromanlage deutlich günstiger auf die betroffene Fläche als der Anbau von Mais oder Silogras aus, da sich die landwirtschaftliche Tätigkeit auf dem PV-Gelände auf das Kurzhalten des Aufwuchses durch Beweidung beschränkt.
... wird aber noch durch das EEG gebremst
Zurzeit wird der Ausbau der Solarstromerzeugung auch bei den Freiflächenanlagen noch durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gebremst. Wer einen Solarpark über 750 kW Leistung plant - und nur solche dürften sich unter den jetzigen Bedingungen wirtschaftlich lohnen -, muss sich bei der Bundesnetzagentur an einer Ausschreibung um den niedrigsten Strompreis und damit die Einspeisevergütung beteiligen. Das EEG reglementiert überdies die Standortsuche. Eine Vorzugskulisse bildet dabei die Nahumgebung von Hauptverkehrsadern wie Autobahnen und Bahnlinien, die innerhalb eines Abstandes von aktuell noch 110 m als sogenannter vorbelasteter Bereich gilt. Außerdem kommen als Standorte gemäß EEG noch Konversionsflächen, also nicht mehr genutzte Militärflächen oder ehemalige Mülldeponien in Betracht, die in Schleswig-Holstein allerdings flächenmäßig kaum von Belang sind. Diese Beschränkung der Standortkulisse und dadurch auch der Anlagen soll allerdings nicht nur dem Landschaftsschutz dienen. Vornehmlich soll erstens das Aufkommen des PV-Stroms gesteuert und zweitens der Landwirtschaft nicht deren Nutzfläche verkleinert und damit verteuert werden.
Das EEG gestattet den Ländern jedoch, sogenannte (agrarstrukturell) benachteiligte Gebiete für PV-Anlagen freizugeben. Dort sollen die Solarstromerzeugung bzw. die Verpachtung dafür benötigter Flächen den Landwirten ein zusätzliches Einkommen ermöglichen. Einige Bundesländer wie Bayern, Baden-Württemberg und Hessen haben davon bereits Gebrauch gemacht. Obgleich der Entwurf des Landesentwicklungsplans dies auch für Schleswig-Holstein ins Spiel bringt, will die Landesregierung offenbar davon absehen - durchaus zum Vorteil des Landschaftsschutzes: Als benachteiligtes Gebiet würden aufgrund ihrer schlechten Böden und relativ niedriger landwirtschaftlicher Einkommensstruktur aller Wahrscheinlichkeit nach weite Bereiche der Geest deklariert werden. Dort wäre vor allem Dauergrünland ärmerer Standorte von einer 'Veredelung' zu PV-Anlagen betroffen, die aus landwirtschaftlicher Sicht unproduktivste Nutzflächenkategorie. Für den Naturschutz sind diese Dauerweiden jedoch ungleich wertvoller als Ackerland.
Damit wäre das Dauergrünland jedoch noch längst nicht vor PV-Investoren gerettet. Denn bei den niedrigen Stromproduktionskosten lohnt es sich mittlerweile sogar, auf die EEG-Einspeisevergütung zu verzichten, mit einem Abnehmer einen freien Preis auszuhandeln und somit die Auflagen des EEG wie die Beschränkung auf bestimmte räumliche Kulissen zu umgehen. Da für PV-Anlagen mit über 10 MW installierter Leistung ohnehin keine Einspeisevergütung mehr gezahlt wird, große Anlagen wirtschaftlich aber immer attraktiver werden, dürfte dies die Option der Zukunft sein.
Pro und Contra unter Naturschutzaspekten
Obgleich Freiflächen-PV-Anlagen energiewirtschaftlich zunehmend attraktiver werden und zugleich weniger umstritten sind als Windräder oder gar Biogasanlagen, dürfen sie aus Sicht des Naturschutzes keineswegs uneingeschränkt in die Landschaft gebaut werden. Im Hinblick auf die Standortwahl sind unbedingt verbindliche Kriterien erforderlich, zumal die modernen Solarparks etliche Hektar Fläche vereinnahmen und in ihren ökologischen Eigenschaften gravierend verändern.
Wesentliche Aspekte sind hierbei die Verschattung und Überschirmung durch die gestaffelt aufgereihten Solarplatten. Dabei wird der Fläche nicht nur viel Licht und direkte Sonneneinstrahlung entzogen. Auch die Bodenfeuchtigkeit wird kleinräumig völlig unnatürlich verändert, indem es unter den Platten weitgehend trocken bleibt, direkt unterhalb von deren Traufe aber übermäßig viel Niederschlagswasser auf den Boden trifft. Diese Faktoren beeinflussen das Vorkommen von Pflanzen und Tieren erheblich. Für den Erhalt der Biodiversität bedeutende Lebensräume sollten deswegen nicht mit Solarparks belegt werden. Dazu zählt auch altes Dauergrünland.
Eine ökologisch positive Bilanz kann dagegen gezogen werden, wenn die PV-Felder auf vorher hochintensiv genutzten Agrarflächen installiert werden. So werden die Flächen in der Regel mit einer Grasmischung eingesät, zur Begrenzung des Aufwuchses zwar regelmäßig gemäht, oft auch mit Schafen beweidet, jedoch nicht gedüngt oder mit Herbiziden behandelt. Unter Naturschutzaspekten ist diese extensive Bewirtschaftung z. B. gegenüber einer Ackernutzung von eindeutigem Vorteil.
Problematisch kann sich jedoch die Lichtreflexion der PV-Module auswirken, hervorgerufen durch die lichtdurchlässige Abdeckung. Diese besteht üblicherweise aus Hartglas, von dessen glatter Oberfläche Staub, Vogelkot und andere leistungsmindernde Verschmutzungen im Regen abgespült werden. Werden Solarparks an Hängen oder anderen exponierten Lagen platziert, können sie das Landschaftsbild nicht nur als Bauwerk an sich, sondern auch durch Reflexionen und Spiegelungseffekte erheblich beeinflussen. Außerdem werden die den Himmel widerspiegelnden Platten von etlichen Wasserinsektenarten mit der Oberfläche von Weihern und Teichen verwechselt. So landen nicht selten Schwimmkäfer und Wasserwanzen, von denen viele Arten auf der Suche nach neu zu besiedelnden Gewässern durchaus weite Strecken fliegen, hilflos auf den Solarmodulen. Auch sind Libellen bei der Eiablage auf den glänzenden Paneelen beobachtet worden. Ob sich für die betroffenen Insektenarten daraus ein wesentlicher Einfluss auf die Populationen ergibt, ist allerdings noch ungeklärt.
Welche Standorte sind von PV-Anlagen freizuhalten?
Dass in Naturschutzgebieten, im Nationalpark und in der Kernzone von Biosphärenreservaten Freiflächen-PV-Anlagen nichts zu suchen haben, dürfte unbestritten sein. Aber auch FFH-Gebiete, EU-Vogelschutzgebiete und Flächen des Biotopverbundsystems müssen für die viel Platz beanspruchenden Solarparks tabu sein. Das sollte auch für Landschaftsschutzgebiete mit ihrer Aufgabe gelten, die Landschaft frei von größeren baulichen Anlagen zu halten, zu denen Freiflächen-PV-Anlagen nun mal gehören. In Naturparken hingegen könnte ein genereller Ausschluss fachlich nicht begründbar sein. Denn Naturparke dienen zumindest in Schleswig-Holstein in erster Linie touristischen Zwecken, nicht dem Natur- und Landschaftsschutz.
Kategorisch auszuschließen sind Beeinträchtigungen von gesetzlich geschützten Biotopen. So dürfen auch Knicks nicht zur Vermeidung der Beschattung einer geplanten PV-Anlage beseitigt werden. Zwar verweist die Förderkulisse des EEG ausdrücklich auf Konversionsflächen wie ehemalige militärische Übungsplätze. Bei diesen muss nach Auffassung des NABU jedoch strikt darauf geachtet werden, dass weder Trockenrasen noch andere bedeutende Lebensräume überbaut werden, sondern dass sich die PV-Anlagen hier auf bereits versiegelte Flächen beschränken. Unter Aspekten des Biodiversitätsschutzes nicht zu vertreten ist der Bau von PV-Anlagen als Folgenutzung für den Kiesabbau anstelle einer Renaturierung. Aufgelassene Kiesgruben mit ihren mageren, wasserdurchlässigen und sonnenexponierten Sandböden stellen in unserer mit Stickstoff eutrophierten Landschaft für auf Trocken- und Wärmestandorte sowie offene Böden spezialisierte Arten oftmals die letzten Refugien. Diese hätten unter den Solarfeldern keine Chance. Auch andere Sukzessionsflächen sind von PV-Anlagen freizuhalten.
Das gilt auch für Dauergrünland, wenn es Jahre lang beweidet worden ist, ohne jemals umgebrochen zu sein. Solche Dauerweiden sind im Zuge der Intensivierung der Rinderhaltung immer seltener geworden. Gerade wenn sonnenexponiertes Dauergrünland, womöglich noch an einem Südhang gelegen, in Anspruch genommen wird, führt dieses zu maßgeblichen Lebensraumbeeinträchtigungen für die dort vorkommenden Pflanzen und Tiere. Insbesondere lichtbedürftige Vertreter unter den Wiesenpflanzen, Heuschrecken oder Reptilien werden verdrängt, auf Offenland angewiesene Vögel wie die Feldlerche verlieren ihre Brutplätze. Als Standorte ungeeignet sind ferner mit Knicks, Feldgehölzen, Kleingewässern etc. klein strukturierte Landschaftsbereiche, oftmals Reste der historischen Kulturlandschaft mit großer ökologischer Bedeutung.
Zudem ist darauf zu achten, dass nicht zur Wiedervernässung geeignete Niederungsbereiche durch Freiflächen-PV-Anlagen diesbezüglich blockiert werden. In den wenigen in Schleswig-Holstein verbliebenen Hochmoorresten kommen auch unter den Wasserkäfern mehrere hochgradig gefährdete Arten vor. Um diese nicht zum Anfliegen der spiegelnden Solarplatten zu verleiten, sollten PV-Anlagen einen Mindestabstand von 500 m zu Hochmooren einhalten.
Bahnstrecken als Vorzugsraum für Solarparks?
Für eine landschaftsverträgliche Standortplanung wenig hilfreich ist die im EEG vorgenommene und im Entwurf des Landesentwicklungsplans aufgegriffene, generelle Einstufung des Nahbereichs von Schienenwegen als "vorbelastete Bereiche". Entlang der Bahnlinien befindet sich jedoch eine Vielzahl ökologisch sensibler Flächen, die keinesfalls mit PV-Anlagen überbaut werden sollten. Außerdem ist die Einstufung als "vorbelastet" kritisch zu sehen. Beispielsweise die Bahnstrecke Kiel - Lübeck, die immerhin die beiden größten Städte des Landes verbindet, wird mit nur vier Zügen pro Stunde so gering frequentiert, dass wohl kaum von einer "größeren Vorbelastung" (so der Entwurf des Landesentwicklungsplans) gesprochen werden kann. Selbst die Vorbelastung entlang der Strecke Kiel - Hamburg ist nicht annähernd mit der einer Autobahnumgebung zu vergleichen. Aber auch Autobahnen verlaufen in einigen Abschnitten durch Niederungen und andere ökologisch bedeutende Bereiche, die nicht von Solarkraftwerken vereinnahmt werden sollten.
Trotzdem viel Platz für PV-Anlagen
Als tatsächlich erheblich vorbelastet können dagegen nach Ansicht des NABU auf Ackerflächen oder hoch intensiv genutztem Grünland stehende Windparks gelten. Überdies ist an diesen Standorten bereits eine Stromnetzanbindung vorhanden, ein deutlicher Kostenvorteil für die Investoren. Eine Beschädigung durch von den Rotoren abfallende Eisbrocken ist nicht mehr zu befürchten, weil die meisten Windkraftanlagen inzwischen mit Flügelheizung ausgestattet werden. Allein eine Fixierung auf diese Standortkulisse würde ein enormes Flächenpotenzial für PV-Anlagen erschließen. Dennoch gibt es in Schleswig-Holstein bislang nur ein einziges derartiges Kombinationsprojekt.
Durchaus denkbar wäre die Errichtung von Solarstromanlagen auch auf einem Teil der zur Biogaserzeugung dienenden Maisäcker. Läuft die vom EEG garantierte zwanzigjährige Einspeisevergütung aus, was für die älteren Biogasanlagen bereits absehbar ist, dürfte es für einige Anlagenbetreiber wirtschaftlich eng werden. Denn sie werden auf dem Strommarkt kaum einen Abnehmer finden, der ihre hohen Stromerzeugungskosten auch nur annähernd auszugleichen bereit ist. Das betrifft auch die Landwirte, die ihre Flächen als Substratanbauflächen verpachtet haben oder Lieferverträge mit den Biogasbetreibern eingegangen sind. Freiflächen-PV könnte ihnen eine Alternative aufzeigen, zumal die Pachtpreise für PV in etwa gleich, häufig sogar etwas höher liegen. Gerade auf der schleswigschen Geest mit ihrer hohen Dichte an Biogasanlagen bieten die ertragsschwachen Böden nicht viele andere Möglichkeiten, es sei denn, der Mais- und Silograsanbau wird zur weiteren Aufstockung der Rinderhaltung genutzt - was aber für die Umwelt fatal wäre.
Dagegen wäre eine Nutzung mit PV-Anlagen ökologisch deutlich vorzuziehen. Weil deren Grundfläche als Dauergrünland ohne Düngung und Pestizideinsatz angelegt und unterhalten wird, würde dies für den Schutz von Boden, Grundwasser und Oberflächengewässern von Vorteil sein und darüber hinaus zu einem Mehr an Biodiversität als zuvor auf dem Maisacker mit sich bringen. Dennoch sind PV-Anlagen selbst auf derart vorbelasteten Standorten bau- und naturschutzrechtlich als zu kompensierende Eingriffe zu betrachten. Auf Ausgleichsmaßnahmen zu verzichten, wie es von einigen Branchenvertretern verlangt wird, darf nicht infrage kommen.
Gebäude-PV muss vorrangig sein!
In der Diskussion um den Ausbau der Photovoltaik muss eine grundsätzliche, kritische Frage obenan stehen: Weshalb setzt ein Boom bei Freiflächenanlagen ein, wo doch der Ausbau der Gebäude-PV zu stagnieren scheint? Weswegen soll der Außenbereich mit baulichen Anlagen in großem Stil belastet und der Landschaftsverbrauch forciert werden, statt zuerst das Potenzial bereits versiegelter und damit extrem vorbelasteter Flächen, nämlich der Gebäude mit ihren Dächern, auszuschöpfen? Oder ganz konkret gefragt: Weshalb werden noch fast alle Anträge auf Neubauten, sowohl Wohnhäuser wie auch teilweise riesige Gewerbebauten betreffend, ohne Vorgabe zur Nutzung von Solarenergie genehmigt?
In Schleswig-Holstein könnten nach Angaben der Agentur für Erneuerbare Energien mit Dachflächen-PV 2.850 Millionen Kilowattstunden pro Jahr erzeugt werden. Über 30 Prozent aller Dachflächen sollen im Hinblick auf ihre Exposition und bauliche Ausstattung zur Aufnahme von Solarplatten geeignet sein - ein enormes Potenzial, das aber lediglich zu einem Bruchteil genutzt wird. Selbst Gebäude der öffentlichen Hand sind nur selten mit Solaranlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme ausgestattet. Vor Jahren hat der NABU die Landesregierung aufgefordert, doch wenigstens die Landesliegenschaften mit PV-Anlagen zu versehen, wo doch allein schon z.B. der Kieler Universitätskomplex Platz für zahlreiche Hektar PV-Module bieten würde. Das sei unrentabel, lautete die damalige Antwort.
Tatsächlich zögern viele Immobilienbesitzer auch im privaten Bereich aus wirtschaftlichen Gründen vor der Installation einer gebäudegebundenen PV-Anlage zurück. Maßgeblicher Grund dafür sind die stark gefallenen Einspeisevergütungen, aber auch übermäßig bürokratische Versteuerungsmodalitäten für ins Netz eingespeisten Strom. Nach Auffassung des NABU muss jedoch die PV-Erzeugung an Gebäuden absolut vorrangig gegenüber der Inanspruchnahme freier Landschaft sein. Dafür wären eine attraktivere Einspeisevergütung und vor allem die Aufhebung der der sich auf die Gebäude-PV auswirkenden Restriktionen erforderlich. Zudem müssten Bund, Land und Kommunen endlich mit gutem Beispiel vorangehen, indem sie ihre Liegenschaften bestmöglich mit PV-Anlagen ausstatten.
FH 13. Januar 2020