NABU Naturschutzgebiet ''Sehlendorfer Binnensee und Umgebung''
Strandsee an der Ostsee bei Hohwacht / Kr. Plön
Ein kleiner Gewässerlauf - der Broeck - verbindet den Sehlendorfer Binnensee mit der Ostsee. Bei hohem Wasserstand in der Ostsee strömt Salzwasser über den Broeck in den Binnensee und vermischt sich hier mit dem Süßwasser aus dem Hinterland zu Brackwasser - heute eine Besonderheit in der ansonsten weitgehend abgedeichten Ostsee.
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Blick vom Sehlendorfer Binnensee zur nahen Ostsee ...
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Broeck mit Blickrichtung zum Sehlendorfer Binnensee - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Broeck mit Pfad zur Beobachtungsplattform - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Strandasterbestand - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Engelwurz - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Gänsedistel - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Eibisch - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Natternzunge - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Gänsesäger - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Austernfischer - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Rotschenkel - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Sandregenpfeifer - Foto: Lothar Sielmann
Mehrfach im Jahr überschwemmt eindringendes Ostseewasser große Teile der Niederung und bildet die Voraussetzung für die Ausbildung von Salzwiesen und Brackwasser-Röhrichten. Niedrige Wasserstände in der Ostsee hingegen bewirken ein Abfließen des Brackwassers und, als Folge nachfließenden Süßwassers, ein Absinken des Salzgehaltes. Die häufig wechselnden Salzgehalte des Binnensees wirken sich entscheidend auf die Zusammensetzung der im Schutzgebiet lebenden Tier- und Pflanzenarten aus. Kleintümpel auf den Salzwiesen weisen einen Salzgehalt mit Nordseequalität auf. Hier gedeiht neben dem Ostqueller auch noch die Strandsode.
Natur erleben
Durch das Naturschutzgebiet führt ein Wanderweg, von dem aus weite Teile des Gebietes zu überblicken sind. Er beginnt am Parkplatz Sehlendorfer Strand, führt an der Platenbucht entlang, überbrückt den Broeck und setzt sich nach Hohwacht fort. Botanisch bemerkenswert ist auf diesem Wege schon das Brackwasserröhricht am Ufer der Platenbucht. Neben Schilfrohr kommen hier weitere Salz tolerierende Pflanzenarten wie die Gewöhnliche Strandsimse und die Salz-Teichsimse vor. Die stattlichen Stauden des Erzengelwurzes mit ihren großen weißen Blütendolden und die gelbblühende Sumpfgänsedistel können sich als weitere Arten in diesem Röhricht durchsetzen. Eine botanische Besonderheit ist der Echte Eibisch. Diese auch als Salzmalve bezeichnete Pflanzenart ist in Schleswig-Holstein äußerst selten, kommt aber am Sehlendorfer Binnensee in beachtlichen Beständen vor.
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Wanderweg Sehlendorfer Strand - Hohwacht - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Trockenrasen mit Silbergras und Mauerpfeffer - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Silbergras - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Mauerpfeffer - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Dünenstiefmütterchen - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Strandwall mit Brutfläche - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Dünenpfad zum Strand - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Stranddistel mit Distelfalter - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Strandbrutfläche mit Salzmierenbeständen - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Salzmiere - Foto: Lothar Sielmann
Zur Ostsee hin wird der Binnensee durch einen breiten Strandwall abgeschirmt. Auf ihm hat sich ein Trockenrasen mit Silbergras, Sandsegge und anderen Spezialisten für das Überleben auf trockenen und oft sehr heißen Standorten entwickelt. Dünenstiefmütterchen bilden in manchen Jahren erfreulich große Bestände.
Diese Pflanzengesellschaft lässt sich besonders gut von einer Aussichtsplattform einsehen, die - auf der Höhe des Strandwalles gelegen - gleichzeitig einen guten Überblick über den äußeren Mündungsbereich des Broecks mit seinen Sandstrandflächen und Kleindünen bietet. Im Windschatten des Strandhafers findet man hinter den Dünen regelmäßig die ansonsten seltene Stranddistel. Mit ihren tiefgreifenden Wurzeln besorgt sie sich aus beachtlichen Tiefen ihr Wasser. Vor Austrocknung schützt sie sich mit ledrigen, dornig zugespitzten Blättern. Zur Blütezeit lockt sie die Schmetterlinge des Gebietes zum nektarspendenden Blütenbesuch. Im Herbst sorgt der Wind für die Verbreitung ihrer vertrockneten, aber fruchttragenden Sprosse.
Vor der Brücke über den Broeck tritt das Ufer des Sees weit zurück und macht einer Salzwiese Platz, auf der Boddenbinse, Milchkraut, Strand-Wegerich und Stranddreizack gedeihen. Eine botanische Besonderheit auf dieser Fläche ist die Natternzunge, ein stammesgeschichtlich sehr ursprünglicher Farn. Mit ausklingendem Sommer bestimmen an Ufer- und Grabenrändern große Bestände der blauvioletten Strandaster das farbliche Erscheinungsbild der Salzwiesen und Salzweiden.
Weitblick mit Durchblick
Beschilderung auf Beobachtungsplattform
Die Beobachtungsplattform am Sehlendorfer Binnensee zwischen Hohwacht und Sehlendorf ist nicht nur für Vogelfreunde eine Attraktion. Zahlreiche Feriengäste und Menschen aus der Region erfreuen sich an dem Naturschauspiel rund um die Plattform, wenn beispielsweise über tausend Gänse mit lautem Geschnatter zum Landanflug ansetzen oder am Abend die imposanten Kraniche trompetend einfliegen, um hier die Nacht zu verbringen.
„Sind das alles Gänse oder welche Art ist das mit dem langen, krummen Schnabel? Dies sind typische Fragen von Laien, die das Vogelspektakel begeistert beobachten“, berichtet der für das Naturschutzgebiet zuständige NABU-Referent Lothar Sielmann, „Wir freuen uns sehr über das Interesse der Menschen an der Natur, doch leider sind nicht zu jeder Zeit Vogelexperten auf der Plattform, daher haben wir uns entschlossen, eine informative Beschilderung zu installieren“. Knapp 60 farbige Vogelschilder helfen jetzt die Vogelarten selbst zu erkennen. Die Resonanz sei ausgesprochen erfreulich, berichtet der Schutzgebietsreferent. Die Besucher würden die Tafeln gut annehmen, beispielsweise hätte er schon Familien mit Kindern mit großem Eifer bei der gemeinsamen Vogelbestimmung beobachtet. Die neue Attraktion auf der Beobachtungsplattform konnte mit freundlicher Unterstützung regionaler Spender realisiert werden, die sowohl für die Beschilderung, als auch für die Erweiterung der beiden Brutflöße für Flussseeschwalben vor dem Aussichtspunkt gespendet hatten.
Zu allen Jahreszeiten
Unmittelbar in der Nähe der Brücke lassen sich regelmäßig typische Vögel der Küste auf der Sandbank im Broeck beobachten. Rotschenkel, die noch in wenigen Paaren auf den Salzweiden der Tivolibucht brüten, setzen wie auch Austernfischer ihre langen, spitzen Schnäbel als Sonden ein, um Seeringelwürmer, Krebse und Muscheln im weichen Sandschlick zu erbeuten. Sandregenpfeifer lesen dagegen bewegliche Beute - meist Insekten - von der Sandoberfläche auf.
Gänsesäger-Weibchen verringern zur Zeit der Jungenführung ihre Fluchtdistanz zum Menschen und lassen sich gerade hier ungestört beim Wasserlugen oder bei der Gemeinschaftsjagd auf einen Schwarm kleiner Fische beobachten. Jenseits der Brücke führt ein kurzer Wiesenpfad zu einer Beobachtungsplattform. Von hier hat der Besucher einen hervorragenden Überblick über die Tivolibucht mit ihren ausgedehnten Salzweiden, die von Highländern kurz gehalten und oft von Kranichen als Tagesrastplatz genutzt werden. Eine große Sandinsel vor der Broeckmündung ist ganzjährig ein bevorzugter Ruheplatz für eine ganze Anzahl verschiedener Vogelarten. Aber auch die flache Tivolibucht mit ihren kleinen Inseln, Buchten und angrenzenden Salzweiden zieht viele Vögel an. Erst das Erscheinen eines Greifes macht das ganze Ausmaß der anwesenden Vogelmassen deutlich.
Seit 2007 bietet der NABU Lütjenburg ein bis zwei Brutflöße als Ersatz für zwei natürliche Brutinseln an, die von Wind und Wellen so weit abgetragen worden waren, dass die Gelege regelmäßig durch Hochwasser verloren gingen. Diese Flöße sind nicht nur für Flussseeschwalben ein großer Erfolg (2014 brüteten 40 Paare auf zwei Flößen und schafften es mit 40-50 flüggen Jungen abzuziehen), sondern auch für den NABU, der hier den Besuchern des Gebietes anschaulich das Leben in einer Seevogelkolonie zeigen kann. Die Brutflächen sind von einer Beobachtungsplattform gut mit einem Fernglas einzusehen.
Auch der ostseeseitige Mündungsbereich des Broecks ist von besonderer Bedeutung für den Schutz einiger Vogelarten. Eine große Sandstrandfläche wird regelmäßig als Brutfläche von Sandregenpfeifern, Austernfischer, Sturmmöwe und Zwergseeschwalbe als Brutplatz gewählt. Leider verhindern die zahlreichen Prädatoren des Gebietes hier wie auch auf den Salzwiesen meist erfolgreiche Bruten. Die Brutflöße sind fast die einzigen "re-produktiven" Brutflächen des Gebietes.
Größeren Nutzen als die Vögel zieht die Vertritt empfindliche Strandvegetation aus dem Schutz dieser Fläche, die Mitglieder des NABU Lütjenburg regelmäßig für den Strandbetrieb sperren. Salzstrandmiere, Meersenf, Kalisalzkraut, Meerkohl und Spitzblättrige Melde sind die Pioniere auf dem reinen Sandstrand.
Die hohe Zeit des Vogelzuges
Am Ende des Sommers mit beginnendem Vogelzug bevölkern große Vogelscharen das Gebiet. Graugänse aus der Umgebung kommen in großer Zahl hierher zur Mauser. Sie sind Ton angebend im Chor der verschieden Vogelarten. Kiebitze und Goldregenpfeifer erscheinen zu Hunderten und legen für Tage oder Wochen eine Zwischenrast ein. Säbelschnäbler, Grünschenkel und Dunkle Wasserläufer nutzen das seichte Wasser zur Nahrungssuche und Rast. Alpen- Sichel- und Zwergstrandläufer und andere Limikolen finden im Flachwasser und auf den Schlammbänken reichlich Nahrung.
Wintergäste
Den nordischen Limikolen folgen dann die nordischen Bläss-, Saat- und Nonnengänse. Oft legen sie hier, wie auch die Zwergschwäne, eine Zugpause auf dem Wege an die Nordseeküste ein. Frieren die Strandseen der Hohwachter Bucht zu, bleiben am Sehlendorfer Binnensee durch die Wasserbewegung im Broeck meist eisfreie Stellen, an denen sich die Wasservögel sammeln können. Singschwäne finden dann immer noch Muscheln im Grund des Gewässers oder nutzen die stärkehaltigen Rhizome des Schilfs. Selbst Limikolen wie Brachvögel können dann immer noch an die im Schlick lebenden Seeringelwürmer gelangen. Vor der Küste überwintern in der Hohwachter Bucht zahlreiche Meeresenten, wie Eiderenten, Eisenten und Trauerenten. Eiderenten bevorzugen dabei steinige Gründe, die den Miesmuscheln als Unterlage dienen. Miesmuscheln gehören zur Lieblingsnahrung der Eiderenten. Eisenten halten sich meist fern der Küste auf. Bei der Balz geraten sie manchmal in Strandnähe.
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Zeit des Vogelzuges - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Rastende Graugänse - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Graugänse - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Kiebitze auf dem Zug - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Goldregenpfeifer auf dem Herbstzug - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Grünschenkel - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Dunkler Wasserläufer - Foto: Lothar Sielmann
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NSG Sehlendorfer Binnensee, Fluß-Uferläufer - Foto: Lothar Sielmann
Betreuung notwendig
Die Brutfläche wird im Sinne der Naturschutzverordnung während der Brutsaison durch Mitglieder des NABU Lütjenburg mit einem Steckzaun abgesperrt. Ohne Schutz haben Bodenbrüter auf einem touristisch durch Badegäste, Surfer und Kiter intensiv genutzten Sandstrand keine Chance! Auch für die Strandvegetation hat sich der Schutz dieser Fläche als außerordentlich förderlich erwiesen. Aufgrund der geschilderten Besonderheiten beantragte der NABU Lütjenburg 1972 die Unterschutzstellung des Gebietes. In zwei Verordnungen – 1980 und 1989 – wurde der Sehlendorfer Binnensee als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Schutzziel ist die Natur in ihrer Ganzheit zu erhalten. Das bedeutet, dass nicht nur alle Pflanzen und Tierarten, sondern auch die geologischen Gegebenheiten des Gebietes vom Schutz durch den Gesetzgeber profitieren. Dazu gehören ausdrücklich auch die offene Verbindung zur Ostsee, der Ostsee seitige Mündungsbereich und das Windwatt vor der Brutfläche, das für den Bade- und Wassersportbetrieb gesperrt bleibt.
Akt. 19. August 2022