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Jetzt Mitglied werden!Im Reich der Fungi
Wo Dickfuss und Ritterling ihr Samthäubchen treffen
Pilze spielen in der Natur eine sehr bedeutende Rolle. Je nach Ernährungsweise übernehmen sie zentrale Aufgaben im Naturhaushalt, vor allem bei der Zersetzung und Aufarbeitung organischen Materials. Pilze unterscheiden sich in wichtigen Punkten von Pflanzen und Tieren. In der Biologie wurde daher ein weiteres Reich - so nennt man die höchste systematische Stufe neben dem Tier- und Pflanzenreich - geschaffen, das Reich der Pilze: Fungi.
Bislang sind etwa 100.000 Pilzarten beschrieben worden. Man geht allerdings davon aus, dass weltweit bis zu fünf Millionen Arten existieren. Somit sind Pilze nach den Insekten die artenreichste Organismengruppe. Die Verbreitung erfolgt durch mikroskopisch kleine Sporen, die in einer Fruchtschicht gebildet werden. Je nach systematischer Gruppe befindet sich diese entweder auf Lamellen, in Röhren, auf der Außenseite oder im Innern des Fruchtkörpers. Die nur 5 bis 30 Mikrometer (1 Mikrometer = 1/1000 Millimeter) großen Sporen entstehen auf mehr oder weniger keuligen Ständerzellen (= Ständerpilze), oder im Innern von sackartigen Schläuchen (= Schlauchpilze). Dies ist eine sehr wesentliche Unterscheidung, vergleichbar in der Zoologie mit dem Unterschied zwischen Säugetieren und Eier legenden Tieren.
Ungeheure Sporenmengen
Sind die Sporen reif, werden sie freigesetzt und wachsen an einem Standort zu einem Pilzgeflecht, dem sog. Mycel, aus. Nur wenn sich zwei getrenntgeschlechtliche Mycelien verbinden, können neue Fruchtkörper entstehen. Damit das überhaupt passieren kann, werden ungeheure Mengen von Sporen produziert. Wissenschaftler gehen davon aus, dass im Oberboden natürlicher Wälder auf einer Fläche von einem Quadratmeter rund eine Milliarde Myzelien oder Sporen vorkommen. Ein einziger Riesenbovist entlässt während seines nur rund zweiwöchigen Lebens mehrere Billionen Sporen in die Luft. Vielen ist nicht bewusst, dass die Hälfte aller Schwebeteilchen in der Atmosphäre Pilzsporen sind.
Unterschiedliche Lebensweisen
Pilze haben sehr unterschiedliche Lebensweisen: So gibt es die symbiontisch lebenden Mykorrhizapilze z.B. an den Wurzeln von Bäumen. Das Wurzelgeflecht der Pilze verbindet sich mit den Wurzeln der Bäume oder anderer Pflanzen. Es findet ein Stoffaustausch statt, die Pilze liefern Wasser und darin gelöste Mineralstoffe, die Pflanzen nicht benötigte zuckerähnliche Stoffe und Eiweiße. Die Schmarotzer (= Parasiten) unter den Pilzen attackieren noch lebende Organismen und bringen diese schließlich sogar zum Absterben. Dabei werden nicht nur Pflanzen, sondern auch Tiere, vor allem Insekten befallen, aber auch der Mensch kann Pilzerkrankungen erleiden.
Wieder andere Pilze ernähren sich von bereits totem, organischem Material und und arbeiten so das jährlich anfallende Laub oder Holzreste auf. Zusammen mit den Bakterien bilden Pilze die Zersetzerorganismen (Destruenten) im Stoffkreislauf der Ökosysteme. Sie bauen beispielsweise Holz, vertrocknete Blätter, Früchte, aber auch Horn und Fette ab. Dabei führen sie Stickstoffverbindungen und andere Stoffe in den Boden zurück, die dadurch Pflanzen und Tieren erneut zur Verfügung stehen. Ohne diese „Recycling“-Tätigkeit gäbe es beispielsweise keinen Humus. Neben Wäldern finden sich auch in Mooren, auf Trockenrasen, in Feuchtgebieten sowie am Strand, in Dünen und auf Heiden vielfach spezialisierte, aber eben auch hoch gefährdete Pilzarten.
Zum Essen fast zu schade
Pilze haben spezielle Ansprüche an ihren Lebensraum. Wer sich mit Pilzen beschäftigt, sie lediglich fotografieren oder aber zum Essen sammeln will, muss diese Faktoren natürlich kennen lernen. So sollte man neben der Kenntnis der wichtigsten Baumarten die natürlichen Lebensräume und deren Pflanzengesellschaften sowie die Bodenverhältnisse genauer anschauen und unterscheiden lernen, um bei der Pilzsuche beispielsweise in einem Wald Erfolg zu haben. Zudem sollte die Wachstumszeit der gesuchten Arten bekannt sein. So gibt es essbare Pilze, die sich lediglich im Frühjahr oder sogar nur im Winter finden lassen. Die meisten Arten finden sich aber im (Spät-) Sommer und im Herbst, dann stimmt für die meisten Arten die Kombination u.a. von Temperatur, Bodenbeschaffenheit und Feuchtigkeit.
Sammeln nur für Eigenbedarf
Das Sammeln von Speisepilzen sollte im Interesse des Naturschutzes nur für den Eigenbedarf erfolgen. Wer unter Aspekten des Naturschutzes sammelbare Pilze sachgerecht erntet, braucht sicher kein schlechtes Gewissen zu haben. Zu junge oder alte, angefressene, madige Pilze sollten grundsätzlich stehen bleiben. Während die einen noch wachsen sollen, erfüllen die alten Pilze wichtige Aufgaben in der Natur. Sie geben noch unzählige Mengen an Sporen ab und bieten vielen Wirbellosen, vor allem Insekten, Nahrung und Unterschlupf. Generell sollten nur so viele Pilze mitgenommen werden, wie anschließend gleich verarbeitet und gegessen werden können. Als Faustregel gilt in etwa: pro Person und Tag sollte nicht mehr als ein Kilo gesammelt werden. Ein wichtiger Hinweis: Schutzgebiete müssen selbstverständlich auch von Pilzsuchern beachtet und dürfen ggf. nicht betreten werden.
Bestimmung nicht einfach
Pilzbestimmung ist schwierig! Es gibt rund 5-6.000 Großpilzarten in Mitteleuropa, die zudem sehr variabel sind. Wer Pilze zum Verzehren sammelt, sollte - eigentlich ja selbstverständlich – unter keinen Umständen Pilze verzehren, die dem Sammler nicht zweifelsfrei bekannt sind! Es gibt eine große Anzahl ungenießbarer und giftiger Pilzarten! Angehende Pilzsammler sollten daher unbedingt ihre Funde vor der Nutzung einem geprüften (!) Pilzberater vorlegen.
In vielen Kreisen und Städten werden während der Pilzsaison entsprechende Pilzberatungen angeboten, vielerorts zudem alljährlich Pilzausstellungen organisiert, die häufig sehr empfehlenswert sind. Zudem gibt es eine Anzahl guter Handbücher und Pilzbücher sowie Fachzeitschriften, die einem angehenden Pilzenthusiasten reichlich Hilfe vermitteln können.
Ausflug ins Reich der Pilze
Zur eigenen Sicherheit sollte man darauf achten, dass die angesprochenen Pilzsachverständigen (PSV) von der deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) geprüft sind. Eine Liste geprüfter Pilzberater findet sich auf der Internetseite www.dgfm-ev.de. Es empfiehlt sich die Teilnahme an Pilz-Exkursionen und Veranstaltungen z.B. der Kieler Pilzfreunde (www.kieler-pilzfreunde.de). Hier bekommt der Pilzfreundinnen und Freunde Kontakte mit Gleichgesinnten und Fachleuten sowie weitere Informationen zur Bestimmung, Sammlung, Lagerung, Nutzung, aber auch über gesetzliche Sammelbeschränkungen - damit der Ausflug in das Reich der Pilze ohne negative Folgen bleibt!
CPu 21. September 2016