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Jetzt Mitglied werden!NSG Graswarder: Im Dunkel der Nacht
NABU überwacht Seevogelkolonien mit Wärmebildkameras
Naturschutzgebiet Graswarder
Der NABU betreut seit mehreren Jahrzehnten das NSG ‚Graswarder‘ in Heiligenhafen. Von März bis Mai brüten hier rd. 40 Vogelarten: Graugänse, Brandgänse, Austernfischer, Säbelschnäbler und Sturmmöwen ebenso wie Feldlerchen oder Rauchschwalben. Hier rasten und überwintern aber auch tausende von Strandläufern und nordische Entenarten. Der Schutz der Vogelwelt an diesem herausragenden Brut- und Rast-Ort ist ein zentrales Anliegen des NABU. Dazu unterhält der NABU auch ein von März bis September geöffnetes Naturzentrum, wo sich Interessierte detailliert über das Gebiet informieren können. Das Schutzgebiet selbst wird ganzjährig betreut.
Schutz der Kolonien
Zur Betreuung der Brutbestände im NSG gehört auch die Sicherung von Nestern und Gelegen vor dem Zugriff von Beutegreifern. Von Natur aus eigentlich bei der Wahl der Nistmöglichkeiten auf vor Prädatoren sichere Brutplätze wie abgelegene Inseln und kurzfristig entstehende Sandbänke geprägt, sind für viele Küstenvögel derartige Orte durch Maßnahmen des Küstenschutzes weitgehend verloren gegangen. Die solche Strukturen fördernde Dynamik von Küstenlebensräumen ist, seitdem der umfangreiche Deichbau die Küstenlinie festlegte, weitgehend unterbunden. Heute sammeln aus dem intensiv mit Nährstoffen überfrachteten Flächen der Landwirtschaft stammende Füchse und Marder die Eier und Jungtiere von Koloniebrütern in den Schutzgebieten großflächig ab. Die Kolonien sind die einzigen Areale, in denen sich für Prädatoren über einen bestimmten Zeitraum „genug“ Nahrung bietet. Auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen ist dieses in den Brutzeiten nicht mehr der Fall. Um an die Nahrung auf dem abseits liegenden Graswarder zu gelangen, wandern die Prädatoren an der Küste entlang über größere Distanz ein.
Im NSG Graswarder werden daher schon seit längerem E-Zäune zur Abwehr von Prädatoren eingesetzt, um den Brutvögeln die sichere Aufzucht ihrer Jungvögel zu ermöglichen. Was sich jahrelang als recht erfolgreich erwiesen hatte, fällt für die Bestandssicherung zunehmend aus, wenn lernfähige Füchse und Marder sie zu überwinden lernen. Haben die Buetegreifer einmal bemerkt, dass die Zäune ihre Wirksamkeit verloren haben, springen sie ohne weitere Kontrollen durch oder über das Hindernis.
Dies insbesondere dann, wenn die Zäune mutwillig zerstört werden: Seit mehreren Jahren hat das NSG Graswarder Besuch von ungebetenen menschlichen Gästen. Sie dringen in der Dämmerung oder in der Nacht in das Gebiet ein und zerstören Einrichtungen, die dem Schutz und der Sicherung von Seevögeln dienen. Die ersten Übergriffe erfolgten im Jahr 2007, als die Halteleinen für hochwassersicher gelagerte Brutinseln gekappt wurden. Zunächst als einmaliger Vandalismus gedeutet, erfolgten Übergriffe auch in den folgenden Jahren und weiteten sich auf die installierten E-Zäune aus. Zunächst wurden die Litzen der Zäune getrennt, später die Stromzufuhr bereits an den Elektrogebern unterbrochen. Als Konsequenz wurde eine verstärkte, jedoch zeit- und kostenaufwendige Überprüfung und Wartung der E-Zäunen notwendig. Trotz nächtlicher Kontrollen konnten aber die Täter nicht ermittelt werden. Zudem besteht der Verdacht, dass sich Eierdiebe auf das Ausräumen der Sturmmöwen-Nester spezialisiert zu haben. In einem Zeitfenster von etwa einer Woche Ende Mai wurden so in mehreren Jahren nachts alle Gelege der großen Kolonie der Sturmmöwen ausgenommen. Eier gelten als kulinarische Delikatesse. Äußerst bitter sind die Folgen für den Brutbestand. In den Jahren 2011 und 2012 sank der Bruterfolg drastisch, auch in den mit E-Zäunen gesicherten Kolonieteilen.
Einsatz von Wärmebildkameras
Kontrollen der nächtlichen Aktivitäten und eine Überführen der ‚Täter‘ sind äußerst schwierig. Über die Wärmebildkameras wird nun der Kreis der tierischen und menschlichen Täter besser eingegrenzt und überwacht, neue Erkenntnisse gewonnen und damit hoffentlich in Zukunft der Raub von Eiern und Jungvögeln dauerhaft eingeschränkt.
Wärmebildkameras überwachen die Kolonie
Im NSG Graswarder werden zur Zeit zwei Wärmebildkameras zur vor allem nächtlichen Überwachung der Kolonien eingesetzt. Der Standort der Kameras befindet sich vor Vandalismus sicher am NABU-Naturzentrum. Südlich des NABU-Zentrums befindet sich eine Kolonie mit ca. 440 Brutvögeln der Sturmmöwe, wenigen Paaren der Silbermöwe, einzelnen Paaren der Schwarzkopfmöwe und Brutstätten der Reiherente. Um das Areal optimal zu erfassen, sind zwei Wärmebildkameras notwendig, die auch am Tage auswertbare Bilder liefern.
Dauerüberwachung
Mit der Kamera und entsprechender Software werden sowohl menschliche Aktivitäten, entsprechend deren Bewegungsprofilen aber auch Prädatoren wie Füchse, Iltisse und Marder und auch tagaktive Tiere wie Seeadler erkannt, die einen Einfluss auf die Brutergebnisse in den Kolonien nehmen können. In der Nacht erfolgt über das Kamerasystem eine Alarmmeldung, wenn entsprechende Aktivitäten in den überwachten Bereichen auftreten.
ILu, akt. 14. April 2016