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Jetzt Mitglied werden!Der Weg zu einem Nationalpark in der Ostsee
Fakten, Fragen, Hintergründe
Die Ostsee ist ein besonderer Lebensraum. Hier finden Naturschutz, Biodiversität, Freizeit- und touristische Nutzung nebeneinander statt. So weist die Ostseeküste Schleswig-Holsteins sowohl im marinen, als auch im terrestrischen Bereich eine Vielzahl von besonderen Lebensraumtypen und Artengemeinschaften auf, die zum großen Teil durch menschliche Einflüsse gefährdet sind. Unter diesen Beeinträchtigungen spielen neben der hohen Nährstoffbelastung v. a. Tourismus und Fischerei eine größere Rolle. Ein auch vom NABU unterstützter 'Nationalpark Ostsee' hätte die Aufgabe, die hoch bedrohten Lebensräume zu sichern, und dabei alle Aspekte seiner Nutzung naturverträglicher zu gestalten, als dies derzeit möglich ist.
Aktuelles
Bürger*innen demonstrierten in Neumünster für den Nationalpark Ostsee. In einem Offenen Brief an Ministerpräsident Günther erläutert der NABU erneut, warum der 6-Punkte-CDU-Parteitagsantrag für den Schutz der Ostsee nicht ausreichend ist. Mehr →
Der angekündigte Beschluss der CDU zur Ablehnung eines Nationalparks Ostsee stößt beim NABU auf großes Befremden: Der Antrag missachtet nicht nur die Schutzbedürfnisse der Ostsee, sondern steht auch für ein populistisches und unkluges Verhalten. Mehr →
Planungen bedürfen einer sachbezogenen Diskussion. Die Gegner eines Nationalpark Ostsee zeigen aber an einer vernunftgeprägten Auseinandersetzung kein Interesse. Statt Argumenten werden absurd-falsche Tatsachen verbreitet. Mehr →
Fast täglich liest man aus der Wissenschaft, wie desaströs der Zustand der Ostsee ist. Der Umweltschaden unter Wasser ist überdeutlich, ein Leugnen des Handlungsbedarfs nicht glaubhaft. Nur ein Nationalpark bietet die Lösung für einen effizienten Meeresschutz! Mehr →
Wie steht der NABU zu einem Nationalpark?
Grundsätzlich steht der NABU dafür, dass das Ergebnis des Konsultationsprozesses kein 'Nationalpark light' sein darf, der kaum mehr als ein Etikett darstellen würde. Unter dieser Prämisse hat der NABU Schleswig-Holstein 2022 im Rahmen einer Sitzung des Umweltausschusses im Landtag dafür plädiert, einen Nationalpark Ostsee auf den Weg zu bringen. Diese Forderung wurde wenige Wochen später von den GRÜNEN im Wahlkampf aufgegriffen und in das Koalitionspapier eingebracht: „Für den Meeresnaturschutz, den Tourismus, die regionale Wirtschaft und die Anwohnerinnen und Anwohner können sich viele Vorteile aus einem schleswig-holsteinischen Meeresnationalpark Ostsee ergeben, der auf bereits bestehenden Schutzgebieten aufbauen und deren Wirksamkeit erheblich stärken könnte. In einem intensiven Konsultationsprozess mit den Ostsee-Anrainerkreisen und -kommunen sowie den relevanten gesellschaftlichen Interessenvertretungen an der Ostsee werden wir einen solchen Nationalpark schleswig-holsteinische Ostsee diskutieren und gegen Mitte der Legislaturperiode in der Koalition darüber entscheiden, ob und in welcher Form wir ihn auf den Weg bringen werden.“ (AUSZUG AUS DEM KOALITIONSVERTRAG VOM JUNI 2022, S. 141F.)
Was ist ein Nationalpark?
Nach den international anerkannten Kategorien der IUCN ist ein Nationalpark ein Schutzgebiet der Kategorie II, das überwiegend zur Sicherung großräumiger, weitgehend unzerschnittener, natürlicher und naturnaher Gebiete eingerichtet wird. Diese Schutzgebiete sollen nach § 24 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) in einem überwiegenden Teil ihres Gebiets den möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleisten. Das bedeutet, dass über 50 % frei von entsprechend störenden Nutzungseinflüssen sind oder werden müssen. Es sollen des weiteren die ökologische Unversehrtheit eines oder mehrerer Ökosysteme gesichert, gleichzeitig aber auch Naturerlebnis-, Forschungs-, Bildungs- und Erholungsangebote gefördert werden.
Wie wird über den Nationalpark beraten und entschieden?
Am 21. März 2023 startete in Kiel ein ergebnisoffener Konsultationsprozess, an dem sich auch der NABU beteiligt hat. Über den Sommer finden nun Themenarbeitstreffen (sogenannte „Schwerpunktworkshops“) statt. Hier bekommen vom Nationalpark sich betroffen fühlende Interessengruppen jeweils ein eigenes Forum, dessen Ziel es ist, die Einschätzung der Beteiligten insbesondere zu den folgenden Punkten kennenzulernen:
• Chancen für den Meeresnaturschutz, die Regionalentwicklung und den naturverträglichen Tourismus,
• wahrgenommene Risiken und Konflikte und eine darauf fußende, mögliche Gebietskulisse,
• mögliche Alternativen der Verbesserung des Schutzes der Ostsee,
• zu erfüllende Voraussetzungen, damit ein Nationalpark Ostsee einen Mehr-wert für Mensch und Umwelt hat.
Moderiert vom Umweltministerium können hier die verschiedenen Gruppen herauskristallisieren, welche Herausforderungen sie sehen, aber auch welche Kompromisse und Synergieeffekte sie sich vorstellen können.
Wenn die Ergebnisse vorliegen, benennen die Workshops eigene Obleute, die im September / Oktober 2023 in einen Verzahnungsprozess eintreten. Die hieraus erwachsenen Resultate fließen in die vom MEKUN zu erstellende Kabinettsvorlage ein. Erst in der 2. Jahreshälfte 2024 wird das Kabinett darüber abstimmen, ob der Nationalpark tatsächlich weitergeplant und umgesetzt wird. Von mindestens ebenso großer Bedeutung für die Entscheidungsfindung dürften aber auch die zahlreichen auf regionaler und lokaler Ebene geführten Diskussionen sein.
Wo genau liegen die Nationalpark-Flächen?
Die entsprechenden Flächen werden erst in der Kabinettsvorlage nach dem Konsultationsprozess vorgeschlagen. Eine erste Darstellung von Potenzialflächen, in der der Schutzraum liegen soll, wurde vom Ministerium bereits herausgegeben (s. Karte). Diese Bereiche liegen fast ausschließlich in bereits bestehenden Meeresschutzgebieten, in denen bislang noch keine bzw. nur ungenügende Schutzmaßnahmen umgesetzt wurden. Vorrangig hat das Ministerium Flächen ausgewählt, in denen sich nach den Kartierungen noch Seegraswiesen und Muschelbänke / Steinriffe finden, die als bedeutende Lebensräume unbedingt geschützt, weiterentwickelt oder wiederhergestellt werden müssen. Terrestrische Bereiche sind in der „Potenzialkulisse“ grundsätzlich nicht vorgesehen. Ausnahmen sind: das Natura 2000-Gebiet Geltinger Birk (Kreis Schleswig-Flensburg), aktive Kliffs innerhalb des Natura 2000-Gebiets „Südküste der Eckernförder Bucht und vorgelagerte Flachgründe“ (Rendsburg-Eckernförde) und der Bereich Sehlendorfer Binnensee im Natura 2000 Gebiet „Strandseen der Howachter Bucht“ (Plön).
Was spricht für einen Nationalpark Ostsee?
Der allergrößte Teil der Potenzialkulisse für einen Ostseenationalpark besteht aus Meeresschutzgebieten, in denen bislang keine effizienten Maßnahmen umgesetzt wurden. Hier besteht schon jetzt dringender Handlungsbedarf: Der Dorsch gilt bereits als ‚verloren‘. Der Ostsee-Hering befindet sich am Kipp-Punkt. Die durchschnittliche Lebenserwartung des Ostseeschweinswals ist von rd. 20 auf nur noch 4 Jahre gesunken. Diese Arten sind repräsentativ für den Zustand der Ostsee und die Missstände in den Schutzgebieten, in denen die Lebensräume zerstört sind (oder werden). Diverse Nutzungen stellen die Arterhaltung in Frage. Auch die Bestände von Brut- und Rastvögeln sind akut gefährdet. Der NABU sieht in der Bündelung und Zusammenführung dieser wertvollen Lebensräume zu einem Nationalpark grundsätzlich eine Möglichkeit, den Schutz der Ostsee zu verbessern. Ein großflächiger Nationalpark bedeutet für die Ostsee auch, dass hier Lösungen gefunden werden können, ohne sich in kleinflächigen Sonderregelungen zu verlieren: die Aufmerksamkeit für dieses sensible Ökosystem wird fokussiert, denn ein ungeordnetes „Weiter so“ wird die Ostsee nicht mehr verkraften!
Dramatischerweise erreicht die schleswig-holsteinische Ostsee nirgends mehr die Qualität eines „guten Erhaltungszustands“. Zukünftige Aufgabe ist es, in einem Entwicklungszeitraum von 30 Jahren alles zu unternehmen, um wieder großflächig diesen guten Zustand zu erreichen. Davon profitieren alle Menschen, die hier leben und wirtschaften. Ohne ein klar definiertes und geregeltes Schutzmanagement, wie es einzig die Einrichtung eines Nationalparks ermöglicht, ist der Erfolg für den Meeresschutz gering. Das zeigen die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte leider überdeutlich. Die notwendige Kompetenz zur Umsetzung bereits bestehender Regelungen, Verträge und Abkommen zum Schutz der Arten und Lebensräume könnte am besten in einer Nationalparkverwaltung gebündelt werden. Sie kontrolliert Auflagen und setzt sie durch. Damit wirkt sie weit effektiver als dies Land und Bund bisher im Stande waren.
Die Nationalparkverwaltung hat zudem die Aufgabe, zwischen den Interessengruppen zu vermitteln. Ziel eines Nationalparks ist es, viele Interessen und Nutzungen – soweit es dem Schutzgedanken nicht widerspricht – zu einen.
Naturerleben und -bildung gehören ebenfalls zu den satzungsgemäßen Zielen des NABU. Bei den Nationalparkbesucher*innen nahm das Interesse an diesen Angeboten nach den Einrichtungen von Nationalparks enorm zu. Die Marke, die ggf. modifizierten oder neuen touristischen Strukturen sowie die Arbeit der Nationalparkverwaltung in Richtung einer stärkeren Öffentlichkeitswirksamkeit kommt Naturschutzverbänden wie dem an der Ostseeküste präsenten NABU, den vor Ort tätigen Ehrenamtler*innen sowie allen Einrichtungen sehr zugute.
Sachbezogene Argumente statt fake news
Immer wieder wird der NABU mit sorgenvollen Fragen, aber auch Provokationen und fake news konfrontiert. Hier klären wir auf über die Fakten und Hintergründe.
Vorbehalte, Parolen, Behauptungen - und was davon zu halten ist:
„Schutz für die Ostsee – ja, Nationalpark Ostsee – nein!“
Wer dieses Motto nutzt, hält zumeist Einschränkungen nur für die ‚anderen‘, nicht aber für die ‚eigene Interessengruppe‘ für notwendig. Es wird jedoch unweigerlich einige Korrekturen geben müssen, will man einen effektiven Schutz für die Ostsee – egal, ob mit oder ohne Nationalpark. Wir wollen als NABU diesen Schutz und engagieren uns seit Jahrzehnten für eine gesunde Ostsee. Und wir wollen einen Nationalpark, der die Schutzbestrebungen untermauert und fokussiert.
Der Schutz lässt sich auch ohne einen Nationalpark Ostsee umsetzen. Dann spart man auch eine Nationalparkverwaltung.
Ja, ein Grundschutz ist auch ohne Nationalpark Ostsee umsetzbar, allerdings nicht so fokussiert und effektiv, wie mit einer mit Rechten und Pflichten versehenen, passgenauen Nationalparkverwaltung. Die bisherige Zuordnung zum Landesamt hat sich für den Meeresschutz dagegen nicht als zielführend erwiesen.
Die Bündelung von Aufgaben und Zuständigkeiten ist für diese große Aufgabe – dem effektiven Schutz der Ostsee - unverzichtbar. Ein effektiver Schutz benötigt auch Personal. Wer nur nach „billigen Lösungen“ sucht, will diesen nicht!
Für den Ostseeschutz müssen erst einmal die Landwirte mit Güllereduzierung beginnen.
Zum einen hat man für die bereits kippende Ostsee nicht mehr die Zeit, alle Probleme, statt sofort erst nacheinander zu lösen. Zum anderen muss das Nährstoffproblem bereits über die bestehenden Regelungen der Wasserrahmenrichtlinie angegangen werden.
Mit dem Ostseeschutz kann erst begonnen werden, wenn die Munitionsaltlasten geräumt sind.
Es wird bereits – auch auf Drängen des NABU - mit Nachdruck an der Vorbereitung der Munitionsbergung gearbeitet. Aktuell ist in Berlin eine Ausschreibung für eine Bergungsplattform auf den Weg gebracht. Diese Arbeit wird jedoch Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Die Beseitigung der Kampfmittel schließt daher die Entwicklung eines Nationalparks nicht aus, eher besteht die Chance, dass hier vorrangig geborgen wird.
Es kann sein, dass irgendwann Strände gesperrt werden!
Touristisch genutzte Strände und ein vorgelagerter Wasserabschnitt von mind. 50 Metern wurden nicht in die Potenzialkulisse aufgenommen. Eine touristische Nutzung bleibt dort weiterhin bestehen. Naturschutzfachlich begründete Sperrungen, u.a. wegen brütender Küstenvögel, können - wie auch derzeit schon umgesetzt und von Strandbenutzer*innen zumeist akzeptiert – in manchen Abschnitten allerdings notwendig werden.
Häfen werden geschlossen!
Nein, das stimmt nicht. Häfen haben einen langfristig wirkenden Bestandsschutz. Auch der Blick auf die Potenzialflächen verdeutlicht dies.
Segeln wird flächendeckend verboten, Regatta-Strecken sind nicht mehr nutzbar.
Gerade das Segeln gehört zu den am wenigsten störenden Wassersportarten in der Ostsee. Entsprechend versichert auch das Ministerium, dass dies selbst in den Kernzonen weiterhin möglich sein wird. Ankern in Seegraswiesen wird jedoch eingeschränkt werden müssen. Fest installierte Anker-Bojen können aber eine weitere Nutzung ermöglichen. Bestehende Regattastrecken werden nicht gesperrt.
Der Nationalpark Ostsee gefährdet Küsten- und Hochwasserschutz
Das Beispiel des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer zeigt deutlich, dass Küsten- und Hochwasserschutzmaßnahmen mit einem Nationalpark prinzipiell vereinbar sind. Außerdem liegen Schutzanlagen nicht in der Potenzialfläche.
Bundeswehr- und Marinestandorte müssen aufgegeben werden!
Land und Bund (der hier eigene Rechte zur Landesverteidigung hat) garantieren, dass Standortübungsplätze weiterhin militärisch nutzbar bleiben. Mit der Bundeswehr findet dazu ein enger Austausch statt.
Es wird wirtschaftliche Einbußen für Hotels und Campingplätze geben!
Im Gegenteil: alle Statistiken von Nationalparken belegen, dass sogar mehr Urlauber die Region besuchen: Es entsteht eine ‚Marke‘, von der der touristische Sektor besonders profitiert. Wissenschaftlich belegte Zahlen und unabhängige Studien zur Bedeutung von Nationalparken für den Tourismus liegen dazu zahlreich vor.
Wir Schleswig-Holsteiner*innen sollen wieder mit gutem Beispiel vorangehen, obgleich nur einen kleiner Flächenanteil der Ostsee Landesgebiet ist.
Das Gegenteil ist der Fall! Im Gegensatz zu anderen Ostsee-Anrainern verfügt Schleswig-Holstein bislang über keinen Nationalpark. Dagegen die Zahl der Nationalparke an und in der Ostsee: Mecklenburg-Vorpommern: 2 | Polen: 2 | Estland: 3 | Lettland: 2 | Finnland: 8 | Schweden: 9
Nationalpark „nur mit den Menschen, nicht gegen die Menschen“!
Massive Proteste hat es in Deutschland zunächst bei der Gründung aller Nationalparke gegeben. Im Nachgang war jedoch der größte Teil der Protestierenden schließlich mit der praktischen Umsetzung durch die Politik zufrieden. Die Politik täte heute gut daran, nicht aufgrund der „Lautstärke“ weniger vorgeblich Betroffener eine negative Entscheidung zu treffen. Fakt ist: Nur noch 3% der Küstenbevölkerung des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer bewertet diesen heute negativ.
Fischerei: es gibt doch schon so viele Schutzgebiete, warum braucht man noch mehr Schutz und noch mehr Einschränkungen für die Fischerei?
43% der deutschen Meeresfläche sind gesetzlich geschützt. Fischereiliche Nutzung ist aber bisher lediglich in unter 1% dieser Flächen verboten, also faktisch fast überall erlaubt. Die potenzielle Nationalparkfläche beinhaltet fast ausschließlich bestehende Schutzgebietsflächen.
Die Tradition der Fischerei muss aufrechterhalten werden!
Aktuell geben immer mehr Fischer in Schleswig-Holstein auf - oder sind kurz davor. Gründe hierfür sind v.a. die Überfischung sowie Lebensraumverlust, Lärm, Sprengungen, Baumaßnahmen, Vermüllung, Sauerstoffknappheit und schließlich noch die Folgen des Klimawandels. Brotfische wie Dorsch und Hering sterben bereits aus. Eine gute Tradition nimmt den bedrohten Fischarten nicht die letzte Chance zur Regeneration der Bestände, wie dies ein Nationalpark bieten kann.
Null-Nutzungszonen machen bei der derzeitigen Belastung der Ostsee keinen Sinn
Unstrittig ist, dass auch äußere Faktoren wie hohe Nährstoffbelastungen und Sauerstoffmangel einen Einfluss auf die Qualität von Lebensräumen, wie auch Null-Nutzungszonen, haben. Gleichzeitig besteht der Wert aber vor allem darin, dass sich in diesen Gebieten die Natur an die äußeren Veränderungen besser und ungestörter anpassen kann. Eine typische Ausprägung von natürlichen Lebensräumen - auch als dauerhafte Rückzugsräume - ist nur hier möglich. International zahlreich belegt ist, dass sich in diesen Gebieten etwa Fischbestände besser regenerieren. Sie wirken sich damit auch positiv auf die zukünftigen Fangergebnisse der Fischerei in deren Umfeld aus.
Am Anfang will das Ministerium alle einbeziehen, aber wenn die Nationalparkverwaltung eingerichtet ist, kann diese mit einem Federstrich selbsttätig Entscheidungen treffen und Verbote umsetzen.
Eine Nationalparkverwaltung muss sich an die gesetzlichen Vorgaben halten und setzt zielgenau die Erfordernisse des NP um. Sie wird regelmäßig evaluiert, muss ihre Tätigkeit nachweisen und Ziele erreichen. Eine Nationalparkverwaltung ist kein selbständiges Unternehmen auf eigenem Eigentum. Natürlich muss eine Nationalparkverwaltung aber auch Verbote kontrollieren und Straftaten ahnden. Unterschutzstellung, Ausgestaltung und Verwaltung der zu schützenden Fläche sind das Recht des Landes Schleswig-Holstein.
Bis zu 100% nutzungsfreie Zonen stehen uns bevor!
Der NABU fordert eine nach weltweiten Kriterien empfohlene, weit mehr als 50% umfassende Nutzungsfreiheit. Die GRÜNEN-Fraktion im Landtag rechnet aktuell mit 10% Nutzungsfreiheit, etwa so viel wie der Nationalpark an der Westküste aufweist. Zugleich ist der Grad der Nutzungsfreiheit nicht das einzige Kriterium für einen erfolgreichen Schutz der Ostsee.
Kiten und Windsurfen werden überall verboten!
Nein, diese Aussage ist zu pauschal. Es wird ausreichend Flächen für Kitesport- und Surfaktivitäten geben. Es ist aber realistisch, dass es zum Schutz von Brut- und Rastvögeln sowie Schweinswalen Einschränkungen geben muss. Zugleich ist wahrscheinlich, dass manche Einschränkungen nur für die Wintersaison gelten werden. Wichtig ist jetzt, dass Kiter*innen und Surfer*innen in den Konsultationsprozess einsteigen und dafür gemeinsame Lösungen finden.
Angeln wird überall verboten!
Die Freizeitfischerei holt je nach Fischart mehr Tiere aus einem Gewässer, als die in ihrer Existenz gefährdeten Berufsfischer. Beispiel: Pro Tag entnehmen Angler 50-100 (bestandsgefährdete) Heringe aus der Schlei. Urlauber dürfen sogar ohne Angelschein angeln. Kappeln gibt allein für den kurzen Abschnitt zwischen Kappeln und Arnis jährlich 650 Erlaubnispapiere aus, während die Schleswiger Schleifischer ggf. ihre Existenz aufgeben müssen, weil kaum Heringe mehr in der Schlei vorkommen. Angeln wird weiterhin wie schon bisher mit entsprechenden Regelungen erlaubt sein. Für den Nationalparkbereich kann es schutzbedingt gebietsweise zu Einschränkungen kommen.
Argumente und Forderungen für einen Nationalpark
- Die Kriterien eines Nationalparks sind durch § 24 BNatSchG festgesetzt und sind einzuhalten. Grundsätzlich gilt aber die wichtige Option, über einen Zeitraum von 30 Jahren als Entwicklungsnationalpark zu gelten. In dieser Zeit werden Maßnahmen zur Verbesserung des Zustands eingeleitet bzw. Pflegemaßnahmen umgesetzt. Nach der Umsetzung handelt es sich um einen Qualitätsnationalpark. Dieser Status ist für alle Akteur*innen, Nutzer*innen und Anrainer*innen erstre-benswert. Allerdings darf die NP-Ausweisung keinesfalls nur mit einem Minimalstandard (z.B. nur 10 % Null-Nutzung) beginnen, um dann auf diesem Niveau jahrelang zu verharren.
- Die vom MEKUN erstellte Potenzialkulisse für den maritimen Bereich (Seegraswiesen, Riffe, Muschelbänke) ist angemessen. Anpassungen sind jedoch denkbar und notwendig. Viele dieser Bereiche stehen bereits nach § 30 BNatSchG unter Schutz. Insbesondere die wertvollen Lebensräume bedürfen aber eines strengen Schutzes und sollten komplett einer nutzungsfreien Kernzone zugeordnet werden. Im Rahmen der Entwicklung des Nationalparks sind klare gesetzliche Regelungen für Fischerei und Wassersport aufzunehmen. Punktuell bleiben Sonderregelungen notwendig (z. B. jahreszeitliche Einschränkungen, Nullnutzungsbereiche, etc.).
- Die Potenzialkulisse für die terrestrischen Bereiche sollte gemeinsam mit den Naturschutzverbänden konkretisiert werden. Sie ist über die jetzigen Naturschutzgebiete und ihre Verordnungen hinaus deutlich zu erweitern. Die gem. § 24 BNatSchG Abs. 1 geforderte Großräumigkeit und Unzerschnittenheit dürfte wahrscheinlich nicht zu erreichen sein, dennoch sollten auch hier die Möglichkeiten ausgelotet werden.
- Der Verzicht auf die Einbeziehung der Lübecker Bucht erscheint aufgrund der dortigen intensiven Nutzung nachvollziehbar. Dieser Bereich entspricht eher nicht den naturschutzfachlichen Ansprüchen eines Nationalparks.
- Terrestrische Flächen, bei denen die naturschutzfachlich begründete Notwendigkeit von Pflegemaßnahmen (wie Verbesserung der Ausprägung und Ausstattung, spezieller Artenschutz, Offenhalten durch extensive Beweidung) besteht, dürfen nicht als Wildnisgebiete oder Nullnutzungsbereiche ausgewiesen werden.
Die Internetseite als Textdokument (pdf-Format)
Stand: 5. Oktober 2023