Regierung watet naturschutzpolitisch im Seichten

Jahresbericht 2014 des NABU Schleswig-Holstein

Die Aufgaben sind vielfältig, will man die Situation unseres Naturerbes dauerhaft verbessern. In den Jahren seit 2005 wurden wesentliche Instrumente eines effektiven Schutzes von Natur und Landschaft einschließlich ihrer rechtlichen Grundlagen im Land zwischen den Meeren geschliffen, mit drastischen Auswirkungen, die überall erkennbar werden. Degenerierte Knicks, abgebauter Standard bei geschützten Lebensräumen und Tierarten etwa bei der Planung von Windkraftstandorten, eine Kormoranverordnung, die das unsinnige Töten weiter erlaubt, und ein Jagdrecht, dass vielfach nur auf dem Papier steht und die tierschutzwidrige Tötung von Raubsäugern propagiert. Es gäbe also viel zu tun! Warten wir es ab? So erscheint jedenfalls bei politisch Verantwortlichen die Devise zu sein!

Landespolitik
Die Naturschutzpolitik des Landes ist hier vor allem von einem mangelnden Engagement der Regierung geprägt. Das MELUR hat sich nun daran gesetzt, wie im Koalitionsvertrag verabredet das seit 2005 mehrfach kastrierte Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) wieder an die erkennbaren Erfordernisse der Zeit anzupassen. Die im Zuge der öffentlichen Diskussion vorgetragene Polemik von Bauernverband und der Oppositionsparteien CDU und FDP gegen den Kabinettsentwurf ist dabei nach Auffassung des NABU nicht mehr als ein simples und durchsichtiges Manöver - und vor allem von weitgehender Unkenntnis selbst einfacher fachlicher Belange geprägt, von einem Verständnis für die Anliegen ganz zu schweigen. Erschreckend dabei, wie die CDU-Fraktion im schleswig-holsteinischen Landtag die Belange des Natur- und Artenschutzes, und damit die Sicherung unseres gemeinsamen Naturerbes im Land zwischen den Meeren, gewichtet. Finanzielle Ressourcen in diesem Bereich sollten nach den Vorschlägen der CDU teils drastisch gekürzt oder gestrichen werden. Unfreiwillig offenbart die CDU dabei ihre mangelhafte fachliche Verankerung.

Gefälligkeitsplanungen in nie dagewesenem Umfang monierte der NABU im Zusammenhang mit dem fortschreitenden Ausbau der Windenergienutzung im Land zwischen den Meeren. Gutachter der Branche beachten insbesondere Belange des Artenschutzes in den Planungen nicht im ausreichenden, rechtlich und fachlich gebotenem Umfang. Der NABU hat das MELUR aufgefordert, dem Treiben bei der Genehmigung Einhalt zu gebieten.

Im Rahmen ihrer Nationalen Biodiversitätsstrategie beschloss die Bundesregierung, 5 % des gesamten Waldes und 10 % des öffentlichen Waldbesitzes vollständig aus der Nutzung zu nehmen. Doch in Schleswig-Holstein legte sich die Landesforst SHLF quer und versuchte, allein eigene wirtschaftliche Belange durch die Fokussierung auf ökologisch wertlose "Schrottwälder" einseitig bei der Gebietsauswahl in den Vordergrund zu rücken. Dies trotz klarem öffentlichen Auftrag zur Bewahrung des Naturerbes.

Es bleibt nur Klagen ...
Auch im vergangenen Jahr musste der NABU zum letzten Mittel der Verbandsklage greifen, um den berechtigten Belangen des Naturschutzes Gewicht zu geben. Grundlage für eine Prüfung von Klageschritten gegen ein Vorhaben ist aus juristischen Gründen nur eine genehmigte Planung bzw. Plananpassung bzw. -änderung. Davon ist man in Schleswig-Holstein im Falle der im Jahr 2013 von BUND und NABU erfolgreich beklagten A20 bei Bad Segeberg bislang noch immer weit entfernt.

Nicht nur aus Umweltsicht bergen der geplante Absenktunnel im Fehmarnbelt wie auch die anschließende Hinterlandanbindung große Risiken. Auch Ungereimtheiten bei Verkehrsprognosen sowie veraltete, längst wiederlegte Kostenberechnungen geben Anlass zur berechtigten Sorge. Der NABU hat erneut dazu aufgefordert, den Ausstieg aus dem Staatsvertrag mit Dänemark zu betreiben. Der NABU hat im Jahr 2014 seine Stellungnahme im Planfeststellungsverfahren eingereicht.

Im Sommer ist das Sylter Außenriff Heimat der Schweinswale. Doch seit 2014 vertreibt der Baulärm des Windparks Butendiek, der mittleerweile rechtswidrig ans Netz gegangen ist, die streng geschützten Tiere. Eine Klage des NABU sollte den Rückbau erzwingen, doch bislang fühlt sich keine Bundesbehörde für die Umweltschadenklage zuständig: Ein durchaus sinnbildliches Zeichen des Wirrwarrs im Naturschutz im Offshore-Bereich. Große Wellen schlug die erfolgreich von NABU, BUND mit Unterstützung des WWF angestrengte Klage gegen die geplante Elbvertiefung. Die Bundesverwaltungsrichter in Leipzig sahen erneut eine Vielzahl von Rechtsbestimmungen verletzt und erklärten den Planfeststellungsbeschluss für "rechtswidrig und nicht vollziehbar".

Aus den NABU-Aktivitäten

Aktivitäten des NABU
Am Schwansener See konnte der NABU den Neubau einer Hütte, gefördert mit Mitteln von der Umweltlotterie BINGO, des MELUR, des Kreises und der umliegenden Gemeinden abschließen. In der Saison 2015 steht damit eine weitere Infostation des NABU, hier für Besucherinnen und Besucher des Naturschutzgebietes (NSG) an der Ostseeküste, zur Verfügung. Weitere Stationen und Zentren gibt es u.a. im NABU-Wasservogelreservat in Wallnau, in den NSGen Bottsand, Graswarder und Holnis, am Lanker See, auf der Hamburger Hallig, im Katinger Watt und Meldorfer Speicherkoog und im Elbmarschenhaus im NSG Haseldorfer Marsch. Der NABU äußerte Unverständnis und Bedauern über die Vorfälle auf eigenen Biotopflächen im Krückautal (PI). Der Ausbruch von 21 Rindern aus eigenen Flächen hatte zum Eingreifen der Ordnungsbehörden geführt. Der Pächter der NABU-Flächen hatte die Tiere trotz mehrfacher Kritik vernachlässigt. Ausfälle des Bauernverbandes lenkten nach Ansicht des NABU von den Verursachern ab.

Internet im neuen Gewand
Wer in den letzten Monaten ders Jahres 2014 die Internetseiten des NABU Schleswig-Holstein besuchte, wird sich über die unüblich geringe Aktualisierung gewundert haben. Hintergrund sind umfangreiche, im Jahr 2014 gestartete Arbeiten zum Relaunch der Seiten, die dann am 24. Februar mit einem deutlich verbesserten optischen und inhaltlichen Bild erfolgreich freigeschaltet wurden. Das Portal www.NABU-SH.de ist die umfangreichste Sammlung naturschutzfachlicher und -politischer Inhalte mit schleswig-holsteinspezifischem Hintergrund, die sich eines großen Nutzerkreises erfreuen.

NABU Landesstelle Wasser
Der NABU begleitet die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in Schleswig-Holstein. Die NABU Landesstelle Wasser hat umfangreiche Informationen und Kartierungen etwa für den Runden Tisch zur Erstellung des FFH-Managementplans Lanker See eingebracht. Vor allem wurde das Wissen der lokalen NABU-Betreuer gebündelt mit den ausgewerteten Fachgutachten zur besonderen Bedeutung des Lanker See. Das Ziel des NABU ist es, eine wesentliche fachliche Aufwertung der bisherigen, unzureichenden Ansätze zu erreichen. Der Lanker See ist seit über 40 Jahren vor allem aus ornithologischer Sicht im Fokus von Schutzanstrengungen des NABU. Der See zählt aufgrund seiner besonderen Wasservogelweltb zu den wertvollsten EU-Vogelschutzgebieten in Deutschland.

NABU Landesstelle Fledermausschutz
Der NABU sorgt dafür, dass ihm Rahmen des vom MELUR über Artenschutzmittel geförderten Fledermaushausprojektes durch fachliche Beratung bei "Problemquartieren" Lösungen gefunden werden, die sowohl den Menschen als auch den betroffenen Fledermäusen gerecht werden.

NABU Landesstelle Schweinswalschutz
Neu geschaffen wurde mit Mitteln der Umweltlotterie BINGO und aus Artenhilfsmitteln des Landes die NABU-Landesstelle Schweinswalschutz in Flensburg. Dagmar Struß verstärkt dort seit dem März 2014 das Team des NABU. Aufgabe ist es, ein Konzept für die touristische Nutzung des Schweinswals zu erarbeiten. Naturinteressierte sollen die Möglichkeit erhalten, den Flipper der Ostsee an geeigneten Beobachtungspunkten an der Ostsee zu sehen.

ILu, 20. Februar 2015