Mit dem Bagger durch Ostholstein

Drei Jahre Amphibienkampagne des NABU

Das Jahr 2008 war das internationale Jahr des Frosches. Für den NABU Plön und Eutin war dieses Grund genug, sich mit der Situation der heimischen Amphibienfauna näher auseinanderzusetzen. Schnell war klar, dass vor allem für die in Ostholstein selteneren Arten, allen voran die Rotbauchunke und den Laubfrosch, akuter Handlungsbedarf bestand. Viele Vorkommen standen aufgrund ihrer Verinselung und anhaltend geringem Fortpflanzungserfolg bereits kurz vor dem Erlöschen.

Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein hatte bereits einige Jahre zuvor ihre sehr erfolgreiche Amphibieninitiative gestartet, von deren Ergebnissen auch die achtköpfige Amphibienschutzgruppe der beiden NABU-Gruppen, zeitweise unterstützt durch Amphibienfachleute des NABU Neumünster, profitieren sollten. So wurden bei einem Arbeitsgespräch Ende 2007 gemeinsam mit der Marius-Böger Stiftung sowie der Stiftung Naturschutz erste Projektideen entwickelt, um Laubfrosch & Co. wirkungsvoll unter die Arme zu greifen. Vor allem die in den Anhängen II und IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie gelisteten Arten Rotbauchunke, Kamm-Molch, Laubfrosch, Moorfrosch und Knoblauchkröte wurden dabei in den Fokus gerückt.

Die Anlage und Sanierung der Laichgewässer hatte bei allen Schutzkonzepten Priorität und war der Kernbestandteil der Arbeit im Amphibienschutz. Die größte Herausforderung dabei ist es, geeignete Flächen zu finden, auf denen Maßnahmen aus fachlicher Sicht sinnvoll und damit erfolgreich durchgeführt werden können. Flächen für eine Gewässeranlage müssen über ein naturnahes Umfeld verfügen. Die zu fördernden Arten sollten in der näheren Umgebung bereits vorkommen, so dass eine Besiedlung auf natürlichem Wege auch tatsächlich möglich ist.

Hilfen auch auf Privatflächen

Neben eigenen Flächen der beiden NABU-Gruppen konnten auf einer Reihe von Flächen im Eigentum öffentlich-rechtlicher Institutionen oder von Privatpersonen Gewässer angelegt werden. Besonders die Zusammenarbeit mit den schleswig-holsteinischen Landesforsten, aber auch mit einer Reihe von Kommunen, die vielfach über noch „unterentwickelte“ Ausgleichs- oder Ökokontoflächen verfügen, war in dieser Hinsicht sehr erfolgreich.

Neben der Flächenverfügbarkeit spielen die Bodenverhältnisse vor allem im Hinblick auf die Wasserchemie eine bedeutende Rolle. Gerade für die anspruchsvolleren Arten wie Laubfrosch, Rotbauchunke oder Knoblauchkröte müssen die Gewässeranlagen auf lehmig-tonigem Untergrund erfolgen, da saure ph-Werte, wie sie sich bei Gewässern auf moorigem Untergrund naturgemäß einstellen, eine erfolgreiche Laich- und Larvalentwicklung bei diesen Arten verhindern.

Gras- und Moorfrosch bilden auf überstauten Niedermoorflächen hingegen schnell regelrechte Massenlaichplätze aus. Bei allen Gewässern ist zur schnellen Erwärmung im Frühjahr eine starke Sonnenexposition notwendig. Daneben ist das Umfeld möglichst amphibienfreundlich zu entwickeln. Dabei gilt es, die Gewässerkomplexe möglichst in extensive Weideflächen zu integrieren, so dass durch Verbiss und Vertritt der Weidetiere auch der unmittelbaren Uferflächen eine ungezügelte Sukzession (Verbuschung und damit Beschattung) vermieden wird.

Bilanz: 40 neue Gewässer für Amphibien

Von 2008 bis 2010 konnten so rund 40 neue Gewässer – jeweils zwischen 350 m² und 1.200 m² groß - angelegt werden. Zwei ehemalige, mehrere 1.000 m² große Fischteiche im FFH-Gebiet „Dodauer Holz“ bei Eutin sind durch den Einbau von Ablaufeinrichtungen und winterliches Ablassen von dem für Amphibien nicht förderlichen Fischbesatz befreit worden. Zudem wurden in diesem Gebiet rund 25 ehemalige Tümpel durch den Einbau von einfachen Stauanlagen wieder vernässt. Diese Arbeiten und die dafür erforderlichen umfangreichen Vorplanungen wurden in gemeinsamer Projektträgerschaft mit der Marius-Böger-Stiftung durchgeführt.

Die Finanzierung aller Maßnahmen – es wurden in drei Jahren immerhin rund 80.000 € investiert - erwies sich übrigens als das geringste Problem. Vor allem Ausgleichsgelder der Kreise Plön und Ostholstein, Mittel des Landes Schleswig-Holstein aber auch der Marius-Böger Stiftung, der Stadt Eutin sowie private Spenden ermöglichten es, den 25-Tonnen-Raupenbagger wochenlang durch die Landschaft zu dirigieren.

Darüber hinaus wurden in begründeten Ausnahmefällen und mit Genehmigung durch das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) gezielte Wiederansiedlungsprojekte für den Laubfrosch und eine Unterstützungsaufzucht für die Knoblauchkröte durchgeführt. Insgesamt wurden in den gemeinsam mit dem LLUR ausgesuchten Ansiedlungsgebieten innerhalb von drei Jahren knapp 17.000 Laubfrösche in eigens dafür eingerichteten Aufzuchtstationen künstlich aufgezogen und nach Vollendung ihrer Metamorphose in ihre neuen Lebensräume entlassen. In allen Aussetzungsgebieten wurden übrigens im Vorwege maßgeschneiderte Gewässer angelegt und durch Einrichtung extensiver Weidesysteme mit Stauden- und Gehölzstrukturen für ein laubfroschfreundliches Umfeld gesorgt.

Unterstützungsaufzucht

Auf Anregung des LLUR wurde im Raum Glasau im Kreis Segeberg im Jahr 2008 mit der Unterstützungsaufzucht für die Knoblauchkröte begonnen, um die stark geschrumpfte Population schnell und effektiv zu stützen. Von 2008 bis 2010 konnten dort knapp 7.000 junge Kröten ausgesetzt werden. Um dieser Art hier dauerhaft eine günstige Perspektive zu bieten, wurde parallel für diese Art dort ebenfalls ein größerer Laichgewässerkomplex angelegt.

In diesem Zusammenhang sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass jede Entnahme von Amphibien sowie deren Laich nur mit Genehmigung der oberen Naturschutzbehörde erfolgen darf, die wiederum fachlich gut begründete Schutzkonzepte voraussetzt. Nach drei Jahren der Projektarbeit kann zum Ende des Projektes nun ein uneingeschränkt positives Resümee gezogen werden.

Die neuen Gewässer haben sich mittlerweile zu arten- und individuenreichen Amphibienlebensräumen entwickelt. Die Wiederansiedlungen des Laubfrosches in den Ansiedlungsgebieten ist gelungen; die Art pflanzt sich dort bereits ohne menschliches Zutun erfolgreich fort. Die Ruferzahlen der Knoblauchkröte in Glasau konnten durch die Unterstützungsaufzucht signifikant erhöht werden.