Jagdfrevel: Nonnengans und Rohrweihe getötet

NABU dokumentiert weitere Fälle illegaler Jagdausübung

Weitere illegale Aktivitäten der Jägerschaft werden bekannt. Der NABU dokumentiert im Folgenden den Abschuss einer Nonnengans im vom NABU betreuten Naturschutzgebiet Beltringhader Koog (Kreis Nordfriesland) und den Einsatz eines Schlageisens im Dutener Moor bei Alt Duvenstedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde), in dem eine Rohrweihe zu Tode kam.

Gänsetötung am „Beltringharder Koog“

Hessische Naturfreunde Zeugen illegalen Abschusses einer Nonnengans am Naturschutzgebiet

Der NABU dokumentiert im Folgenden einen Leserbrief von Hans Schwarting - NABU-Aktiver aus Hessen -, der vor wenigen Tagen Zeuge des illegalen Abschusses einer Nonnengans im vom NABU betreuten Naturschutzgebiet Beltringhader Koog wurde.

13. April 2010: „Wo Vogelmord, kein Urlaubsort“ - dieser Slogan hielt auch mich in den vergangenen Jahren von Urlauben auf Malta oder manchen südeuropäischen Feriengebieten ab. Nach meiner Hochzeit, vor drei Jahren auf der Insel Pellworm, lernten wir das heutige „Weltnaturerbe Wattenmeer“ kennen und schätzen. Seit dieser Zeit hatten wir bereits sechsmal unseren Urlaub an Schleswig-Holsteins Westküste verbracht, selbst im eisigen Januar / Februar 2010. Als begeisterter Vogelbeobachter und Naturschützer berichtete ich gerne durch Vorträge bei NABU-Gruppen über das Weltnaturerbe und die vielen Naturschutzgebiete am Rande des Wattenmeeres. So manche der Zuhörer fragten nach Übernachtungsmöglichkeiten oder sonstige Tipps für diese Region Norddeutschlands.

In diesem April wurden wir wieder von Natur interessierten Personen nach Nordfriesland begleitet. Was wir jedoch am Karfreitag am Naturschutzgebiet „Beltringharder Koog“ beobachten mussten, das schlägt im sprichwörtlichen Sinne „dem Fass den Boden aus“. Vom Deich am Eingang des „Beltringharder Koogs“ schoss ein Mann in Richtung des Naturschutzgebietes auf rastende Zugvögel, die – außerhalb von Ackerflächen – am Deichfuß neue Energie für ihre weite Reise nach Sibirien schöpften. Durch den Schuss tötete der Schütze mindestens eine Nonnengans. Hunderte von Vögeln flogen auf und flüchteten. Wie viele der bereits im Naturschutzgebiet brütenden Vögel beim Brutgeschäft rücksichtslos gestört wurden, entzieht sich unserer Kenntnis. Unter den Vögeln herrschte Chaosstimmung. Wir müssen befürchten, dass Weitere erbarmungslos verletzt oder getötet wurden. Der von mir angesprochene Schütze behauptete, dass er dort Jagdpächter sei und über eine Ausnahmegenehmigung verfüge. Nach meinen Recherchen wurde diese jedoch zum Vergrämungsabschuss nur auf geschädigten Raps- und Weizenflächen im benachbarten Cecilienkoog erteilt. In dem von uns beobachteten Fall wurde aber auf dem Deich in Richtung des Naturschutzgebietes geschossen.

Ob unsere auf dem Polizeirevier in Husum erstatte Anzeige, strafrechtlich verfolgt wird, erscheint dennoch fraglich. Leider wissen wir nicht, welche Behörde in Schleswig-Holstein überhaupt einer Einzelperson gestattet, während der allgemeinen Brutsaison im Umfeld eines international bedeutenden Naturschutzgebietes dort lebende Wildvögel zu töten. Empört über den „behördlich genehmigten Naturfrevel“ haben wir Schleswig-Holstein verlassen und werden unsere nächsten Urlaube wohl in anderen Regionen Deutschlands verbringen.


Denjenigen Jägern, die viele Stunden ihrer Freizeit als Naturschützer, Heger und Pfleger verbringen, darf man empfehlen, dass sie solchen Waffennutzern mehr Sensibilität für Gottes Geschöpfe nahe bringen. Dass durch derartige Behördengenehmigungen künftig neben Zugvögeln auch zahlende Touristen dem nahen „Weltnaturerbe Wattenmeer“ und seinen angrenzenden Naturschutzgebieten fern bleiben, müssen vom Tourismus lebende Menschen wohl befürchten. Wir und auch die anderen Augenzeugen werden diesen Naturfrevel nicht verschweigen. Ich selbst werde die Öffentlichkeit weitestgehend unterrichten.

Übrigens, die letzte Reise der getöteten Gans, erfolgte in einem Mercedes der gehobenen Klasse. Allerdings nicht ins Brutgebiet nach Sibirien…

Hans Schwarting



Ergänzung
Nach Aussage der Husumer Polizei besaß der Schütze tatsächlich eine Ausnahmegenehmigung der unteren Jagdbehörde des Kreises Nordfriesland, ausgestellt für den Zeitraum 31. März bis 14. April. Diese galt jedoch nur für unmittelbar von Gänsefraß betroffene Flächen, nicht für den Randbereich des NSG. Allerdings ist der Zeitraum der von den Vorgaben der Landesjagdzeitenverordnung abweichenden Befreiung des Kreises problematisch, denn die Nonnengans ist auch Brutvogel im Beltringharder Koog. Im Kieler Landwirtschaftsministerium ist man sich offensichtlich der Brisanz des Vorfalls bewusst und verweist bei Anfragen auf die anstehenden polizeilichen Ermittlungen.
ILu

Greifvogel-Jagd mit brutaler Falle

Männliche Rohrweihe geriet in ein schweres Fangeisen

14. April 2010: Eine männliche Rohrweihe geriet am Wochenende mit den Beinen in ein schweres Fangeisen und verendete kläglich: Die Polizei hat den Täter ermittelt. Er zeigt keine Reue.

Erschütternde Bilder machten Spaziergänger am Sonntag bei einem Streifzug durchs Dutener Moor bei Alt Duvenstedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde): Eine männliche Rohrweihe ist mit den Beinen in ein schweres Fangeisen geraten und verendet. Unter den Überresten des Greifvogels modert ein Köder-Kaninchen. In einem sogenannten Habichtkorb in der Nähe sitzt zudem eine lebendige Taube als Köder. Landet ein Vogel auf der Falle, schnappen die mit Netz bespannten Flügel zu, und das Tier ist gefangen. Ein Arzt aus Laboe, der mit seiner Tochter zufällig an diesen Tatort kam, hatte Anzeige erstattet - gegen Unbekannt.

Erschüttert von diesem Jagdfrevel ist Lutz Kraack. Der Hauptkommissar ist Leiter der Polizeistation Owschlag und damit zuständig für die Ermittlungen. "So etwas habe ich in meinen bald 30 Jahren bei der Polizei noch nicht gesehen", sagt der Beamte, der in diesem Fall von einer vorsätzlichen Straftat ausgeht. Tierquälerei, also Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, komme zu den Verstößen gegen Jagdgesetze hinzu. Auch für Andreas Brück von der unteren Jagdbehörde des Kreises Rendsburg-Eckernförde übersteigt der Fall das bisher Erlebte.

Greifvögel dürfen laut Gesetz ganzjährig nicht geschossen werden
Dazu die Gesetzeslage: Greifvögel dürfen nach dem Bundesjagdgesetz ganzjährig nicht geschossen werden. "Die Fangjagd ist so auszuüben, dass dem zu fangenden Wild keine vermeidbaren Leiden oder Schmerzen zugefügt werden und Gefahren für Menschen und nicht bejagbare Tiere so weit wie möglich verhindert werden", heißt es im Landesjagdgesetz weiter. Auf dieser Grundlage kann das Eiabzugseisen (Fachbegriff für die Totschlagfalle) nicht gerade als waidgerechtes Jagdinstrument bezeichnet werden. Unter gewissen Voraussetzungen kann es genutzt werden, um Füchse und Marder zu fangen. Allerdings befinden sich beide Raubtierarten zurzeit in der Setz- und Brutzeit, so dass sie verschont werden müssen.

Weder Gesetzeslage noch Mitgefühl für das Leiden der Tiere haben den Fallensteller an seinem Tun gehindert. Polizeihauptmeister Lutz Kraack, der sein Revier gut kennt, ist es gelungen, den Täter bei Zeugenbefragungen zu ermitteln. Der Mann habe die Fallenstellerei zugegeben. Seine Begründung: Er habe das Recht einzugreifen, da es zurzeit zu viele Greifvögel gebe.

Bericht der SHZ vom 14. April 2010