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Ende des Biogasbooms



Mais - Foto: Carsten Pusch
Nach Ablauf der zwanzigjährigen Garantie auf die EEG-Einspeisevergütung dürften die meisten der mit nachwachsenden Rohstoffen ('NawaRo') versorgten Biogasanlagen unwirtschaftlich und deswegen aufgegeben werden. Die ersten Biogasanlagen werden bereits in wenigen Jahren, die meisten wohl in etwa fünf bis zwölf Jahren aus der Subventionsgarantie fallen. Eine Laufzeitverlängerung zumindest der bisherigen Vergütungssätze ist nicht zu erwarten. Abgesehen von den überwiegend mit Reststoffen betriebenen Biogasanlagen werden aller Wahrscheinlichkeit nach nur wenige, mit lukrativer Wärmeabnahme und ökonomischer Substratpflanzenversorgung laufende Anlagen überleben. Zumal bereits jetzt, zu Zeiten durchaus üppig zu nennender Subvention, etliche Anlagen in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind. Doch was kommt nach Mais?
Aktuell stellt sich die Frage nach der Zukunft der zum Anbau von Substratpflanzen genutzten Flächen von rund 100.000 ha in Schleswig-Holstein, immerhin so viel, wie der Kreis Plön umfasst. Diese sind zu ungefähr 80 Prozent mit Mais als bezüglich des Methanertrags günstigste Pflanze bestellt. Daneben werden auch Silogras, Rüben und in geringer Menge Grüngetreide (Ganzpflanzensilage) als Biogassubstrat angebaut. Konzentrationsbereich der Biogaserzeugung ist die Geest, hier hauptsächlich der schleswigsche Teil. Gerade für die Geest mit ihren großteils schlechteren Böden ist jedoch davon auszugehen, dass sich die meisten der zum Substratanbau dienenden Äcker nicht ohne weiteres in die landwirtschaftliche Lebensmittelproduktion zurückführen lassen würden. Denn für Getreide und Raps sind viele Flächen zu ertragsschwach. Zwar könnte dort weiterhin Mais, nämlich als Viehfutter, angebaut werden. Doch dürfte die Nachfrage nach Futteranbauflächen in Relation zum jetzigen Substratpflanzenflächenkontingent begrenzt sein, weil sich die mit Silofutter verbundene intensive Rinderhaltung nicht unbegrenzt erweitern lässt. Allein schon wegen der Gülleproblematik und der damit verbundenen Belastung von Grundwasser und Oberflächengewässern sollte davon auch aus Gründen des Umweltschutzes Abstand genommen werden. Nicht zuletzt deswegen hat sich die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) sogar für eine Verringerung des Viehbestands ausgesprochen.
Vor diesem Hintergrund sollten für die Zukunft jetziger Biogas-Äcker vor allem auf entwässerten moorigen bzw. anmoorigen sowie auf sandigen Böden Perspektiven entwickelt werden, die gleichermaßen den Flächeneigentümern sowie den Umwelt- und Klimaschutzaspekten entgegenkommen.
Die Nutzung der nach Aufgabe des für die Biogasproduktion bestimmten NawaRo-Anbaus frei gewordenen Flächen wird sich einerseits natürlicherweise nach der Bodengüte und an der Lage am Agrarmarkt ausrichten. So wird vermutlich ein Großteil der in den östlichen Landesteilen mit ihren besseren Böden gelegenen NawaRo-Flächen wieder in den Weizen-, Gerste- und Rapsanbau gehen. Für die Geest, aber auch für Niederungsflächen und leichtere Böden im östlichen Hügelland, werden die Möglichkeiten einer herkömmlichen landwirtschaftlichen Folgenutzung allerdings deutlich eingeschränkter sein. Deswegen sollten rechtzeitig vorausschauend umwelt- und agrarpolitisch sinnvolle Alternativen entwickelt werden. Hier bieten sich je nach Standortverhältnissen die nachfolgend kurz beschriebenen Möglichkeiten an.
1. Freiflächen-Solaranlagen
Das Stromertragspotenzial von Freiflächen-PV-Anlagen ist pro Hektar zur Zeit etwa vierzig mal so hoch wie sich aus dem Substratpflanzenanbau zur Biogasgewinnung erzeugen lässt. Außerdem werden bei der PV-Nutzung Boden, Grundwasser und Oberflächengewässer im Vergleich zur NawaRo-Bewirtschaftung durch Ausbleiben von Düngemittel- und PSM-Einträgen sowie durch eine ganzjährige dichte, vielfältigere und allenfalls extensiv genutzte Vegetationsdecke gravierend geschont, die Biodiversität sogar erheblich gefördert. An das sich bei einer kräuterreichen Regiosaatausbringung und angemessener Extensivpflege einstellende Spektrum z.B. an Insekten und Vögel sollten im Hinblick auf besonders seltene bzw. gefährdete Arten zwar nicht zu hohe Erwartungen gestellt werden, zumal die Flächen unter dem kleinklimatischen Einfluss der PV-Paneelen stehen. Dennoch ist der Unterschied zur intensiv-ackerbaulichen Vornutzung, in der selbst die allermeisten der ursprünglich für die Agrarlandschaft typischen 'Allerweltsarten' nicht mehr oder nur noch in äußerst geringen Dichten vertreten sind, erheblich. Zusätzlich erhöht sich die Lebensraumqualität mit zunehmendem Abstand der Module.
Nicht zuletzt ist die PV-Nutzung für die Landeigentümer bei von den Investoren angebotenen, langfristig gesicherten Pachtpreisen von 2.000 (- 3.000) € / ha / a überaus lohnend und wird damit für viele ehemalige Biogas-Flächen erste Wahl sein.
Jedoch sollten die PV-Planungen nicht mit anderen, unter Naturschutzaspekten bedeutenden Alternativen kollidieren (siehe unten). Wird dieser Grundsatz beachtet, kann sich mit der Errichtung von Freiflächen-PV anstelle von Biogasmaiskulturen für die Grundeigentümer wie für den Natur- und Umweltschutz eine klassische 'Win-win-Situation' ergeben, zumal hier keine öffentlichen Mittel erforderlich sind.
2. Wasserstandsanhebungen
Moorige und anmoorige Böden sollten schon allein aus Gründen des Klimaschutzes aus der ackerbaulichen Bewirtschaftung genommen werden. Zudem sollte nach Möglichkeit die Entwässerung zurückgenommen werden, um so einen Wasserrückhalt bis hin zur (Wieder-)Vernässung zu erhalten. Dadurch lassen sich die bisherigen hohen CO2-Emissionen drastisch reduzieren. Prioritäre Kulisse sollten Randbereiche naturnaher Moore zur Abpufferung von Stoffeinträgen aus der Umgebung und zur Wasserstandshaltung des Kernbereichs sein.
Inwieweit derartige dauerhaft vernässte Flächen jedoch einer ökonomisch sinnvollen Nutzung unterzogen werden können (und sollen), ist kritisch zu hinterfragen. Denn für eine PV-Nutzung dürften solche Flächen im Hinblick auf den deutlich erhöhten Pflege- und Wartungsaufwand wenig attraktiv sein: Da auf derartigem Gelände weder eine Schafbeweidung zum Kurzhalten des Aufwuchses aus Gründen der Tiergesundheit noch ein Befahren mit größeren Mähmaschinen möglich ist, müssten die Solarmodule so hoch aufgeständert werden, dass sie von der Vegetation nicht überragt werden können (die sich schnell einstellenden Grauweiden werden mehrere Meter hoch). Die dichte und hohe Vegetation, der nasse Untergrund sowie die Höhe der Anlagen erschweren die Wartungen erheblich.
Eine oftmals diskutierte Alternative sind Paludi-Kulturen, hier in Form von Schilfbeständen vor allem zur Energiegewinnung. Ob diese mitsamt der anhängigen Verwertungs-prozesse ökonomisch rentabel zu betreiben sind, ist jedoch noch nicht geklärt. Angebrachter wäre es wahrscheinlich, solche stark vernässten Flächen ihrer Eigenentwicklung zu Röhrichten, Weidengebüschen und möglicherweise schließlich zu Erlenbruchwäldern zu überlassen und dadurch einen Beitrag nicht nur zum Klimaschutz, sondern darüber hinaus zur Biodiversität und zur Wasserrückhaltung zu leisten.
3. Waldbildung
Schleswig-Holstein als waldärmstes Bundesland hat sich die Erhöhung des Waldanteils auf 12 Prozent zum Ziel gesetzt. Dafür können freiwerdende Biogas-Äcker sowohl auf feuchten als auch auf trockenen, sandigen Böden verwendet werden. Auf feuchten Standorten bietet sich die Entwicklung von Erlenbeständen, auf sandigen, weniger feuchten der Aufbau von durch Eichen dominierten Laubmischwäldern an.
4. Extensivbeweidung
Auf dafür geeigneten Flächen könnte auch eine extensive Rinderbeweidung erfolgen, hier von einer herkömmlich extensiven Form bis hin zur Entwicklung einer Halboffenen Weidelandschaft. Die Nutzung als extensives Dauergrünland sollte im Bereich von Wiesenvogelbrut- und -rastgebieten bzw. zu deren Entwicklung Vorrang vor anderen Alternativen erhalten.
FH, akt. 14. März 2022