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Jetzt Mitglied werden!Die Eider und ihre Mündung
Die Geschichte eines Flusses



Aegyr Dör, die Tür des Meeresgottes Ägir, so wird die Eider, der größte Fluss (188 km) Schleswig- Holsteins, in der altnordischen Mythologie benannt. Eine Tür des Schicksals, der Freude, Angst und der Hoffnung, ein Fluss, der Eigenes im Sinn hat. Die Quelle der Eider findet man 10 km nordöstlich von Neumünster. Sie mündet allerdings nicht in die nahegelegende Kieler Förde, sondern wird durch einen Endmoränengürtel nach Westen abgedrängt und muss sich ihren Weg durchs ganze Land suchen. Sie wird vom Nordostseekanal verschlungen, somit abgeschnitten und kurze Zeit später wird sie wieder ausgespuckt, fließt in den Schirnauer und Audorfer See und verlässt ab Rendsburg die Geest, um in die Niederung zu fließen. Treene und Sorge werden aufgenommen und 5 km westlich von Tönning mündet die Eider in die Nordsee.
Bewegte Vergangenheit
Um sich aber genau ein Bild vom Verlauf und von den Lebensumständen hinter den Deichen zu machen, gehen wir in die bewegte Vergangenheit der Eider. Hinter einen Fluss, der zwei mal täglich riesige Wasserströme aus der Nordsee aufnehmen muss und zwei mal täglich unendlich viel Wasser an die Nordsee abgibt, verbirgt sich viel Kraft. Sturmfluten oder Springtiden konnten ganze an der Eider liegende Landstriche unter Wasser setzen. Die Menschen ließen nichts unversucht und bauten im 15. Jh. die ersten Eiderdeiche. Diese Einengung führte schon damals zu einem veränderten Abflussverhalten. Der Tidestrom konnte sich nicht mehr ungehindert ausbreiten und zog weiter ins Land. Mit der 1570 gebauten Treeneabdämmung und der 1624 errichteten Sorgeabdämmung verlor die Eider wichtige Einzugsgebiete. Mit der Trockenlegung der Eider-Teene-Sorge Niederung Ende des 18. Jh. stiegen die Wasserstände zunehmends. Die Bevölkerung reagierte mit Deicherhöhungen. Mit dem Bau des Eiderkanals (1777-1787) war der lange beschwerliche Schifffahrtsweg um Skagen Vergangenheit und der Traum von einer Nord-Ostseeverbindung erfüllt.
Bau des Nord-Ostsee-Kanals
Weiterhin wurden 1.200 km² Niederschlagsgebiet und das Einzugsgebiet der linken Nebenflüsse der Eider durch den Bau des Nordostseekanals Ende des 19. Jh. entzogen. Die Tidenhube wurden somit größer, sogar Rendsburgs Straßen standen des öfteren unter Wasser. Um eine bessere landwirtschaftliche Nutzung an den Eiderdeichen zu ermöglichen und Rendsburg vor Überschwemmungen zu schützen, baute man 1936 eine Eiderabdämmung bei Nordfeld, 5 km oberhalb von Friedrichstadt. Somit war Rendsburg dem Tideeinfluss entzogen und die Eider teilte sich in die Obereider, die sich von der Quelle bis Rendsburg zieht, die Binneneider von Rendsburg bis nach Nordfeld, und die Tideeider unterhalb Nordfelds.
Ab 1936 trat jedoch eine unerwartete Versandung der Eider ein, die den Fluss schrumpfen ließ und ein Problem für die Schiffahrt wurde. Die Flutstromgeschwindigkeit, die bei jeder Flut Unmengen von Sand und Schlick in die Eider brachte, war größer als die Ebbstromgeschwindigkeit. Durch die unzähligen Abdämmungen war die flusseigene Strömung so verkümmert, dass die Kraft nicht ausreichte, ihr Flussbett in der ursprünglichen Größe zu erhalten. Nach der verheerenden Sturmflut 1962, bei der in Schleswig Holstein 7 Deiche brachen und der Wasserstand der Eider bei Tönning auf 3,60 m über MThW stieg, stellte die Regierung den Generalplan Küstenschutz auf. Ein Modell wurde gesucht, das eine nachhaltige Sturmflutsicherung gewährleisten , eine optimale Vorflut schaffen und den Schifffahrtsverkehr erhalten sollte.
Eidersperrwerk
Die Lösung: Das Eidersperrwerk. Die Abdämmung zieht sich heute 4,8 Kilometer vom südlichen Nordfriesland bis zum nördlichen Dithmarschen, von Vollerwiek bis Hundeknöll, bestehend aus einem Sperrwerk mit 5 Sieltoren plus Schifffahrtsschleuse und dem Eiderdamm. Der erste Spatenstich des Eidersperrwerks erfolgte im März 1967 die Einweihung konnte 1973 gefeiert werden.
Zeitgleich entstand ein ca. 1200 ha großes Gebiet, das heute noch seinen Ursprungsnamen trägt - das Katinger Watt. Das trockengelegte Katinger Watt wurde unter die Planungshoheit der Stadt Tönning gestellt, deren Wege der Landschaftsplanung different mit denen des Naturschutz werden sollten. Die touristische Erschließung des Katinger Watts schien nicht aufzuhalten zu sein. Dank des wachsenden Bürgerwiderstands und der fehlenden Investoren konnte der Bau einer naturfremden touristischen Erschließung 1982 verhindert werden.
Das einst ökologisch höchst wertvolle Eiderwatt, das sehr vielen Watvögeln optimale Fraß,- und Rastmöglichkeiten bot, wurde zerstört und bildet heute ein Mosaik aus Grünlandflächen, Äckern und Prielen. Den 350 ha großen Wald legte man von 1978-1981 an. Nach großen Anfangsschwierigkeiten, gelang es durch Entwässerung, Entsalzung und Düngung eine Waldvegetation anzusiedeln. Heute findet man bei Spaziergängen durch den einmaligen Wald Pappeln, Eichen, Eschen, Ahorn, Linde und Sträucher wie, Holunder und Sanddorn.
Durch die Aussüßung der Priele bietet das Katinger Watt viele Brutmöglichkeiten für Enten, Gänse und Taucher. Zur Beobachtung der artenreichen Vogelwelt dienen im Katinger Watt zwei Beobachtungshütten und der 13 m hohe Beobachtungsturm im Naturinformationsareal, betreut vom NABU Naturzentrum Katinger Watt. Führungen des NABU-Teams führen auch an die Schutzgebiete in der Eidermündung.
Heimat für Wiesenvögel
Auf den extensiv bewirtschafteten Feuchtgrünländern des Katinger Watts kann man in der Brutzeit das revierverteidigende Flugverhalten der Rotschenkel, Uferschnepfen, und Kiebitze beobachten. Im Mai und in den Herbstmonaten gönnen sich die vielen Zugvögel auf den verbliebenen Eiderwatten Ruhe, um sich ihre Fettreserven anzufressen. Zwergstrandläufer, Pfuhlschnepfe, dunkle Wasserläufer, Austernfischer und viele andere auch seltene Watvogelarten sind dann im Katinger Watt zu sehen.
Das Katinger Watt hat durch den Bau des Eidersperrwerkes ein unersetzliches Wattenareal verloren. Es hat jedoch auch Aspekte gewonnen. Die Bilanz, bezogen auf die Brutvogelbestände des Salz- und Brackwasserästuars, ist negativ. Die Seeschwalben-, Regenpfeifer-, Säbelschnäbler-, und Lachmöwenbrutbestände sind durch den fortschreitenden Pflanzenbewuchs rückläufig, doch sollten wir uns an der heutigen Artenvielfalt des Katinger Watt erfreuen, die Vergangenheit als Mahnung im Gedächtnis behalten und das heute bestehende mit allen Kräften vor der weiteren Zerstörung durch den Egoismus des Menschen schützen. Besuchen sie uns im Naturzentrum Katinger Watt. Sie werden über weitere Einzelheiten informiert und können sich von der Schönheit des Katinger Watts überzeugen.