Segeberger Kalkberg - Foto: Stefan Lüders
Seit 1913 als Fledermausquartier bekannt
In den zwanziger Jahren begann die Erforschung des Fledermausvorkommens durch die Zoologin Erna Mohr, die in den folgenden vierzig Jahren zusammen mit anderen Fledermauskundlern neun verschiedene Fledermausarten in den Kalkberghöhlen nachweisen konnte.
Rücksichtnahme
Danach gerieten die Höhlen als Fledermausquartier fast völlig in Vergessenheit, bis im Jahre 1979 der NABU die Betreuung des Naturdenkmals übernahm und auf Grund eigener Untersuchungen umfassende Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse einleitete. Durch die Erhebung und Umsetzung von exakten aktuellen Beobachtungsdaten im Rahmen des Artenhilfsprogrammes für Fledermäuse war es unter anderem möglich, die Höhlen während der kalten Jahreszeit für die Öffentlichkeit zu schließen und so für einen ungestörten Winterschlaf der Fledermäuse zu sorgen.
Weiterhin wurden die Einflugsöffnungen besser gegen Katzen abgesichert, die dort in manchen Jahren einige hundert (!) Fledermäuse erbeuteten; die Veranstaltungen in der Freilichtbühne am Kalkberg (u.a. Karl-May-Festspiele) wurden fledermausfreundlicher durchgeführt, man räumte eine Ein- und Ausflugszone für die kleinen Säuger frei, die von der Beleuchtung ausgespart wurde.
| Geschichte - Die Entstehung des Kalkbergs | |
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Vom Meer zum Salzstock Vor über 200 Millionen Jahren, in der Zechsteinzeit, war Schleswig - Holstein von einem Binnenmeer überflutet, aus dem sich aufgrund sehr heißer Klimaperioden wiederholt große Mengen verschiedener Salze (Anhydrit, Steinsalz, Kalisalze, u.a.) ablagerten. So entstanden Salzlagerstätten von mehreren hundert Metern Mächtigkeit. In den folgenden Erdzeitaltern lagerten sich über dem Salz verschiedene Sedimente ab. Der Druck, den diese oft mehrere Kilometer dicken Deckschichten auf das Salz ausüben, führt dazu, dass das Salz plastisch verformbar wurde. |
Ein Berg entsteht... Bad Segeberg liegt auf einer Kreuzung von mehreren Schwächelinien der Erdrinde, so das hier ein kuppelförmiger Durchbruch eines Salzstockes möglich war. Bei Erreichen des Grundwassers lösten sich dann die Kali- und Steinsalze. Übrig blieb auf der Spitze des Salzstockes das schwer lösliche Anhydrit, welches sich bei Kontakt mit Wasser in Gips umwandelt. Dieser Gipshut hat durch das Aufsteigen des Salzstockes die Erdoberfläche erreicht und durchbrochen. Der heutige Kalkberg ist nach Expertenmeinung erst vor ca. 10.000 Jahren, also nach der letzten Eiszeit entstanden. Auch heute noch hebt sich der Berg um 1 mm pro Jahr. |
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Wasserkraft schafft eine Höhle Die Segeberger Kalkberghöhle ist eine sogenannte Auslaughöhle. Grundwasser und von oben in die Felsspalten eindringendes Sickerwasser lösten den Gips und formten so immer größer werdende Gangsysteme. Später lief dieses Wasser dann aus den Höhlen ab, beispielsweise in den Kleinen Segeberger See. An mehreren Stellen kam es zu Verstürzen, die heute die großen Einsturzhallen bilden. Im Halbkreis erstreckt sich die Kalkberghöhle unter dem heutigen Felsmassiv. Ursprünglich handelte es sich aber vermutlich um einen geschlossenen Ring unterhalb des damaligen Berggipfels, der sich durch Verstürze in seiner Ausdehnung reduzierte. |
Eine Stadt lebt vom Kalkberg Der Segeberger Gips war über Jahrhunderte ein begehrter und teuer gehandelter Baustoff. Von 1465 bis 1802 wurde im Steinbruchbetrieb der Fels gebrochen und vor allem nach Hamburg verkauft. Segeberg erlebte eine Glanzzeit als Bergbaustadt, bis der Gips aus Lüneburg billiger wurde. Trotzdem hat man noch bis 1931 regelmäßig Gips abgebaut, bis schließlich die Nachfrage zum Erliegen kam. Der Berg wurde unter Naturschutz gestellt. Zurück blieb ein Steinbruch, der kurz nach seiner Aufgabe durch die Nationalsozialisten als Freilichtbühne hergerichtet wurde. Heute finden hier alljährlich die bundesweit bekannten Karl-May-Festspiele statt. |
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Eine geologische Besonderheit Das Naturdenkmal Segeberger Kalkberg und Kalkberghöhlen sowie der Kleine Segeberger See sind nur der sichtbare Teil eines ausgedehnteren Gips - Anhydrit - Hutes auf dem ansteigendem Salzstock. Stipsdorf und Quaal mit dem Moos und dem Kagelsberg. Beide Erhebungen ähneln dem Kalkberg im geologischen Aufbau. |
Sie sind aber noch von Deckschichten überzogen, so das sich hier keine oberirdischen Felsformationen ausgebildet haben. Die Segeberger Karstlandschaft umfasst auch noch den Großen Segeberger See sowie das landesweit einmalige Erdfallgebiet um Die Segeberger Karstlandschaft zählt zu den bedeutendsten Geotopen in Schleswig-Holstein. |
Umfangreiches Untersuchungsprogramm
Als nächster Schritt wurden die Lebensräume der Fledermäuse um den Kalkberg herum mit untersucht und in das Schutz- und Forschungsprogramm aufgenommen. Dafür war es nötig, möglichst genau zu wissen, wann sich wie viele Fledermäuse in der Höhle aufhalten, wie sie zum Berg hin anwandern und wo sie ihre Jagdreviere haben. Da die überwinternden Fledermäuse der Kalkberghöhlen im Sommer vermutlich über weite Teile Schleswig-Holsteins verbreitet leben, beschränkt sich das Untersuchungsgebiet auf einen Radius von 10 km rund um den Kalkberg, der zusammen mit den Höhlen den Mittelpunkt der Forschungen bildet.
Segeberger Höhlenkäfer Cholvea holsatica - Foto: Ingo Ludwichowski
1991 startete das Ministerium für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein dann auf Antrag des NABU Bad Segeberg ein bundesweit einmaliges Fledermaus-Projekt, welches einem Team aus ehrenamtlichen Naturschützern und Wissenschaftlern die Möglichkeit gab, das Fledermausvorkommen der Segeberger Höhlen völlig störungsfrei und langfristig zu studieren. Hierzu installierten Mitarbeiter des Arbeitskreises Wildbiologie der Justus-Liebig-Universität Gießen unter der Leitung von Karl Kugelschafter eine computergesteuerte und eigens für die Kalkberghöhlen entwickelte Lichtschrankenzählanlage an den Haupteinflügen der Fledermäuse. Infrarotvideokameras, Ultraschallaktivitätsmelder und eine eigene Klimastation optimierten das Überwachungssystem.
Zusätzliche Sichtkontrollen mit einer Infrarotnachtsichtbrille und Bat-Detektoren rundeten die Forschungsarbeiten ab. Dank diesem aufwendigem Überwachungssystem weiß man heute, dass der Segeberger Kalkberg mit seinen Höhlen fast ganzjährig unterschiedlich stark von Fledermäusen genutzt wird. So überwintern hier alljährlich circa 24.000 (!) Exemplare. Selbst im Sommer halten sich noch bis zu 800 Fledermäuse im Felsinnern auf, wo sie sich in tiefe Felsspalten verkriechen.
| Flora, Fauna & Geologie - Kleiner Berg ganz groß! | |
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Der Segeberger Höhlenkäfer Choleva holsatica Der Segeberger Höhlenkäfer ist ein rd. sieben Millimeter großer, dunkelbraun - kupferfarbener Aaskäfer von graziler Gestalt. Er ernährt sich von Fledermauskot und Fledermauskadavern und ist vermutlich am Ende der letzten Eiszeit vor ca.10.000 Jahren in die Segeberger Höhle eingedrungen. Als sich die klimatischen Verhältnisse im Norden zum Ende der Eiszeit stark veränderten, wurde der kälteliebende, am dunklen Boden lebende Käfer in den relativ kühlen Hohlräumen des Segeberger Kalkberges isoliert. Hier entwickelte er sich zu einer endemischen, d.h. weltweit nur hier lebenden Käferart - dem heutigen Choleva holsatica. Seine Gestalt und sein Lebenszyklus sind deutlich an ein Höhlenleben angepasst: sehr gut ausgeprägter Geruchs- und Vibrationssinn, zurückentwickelte Augen, verlängerte Beine, Antennen und Borsten. Die Flügel des Käfers sind noch vollständig entwickelt, werden aber nicht mehr genutzt. Choleva holsatica pflanzt sich in Abhängigkeit vom Nahrungsangebot fort - im Winter, wenn sich zahlreiche Fledermäuse in der Höhle befinden. Die erwachsenen Käfer schlüpfen somit von Oktober bis Ende Februar, suchen Nahrung, paaren sich und legen ihre Eier bevorzugt in feuchte, sandige Böden. Hier entwickeln sich die Käferlarven und durchlaufen drei Verpuppungsstadien. Das Überleben von Choleva holsatica ist somit eng mit dem Fortbestand der Fledermauspopulation der Segeberger Kalkberghöhlen verbunden. |
Der Kalkberg - El Dorado für Schnecken Bislang konnten 53 Schneckenarten im Bereich des Segeberger Kalkberges nachgewiesen werden, eine Konzentration, die in Schleswig - Holstein einzigartig ist. Ein enges Nebeneinander von sonnenexponierten und ständig beschatteten Felsen, teilweise von Magerrasen überzogen und ein bewaldetes Areal an der Süd- und Westflanke des Berges mit feuchten Bodenbereichen bis hinunter zum Kleinen Segeberger See bieten verschiedensten Schneckenarten mit unterschiedlichen Lebensraumansprüchen ein perfektes El Dorado. Selbst tief in der Höhle konnte eine Schneckenart, die Kellerglanzschnecke, gefunden werden. Zweizähnige Schließmundschnecke, Gefleckte Schnirkelschnecke, Kleine Glanzschnecke, usw. lauten die teilweise prosaischen Namen der kleinen Tiere. Die Schönheit und Farbenpracht der Gehäuse, aber auch mancher Nacktschneckenart fasziniert nicht nur Kinder, sondern auch viele Erwachsene, besonders bei einem Blick durch ein Mikroskop. Oberstes Schutzziel für die Schnecken des Kalkberges ist ein absolutes Kletterverbot für Bergsteiger und die Einhaltung der ausgewiesenen Wanderwege! |
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Überlebenskünstler am Felshang An den steilen Felswänden des Kalkbergs haben sich auf dem leicht verwitterbaren Gipsanhydrit überall in den Gesteinswänden und Nischen Pflanzen angesiedelt. Für Pflanzen stellt der Kalkberg eine besondere Herausforderung dar, da sie mit starken Temperaturschwankungen, schwierigen Bodenverhältnissen und einem dünnen Nährstoff-angebot zurechtkommen müssen. Als Pionierpflanzen bei der Besiedlung des Kalkbergs gelten die Flechten und Moose. Hinzu kommen einige Gräser und, je nach kleinklimatischen Bedingungen extrem trockenheits-verträgliche Arten wie das Nickende Leinkraut (Silene nutans) oder schattenliebende Pflanzen wie das Zimbelkraut (Cymbalaria muralis). Eine eigene Gipsflora mit seltenen Arten ist hier jedoch nicht anzutreffen. Der bewaldete Süd - und Westhang sowie die zahlreichen Sträucher sind auf menschliche Einflussnahme zurückzuführen. Ursprünglich war der Berg fast kahl, der Wunsch nach grünen Erholungsflächen führte dann aber um 1884 bis 1896 zu umfang-reichen Anpflanzaktionen mit dem Erfolg, dass der gesamte Magerrasenbestand neben Vertrittschäden vor allem unter den wuchskräftigen und schattenwerfenden Gehölzen wie Flieder und Bergahorn zu leiden hat. Aus diesem Grunde müssen regelmäßig Pflege-maßnahmen durchgeführt werden. |
Sangeskünstler in luftigen Höhen Die kleinstrukturierte Lebensraumvielfalt am Segeberger Kalkberg lockt auch viele gefiederte Gäste an: Zaunkönig, Rotkehlchen, Mönchsgrasmücke, Gelbspötter; Haus- und Gartenrotschwanz, Heckenbraunelle, Stieglitz und viele weitere Singvogelarten finden am Kalkberg ihr Jagdrevier und ihren Brutplatz. Das gesamte Terrain fällt durch seine hohe Vogeldichte auf. Es ist schon ein einmaliges Erlebnis, im Frühjahr kurz nach Sonnenaufgang auf den Berg zu steigen und diesem vielfältigen Vogelchor über den Dächern Segebergs zu lauschen. Gerade diese ruhigen, fast menschenleeren Zeiten bescheren dem Naturfreund unvergessliche Eindrücke und Erlebnisse: Haus- und Gartenrotschwanz bauen ihre versteckten Nester in die zahllosen Felsspalten, der Grauschnäpper jagt im Ansitzflug von freistehenden Ästen kleine Fluginsekten, Zaunkönige liefern sich Revierkämpfe und die Mönchsgrasmücke lässt einen der schönsten Vogelgesänge aus den Baumwipfeln am Berg erklingen. |
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Die Segeberger Kalkberghöhlen Die Kalkberghöhle ist die nördlichste und mit einer Gesamtganglänge von 2260 Metern zugleich die zweitgrößte Gipsschauhöhle Deutschlands. Wer die Höhle betritt, findet bizarre Formen, scheinbar willkürlich verzweigte, schmale Gänge und riesige Einsturzhallen. Als Laughöhle entstand sie durch die langsame Auflösung des Gesteins in einem über längere Zeiträume stehenden Wasserkörper. Dadurch entstand auch der typische Gangquerschnitt der Segeberger Höhle: Ein auf der Spitze stehendes Dreieck. Die Höhlendecke bezeichnet man als Laugdecke, sie ist in allen Höhlengängen von treckerspurähnlichen Felsspalten durchzogen. Diese sogenannten oberen Kluftspalten münden alle in einem Punkt in der Zentralhalle. Tief im Erdinneren unter diesem Punkt in der Zentralhallendecke befindet sich das Hebungszentrum des Kalkbergs. Der Segeberger Kalkberg wächst jedes Jahr um 1 - 1,5 mm durch das Aufsteigen eines mächtigen Salzstocks, auf dem das Felsmassiv wie eine Kappe aufsitzt. Die Höhle selber macht diese Aufwärtsbewegung mit, gleichzeitig schreitet der Laugungsprozeß weiter voran, so dass die Kalkberghöhle im weiteren Verlauf komplett verstürzen wird. Aber keine Angst, unter dem heutigem Höhlenlabyrinth entstehen bereits durch die Kräfte des Wassers neue Hohlkörper im Felsinnern, die in einigen tausend Jahren auf ihre Entdeckung warten! |
Boracite - die "Segeberger Diamanten" Ein besonders interessantes Mineral des Segeberger Kalkberges sind die würfelförmigen Kristalle des Boracits. Die glasig-hellen, zum Teil auch undurchsichtig weißen Segeberger Boracite verrät bei Reflektionen der hohe Glanz. Sie haben 1 - 7 mm Kantenlänge und sind von so großer Härte, dass man sie nicht einmal mit einem Messer ritzen kann. Neben ihrem Glanz war es gerade diese Härte, die den Boraciten vom Kalkberg den Namen "Segeberger Diamanten" beschert hat. Kritalldrusen - verborgene Schätze der Höhle Eine weitere geologische Besonderheit der Kalkberghöhlen sind die Kristalldrusen - mit rd. 1 cm langen, dicht an dicht sitzenden Kristallen besetzte Felsspalten. Sie treten an verschiedenen Stellen des Höhlensystems auf und begeistern den kundigen Höhlenbesucher durch ihr brillantes Glitzern und Funkeln im Taschenlampenlicht. |
Überwinterung
Aktuell überwintern regelmäßig sechs verschiedene Fledermausarten in den Segeberger Höhlen. Das Naturdenkmal Segeberger Kalkberg wird vom NABU mitbetreut. Auf der folgenden Seite können Sie das aktuelle Aus- und Einflugverhalten der Fledermäuse verfolgen!
Seit 1991 liefern zwei Lichtschrankeneinheiten an den Haupteinflügen zur Kalkberghöhle, dem Höhleneingang und am Entdeckungsloch, Daten zum Ein- und Ausflug der Fledermäuse. Die Lichtschranken registrieren ununterbrochen über das ganze Jahr alle Bewegungen. Mehr →
Die NABU-Landesstelle Fledermausschutz und -forschung dient zur Durchführung und Koordination des Fledermausschutzes in Schleswig-Holstein. Sie ist die Basisstation der haupt- und ehrenamtlichen Fledermausschützer/Innen in Schleswig-Holstein. Mehr →
